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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
Autoren: Karl May
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höchsten Gesellschaftspositionen zu ebnen. Es ist ein so ziemlich offenes Geheimnis, daß er mit sehr hohen Personen verkehrt. Er ist, wie in der Oper, der alte Überall und Nirgends, und wo er hinkommt, da taut das Eis, die Wolken teilen sich, und die Sonne beginnt, die ersehnten Strahlen wieder herabzusenden.“
    „Das ist ja eine sehr beredte Lobpreisung des guten Alten! Und ich glaube sehr gern, daß er sie verdient. Ich habe ja bereits selbst ein ganz eklatantes Beispiel erlebt, daß er wirklich den Sonnenschein bringt, von welchem Sie sprechen. Also er ist es gewesen, der Sie auf meine Annonce aufmerksam gemacht hat? Nun, so wünsche ich, daß das von gutem Erfolg sein möge.“
    „Und ich“, sagte er in bescheidenem Ton, „fühle mich zur Erfüllung dieses Wunsches viel zu schwach. Ich habe ihm gesagt, daß ich zu jung, zu wenig erfahren bin, um Ihren Ansprüchen zu genügen.“
    „Er erwähnte aber Ihre guten Zeugnisse und den Preis, welchen Sie sich bereits erworben haben.“
    „Was soll das sagen. Vielleicht hat er auch von meinen persönlichen Verhältnissen gesprochen!“
    „Ein klein wenig.“
    „Dachte es mir!“ sagte er errötend.
    „Bitte, Sie dürfen ihm nicht zürnen. Er sprach von Ihrer kranken Mutter und von dem Verlust, der Sie betroffen hat.“
    „Das konnte er lieber unterlassen. Dieser Schlag hat mich ebenso schwer wie unerwartet getroffen.“
    Er blickte trüb vor sich nieder. Als er dann den Blick erhob, sah er ihre Auge so warm und teilnehmend herüberleuchten, daß es ihm ganz absichtslos von den Lippen klang:
    „Gestern, als ich Sie im Wald traf, hielt ich mich für zwar nicht wohlhabend, aber für den Sohn einer Mutter, welche eine recht auskömmliche Pension bezog. Diese ist plötzlich verlorengegangen, und der Schreck darüber hat die Mutter an Körper und Sprache gelähmt. Die Pension hat, wie ich da so spät erfuhr, eine so winzige Höhe gehabt, daß sie nicht ausreichen könnte, einen einzelnen Menschen nur mit dem trockenen Brot zu versorgen. Dennoch hat die Mutter mich zur Akademie geschickt. Sie hat Unterricht erteilt, in einer so kleinen Stadt, wie Eichenfeld ist – was kann sie sich damit verdient haben. Jetzt weiß ich, daß sie gehungert, ja, wörtlich muß es genommen werden, gehungert hat. Nun liegt sie krank darnieder. Von einer vorläufigen Fortsetzung meiner Studien ist natürlich keine Rede. Ich muß verdienen, um leben zu können. Schon nahm ich mir vor, Arbeit bei einem Neubau zu suchen, sollte es auch nur als Handlanger sein; da kam der Sepp und sagte mir von Ihrer Annonce.“
    „Sie sollen die Anstellung haben, Herr Sandau!“ erklärte sie ihm, indem die Freude, ihm helfen zu können, auf ihrem Gesicht strahlte.
    „Bitte!“ wehrte er ab. „Dieser rasche Entschluß macht Ihrem Herzen alle Ehre, gnädiges Fräulein; aber ich kann ihm nicht zustimmen. Sie kennen mich noch nicht!“
    „Oh, ich kenne Sie!“
    „Nein. Höchstens können Sie aus meinen Worten auf meine Seeleneigenschaften schließen; aber ob ich der Aufgabe, welche hier zu lösen ist, gewachsen bin, das wissen Sie nicht. Dazu gehört eine kaltblütige, objektive Prüfung.“
    „Aber ich bin ja überzeugt, daß Sie alle meine Ansprüche befriedigen werden!“
    „Das spricht die Stimme Ihres Herzens; ich aber möchte nun und nimmer eine Anstellung als Almosen empfangen. Der Verstand, welcher sich nicht von der Stimme des Herzens beschmeicheln und bestechen läßt, muß Ihnen sagen, daß ich das Salär, welches Sie mir zahlen, in Wirklichkeit auch verdiene. Also bitte, prüfen Sie, bevor Sie sich entschließen!“
    „Aber wie soll ich Sie prüfen? Ich kann Sie doch nicht examinieren. Ich besitze ja gar nicht die Erfahrungen und Kenntnisse, welche zur Ausführung meiner Pläne notwendig sind. Eben grad darum wollte ich mir einen Herrn, der das mir Fehlende besitzt, als Beirat engagieren. Ich muß einen jeden, ob nun Sie es sind oder ein anderer es ist, auf Treu und Glauben nehmen und kann nur am Erfolg sehen, ob ich mich dabei irrte oder nicht. Ich kann bei der Wahl nur danach gehen, ob der Betreffende mein subjektives Vertrauen besitzt. Ob er es auch verdient, das kann sich doch nur später zeigen. Und da Sie nun ganz auf mich den Eindruck machen, daß ich mit Ihnen zufrieden sein werde, so sehe ich gar nicht ein, warum ich mich auch noch mit andern Bewerbern quälen soll.“
    Er war ihrer Darlegung mit Aufmerksamkeit gefolgt, und er antwortete aufrichtig:
    „Ihre Worte wirken
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