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Abendkuss - Teil I

Abendkuss - Teil I

Titel: Abendkuss - Teil I
Autoren: Birgit Loistl
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ein Abendessen mit Leah. Ich weiß, dass mein Vater nichts dafür kann, aber wenn ich an die Bilder in der Cafeteria denke, wird mir ganz flau im Magen. Ich sehe die Enttäuschung auf seinem Gesicht und das schlechte Gewissen überkommt mich.
    Er möchte gerade antworten, da winke ich ab und falle ihm ins Wort. Schnell entscheide ich mich um. „Ach was, ich komme mit. In zehn Minuten bin ich unten.“
    Ich laufe zurück in mein Zimmer, öffne meinen Kleiderschrank und entscheide mich in Windeseile für meine weißen Jeans, die so eng sind, dass ich meinen Bauch einziehen und die Luft anhalten muss und eine hellblaue Bluse. Ich schnappe mir meine Strickjacke und meine blaue Handtasche und als ich die Treppe herunterkomme, wartet Paps schon im Gang auf mich und lächelt.
    Als wir vor der Pizzeria ankommen, bilde ich mir ein, dass auf dem restlos überfüllen Parkplatz ein schwarzes Motorrad steht. Als ich noch einmal hinsehe, ist es verschwunden. Paranoia. Verfolgungswahn. Irgendwas stimmt
    nicht mit mir. Die Pizzeria La Musica macht ihren Namen alle Ehre. Im Hintergrund höre ich Anna Netrepko    Auszüge aus La Traviata singen und als der Kellner uns an einen Tisch mitten im Raum führt, kommt ein Violinist auf uns zu, der in das Musikstück mit einstimmt. Wie in einem kitschigen Hollywoodfilm.
    Leah sitzt bereits am Tisch, was mich allerdings nicht überrascht. Sie trägt noch dieselbe Kleidung wie heute Morgen, nur ihr Make-up hat sie aufgefrischt. Ich frage mich, wo sie den ganzen Tag über gesteckt hat. Ich setze mich ihr gegenüber und sehe mich um, während Tom den Kellner um die Menükarten bittet. Das Restaurant ist überfüllt, an der Theke sitzen ein paar Männer. Einsame Herzen, zu minderst machen sie den Eindruck und einige von ihnen haben schon zu tief in ihr Glas geguckt, obwohl es gerade acht vorbei ist.
    Neben uns an einem kleinen Tisch mit Kerzenlicht und zwei vollen Gläsern Rotwein sitzt ein Pärchen, dass sich genussvoll gegenseitig ein Stück Pizza in den Mund schiebt. Ich sehe verlegen weg und blicke zu meinem Vater, der mich anstarrt und auf seiner Lippe herumkaut. Das macht er immer, wenn er nervös ist.
    Der Kellner bringt uns die Speisekarten. Ich weiß, ohne hineinzusehen, was ich will und lege die Karte gleich auf die Seite, während Paps sie direkt vor die Nase hält und langsam darin herumblättert, als wollte er sich vor mir verstecken.
    „Hallo“, höre ich eine glockenhelle Stimme neben mir und ich muss mich erst umdrehen, um zu sehen, wer es ist. Vor mir steht eine hochgewachsene, schlanke Frau mit eisblaun Augen und blonden Haaren, die ihr in langen Wellen über den Rücken fließen. Sie trägt ein knallrotes Minikleid, ebenso rote Pumps und ihre Hände klammern sich um ihre rote Lederhandtasche, während sie mich verlegen anlächelt. Verwirrt sehe ich zu Paps, der in diesem Moment aufsteht und die fremde Frau in den Arm nimmt.
    „Hi. Schön dich wiederzusehen.“ Leah lächelt und winkt der fremden Frau zu und ich frage mich, woher sie sie kennt.
    „Mia, ich möchte dir jemanden vorstellen.“ Die Stimme meine Vaters klingt brüchig.
    „Das ist Anna.“
    „Hallo“, sage ich tonlos und bin verwirrt.
Was ist hier los? Wer ist das?
    „Sie ist seine Freundin“, trällert Leah mir zu und die Schadenfreude springt ihr förmlich aus dem Gesicht.
    Freundin?
    Ich spüre den Blick von allen drei auf mir und starre auf meinen Teller, als mir bewusst wird, was das Ganze eigentlich soll.
    „Deine Freundin?“ Ich sage es langsam, als könnte ich so nur den Sinn dahinter verstehen.
    Mein Vater wirft mir einen reumütigen Blick zu und legt den Arm um Annas Schultern.
    „Du hast es gewusst?“ frage ich Leah, die immer noch grinst und sich zurückgelehnt hat, die Arme vor ihrer Brust verschränkt.
    "Jep!"
    Leah blickt mich an und in ihren Augen funkelt mir ihre Schadenfreude entgegegen.
    „Wie lange schon?“ Ich bin überrascht, wie ruhig ich bin. In mir brodelt es vor Wut und Enttäuschung, aber ich beherrsche mich. Zuminderst versuche ich es mit aller Kraft.
    „Das ist doch nicht wichtig“, Paps Stimme klingt gequält.
    „Seit wann?“ wiederhole ich.
    „Seit vier Wochen“, gibt er zu.
    Es ist ein Schlag ins Gesicht. Vier Wochen. Vier verdammt lange Wochen, in denen er mich belogen hat. Sich heimlich mit ihr getroffen hat und mir den trauernden Witwer vorgespielt hat. Vier Wochen, in denen Leah alles wusste und mir niemand die Wahrheit erzählt hat.
    „Warum hast du es mir
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