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9 - Die Wiederkehr: Thriller

9 - Die Wiederkehr: Thriller

Titel: 9 - Die Wiederkehr: Thriller
Autoren: Paul Pen , Nadine Mutz , Hanna Grzimek
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von der anderen Straßenseite aus beobachtete, Lichtjahre von ihnen entfernt. Unwillkürlich griff er nach einer Schaumzucker-Erdbeere. Er konnte nicht widerstehen. Er wollte wissen, wie es sich anfühlte dazuzugehören, einer von ihnen zu sein. Als er sich die Erdbeere in den Mund steckte und hineinbiss, schmeckte er die ganze Bitterkeit des Verrats an sich selbst. Mit zusammengekniffenen Augen schluckte er die klebrige Masse hinunter. Er schüttelte den Kopf. Plötzlich war er wieder allein vor dem Regal mit den Bergen von Süßigkeiten. Auch die Umrisse seiner eigenen Gestalt auf dem Bürgersteig lösten sich auf. Sein Vater und er waren die einzigen Kunden im Laden. Im Sommer ließ sich kaum ein Student in Arenas blicken.
    »Heute Abend ist es schon zu spät für Süßigkeiten. Aber wenn du möchtest, kannst du dir morgen ein paar davon kaufen.« Amador musste gegen den Fernseher anbrüllen, der den ganzen Laden beschallte.
    »Ist egal, Papa«, antwortete Leo, als er zu seinem Vater zurückkehrte. »Die schmecken eh nicht.«
    »Du hast dir eins genommen? Einfach so, ohne zu bezahlen?«, schimpfte er. »Kaum zu fassen, was haben wir dir denn beigebracht …?«
    Er kniete sich vor Leo hin und säuberte mit dem Daumen den Mund des Kindes.
    Señor Palmer, der hinter der Ladentheke stand, bemerkte die Geste. Sie setzte etwas in seinem Kopf in Bewegung, sie schien ihm irgendwie vertraut. Wie das fluoreszierende Licht draußen vor dem Tankstellenshop flackerte eine Erinnerung in ihm auf. Doch der Funke erlosch wieder, bevor er überhaupt richtig aufgeleuchtet war. Das schwache Herz des Alten setzte das Frühwarnsystem außer Kraft, das soeben in Gang gekommen war.
    »Für so was habe ich dich nicht mitgenommen«, sagte Amador missbilligend, bevor er sich wieder aufrichtete.
    Diesmal streckte er seinem Sohn nicht die Hand hin, als er weiter zu den Verkaufsregalen ging. Leo folgte seinem Vater in gebührendem Abstand. Sie kamen am Zeitschriftenregal vorbei, vor dem ein paar letzte Exemplare der Tageszeitung zerfleddert auf dem Boden lagen. Daneben stand ein großes Kühlregal mit Erfrischungsgetränken und Fertiggerichten. Weiter hinten waren mehrere Gefriertruhen mit Pizzas, Speiseeis und anderen Tiefkühlprodukten. Anfangs wurde in dem Tankstellenshop ausschließlich Autozubehör verkauft. Irgendwann kamen dann Backwaren und Zeitschriften hinzu. Erst einige Zeit später schwappten nordamerikanische Ladenketten nach Spanien herüber, die Tankstelle und Supermarkt miteinander vereinten und vierundzwanzig Stunden geöffnet hatten, alte Bekannte Señor Palmers wie etwa die 7-Eleven-Shops, die es in den Staaten schon gegeben hatte, bevor er ausgewandert war. Um mit der Zeit zu gehen, baute Palmer sein Angebot weiter aus, so wie er auch die Öffnungszeiten verlängerte, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Er war schon vor längerer Zeit dazu übergegangen, Studenten in Teilzeit zu beschäftigen, sodass der Laden, in dem es mittlerweile fast alles zu kaufen gab, bis Mitternacht geöffnet hatte. Der alte Palmer erzählte nicht ohne Stolz, dass er schon Millionenangebote von Shell und Repsol ausgeschlagen hatte.
    Leo folgte seinem Vater durch die erste Regalschlucht, wo es ausschließlich Autozubehör zu kaufen gab. Leo betrachtete die Ölkanister, Frostschutzmittel und Duftbäume. Im zweiten Gang hatte er kaum Zeit genug, die Inhalte der unzähligen Konservenbüchsen zu erkennen. Amador bog in den dritten Gang ein.
    »Weißt du, welche Sorte wir immer kaufen?«, fragte er, als sein Sohn neben ihm stehen blieb.
    Amador befand sich vor dem Regal mit den Milchprodukten und Zerealien auf der einen und den Keksen auf der anderen Seite und blickte verwirrt drein.
    »Ich glaube, die in dem rosa Karton«, sagte Leo. »Mit der Kuh drauf.«
    Amador musste lachen, weil er nicht wusste, ob sie zu Hause fettarme oder Vollmilch konsumierten. Da wurde wieder deutlich, wie selten er einkaufen ging, und dass, wie sein Vater immer zu sagen pflegte, »der größte Erfolg im Leben darin besteht, jemanden zu finden, der es einem abnimmt«. Noch unterwürfiger als die Haltung der Bediensteten, die ihm Zeit seines Lebens die Milch gekauft und die Garage aufgeräumt hatten, war seine eigene, nämlich genau das Leben zu leben, das sein Vater für ihn vorgesehen hatte. Trotzdem musste Amador jetzt lächeln. Leo tat es ihm gleich. Papa war schon nicht mehr böse wegen dem Diebstahl.
    »Wir nehmen vorsichtshalber auch noch Vollmilch mit«,
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