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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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hatte Papst Borgia seinen Sohn Cesare zum Kardinal und Gran Gonfaloniere der Kirche ernannt. Nur bei Savonarola hatte er kein Glück, denn dieser lehnte das Angebot der Kardinalswürde mit dem Argument ab, dass er sich nur das blutrote Berett des Martyriums aufsetzen ließe. Diese unglaubliche Anmaßung beleidigte den Papst überaus, und er schwor sich, dass er diesem Savonarola seinen Wunsch sehr bald erfüllen würde.

Florenz
    Montag, 17. November 1494
     
    Der Zustand des Grafen Mirandola hatte sich langsam, aber stetig verschlechtert. Die verschiedenen Ärzte, die an sein Krankenbett geeilt kamen, waren sich einig, dass in seinem Körper kein Leben mehr wohnte. Seit Tagen ließ Ferruccio seinen Freund nicht mehr aus den Augen und ertrug dabei das Wehklagen von Girolamo Benivieni und die verstohlenen Besuche von Savonarola, dem anderen Girolamo. Mittlerweile war Giovanni nur noch ein Schatten seiner selbst, und Ferruccio musste akzeptieren, dass sein Freund sich entschlossen hatte, seinen Mund zu versiegeln und Essen und Trinken zu verweigern, indem er einfach die Augen verschloss und den Mund zusammenpresste. Eines Morgens schien Giovanni sich jedoch etwas erholt zu haben. Schwach winkte er Ferruccio an sein Lager.
    »Hast du das Buch?«, fragte er ihn, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sich sonst niemand im Raum befand.
    »Ja, es ist an einem sicheren Ort, und nur ich weiß, wo es sich befindet.«
    »Ich mache mich bereit, vor der Großen Mutter zu erscheinen, die sich nur durch mich zu erkennen geben wollte. Sie hat Recht, es ist noch nicht an der Zeit; die Welt ist noch nicht bereit für sie.«
    »Giovanni, du musst standhalten«, sagte Ferruccio eindringlich. »Du darfst uns nicht verlassen, wir haben noch so viel …«
    »Darauf habe ich keinen Einfluss – nun nicht mehr. Und gräme dich nicht, denn ich bin bereit zu gehen. Aber du musst mir etwas versprechen, Ferruccio.«
    »Alles, was du willst«, versicherte dieser und nahm Giovannis Hand, die so knochig wie die eines alten Mannes war; dabei war Giovanni erst 31 Jahre alt.
    »Ferruccio, du bist der Nachkomme eines Mannes, der den Lauf der Geschichte hätte verändern können, um uns ein Dasein in Frieden zu ermöglichen. Aber auch damals war die Zeit noch nicht reif. Hüte das Buch, Ferruccio, und wenn du bereit bist, dann überlasse es deinem Sohn und weise diesen an, es genauso gut zu bewahren wie du und es eines Tages an seinen eigenen Nachkommen zu geben. So sei es für alle Zeiten. Die de Mola werden die Hüter des Geheimnisses der Großen Mutter sein, so lange, bis jemand die Zeit für gekommen hält, es der Welt zu offenbaren. Dann wird das geschehen, zu dem ich entweder nicht fähig gewesen bin – oder was die Mutter vielleicht nie gewollt hat. An diesem fernen Tag werden die Menschen wieder lebendig und wissend. Dann werden sie begreifen, dass alles einem Akt der Liebe entsprang – jenem, den jede Frau durch die Geburt eines Kindes wiederholt. Möglicherweise werden diejenigen, die des bedrohlichen Gott – den Gott der Verfolgung und Verurteilung – erschaffen haben, darum ringen, ihre Macht zu bewahren. Möglicherweise werden sie alles tun, damit ihr Gott als Gewinner aus diesem Kampf hervorgeht. Aber wenn die Liebe und die Erkenntnis um die Große Mutter sich der Welt offenbaren, dann werden auch sie machtlos sein.«
    »Ich verspreche es dir, Giovanni, bei meinem Leben.«
    »Und noch etwas«, die Stimme des Grafen wurde immer schwächer, »beschütze Poliziano, ich bitte dich. Er ist meinetwegen in großer Gefahr. Er … ist wissend.«
    »Giovanni, ich …«
    »Geh nun, und lass mich ein letztes Mal zu ihr sprechen, bevor ich ihr entgegentrete.«
    Ferruccio nickte und verließ den Raum. Leonora erwartete ihn vor Giovannis Gemach und umarmte ihn. Gemeinsam schauten sie aus dem Fenster, und zwischen den Zypressen konnten sie die Dächer von Florenz erahnen, die ihr rotes Licht ausstrahlten. Sie nahmen einen erlesenen und berauschenden Duft wahr.
    »Sonderbar«, murmelte Ferruccio.
    »Was ist, mein Liebster?«
    »Dieser Duft. Riech nur, es duftet nach Rosen, aber es ist zu früh dafür.«
    »Vielleicht wollte eine Tochter der Natur ihren Schwestern zuvorkommen?«
    »Das ist möglich, aber einmal erwähnte Giovanni, dass Savonarola ihm geraten habe, sich vor dem Nieswurz, der giftigen Rose, in Acht zu nehmen. Der Duft ähnelt dem des Klosterbusches, vor dem Margherita ermordet wurde. Und nun nehme ich diesen Duft wahr, den es hier
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