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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Autoren: Karl May
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Eliassens Arthur!“
    Da näherte sich die spitze Nase der Türspalte noch mehr, und die scharfe Stimme fragte:
    „Wer sind Sie denn eigentlich?“
    „Ich bin seine Muhme.“
    „Seine Muhme? Verwandt wollen Sie mit uns sein?“
    „Uns? Wer sind denn Sie?“
    „Ich bin die Frau des Kunstmalers und Ballettmeisters Arthur Elias.“
    „Na, da sind Sie ja meine Muhme! Machen Sie auf!“
    „So schnell geht das nicht!“
    „Ach was da! Unter Verwandten macht man keine solchen Sperenzien! Platz gemacht!“
    Sie zwang ihren Handkorb in die Türlücke und schob sich nach. Ihr ‚Alter‘ folgte ihr und zog dann die Tür hinter sich zu.
    Die Gemahlin des Kunstmalers war außer sich. Ihr Gesicht glühte vor Ärger.
    „Was fällt Ihnen ein!“ sagte sie. „Sich mit Gewalt hier einzudrängen! Wissen Sie, was Hausfriedensbruch ist?“
    „Machen Sie sich nicht lächerlich! Ich fürchte mich nicht! Ich werde doch als Muhme meinen Vetter besuchen dürfen!“
    „Sie sehen allerdings ganz aus wie Muhme!“
    „Schimpfen Sie nicht! Wo ist denn der Arthur?“
    „Für Sie ist er nicht zu Hause.“
    „Oho! Ich werde ihn schon finden!“
    „Versuchen Sie es! Wenn Sie in meiner Wohnung weiter vordringen, schicke ich nach der Polizei!“
    „Das wäre allerdings sehr verwandtschaftlich gehandelt!“
    „Wie heißen Sie denn?“
    „Hendschel, geborene Landrock.“
    „Dieser hier ist wohl Ihr Mann?“
    „Ja.“
    „Was ist er denn?“
    „Kohlenbrenner.“
    „Oh Himmel! Kohlenbrenner! Und mein Mann, der Herr Kunstmaler und Ballettmeister, soll Ihr Verwandter sein?“
    „Freilich!“
    „Das ist unmöglich, ganz unmöglich!“
    „Warum denn, he?“
    „Ein Kohlenbrenner und ein Kunstmaler!“
    „Ach so! Sie meinen, daß ein Kohlenbrenner nicht vornehm genug für Sie sei?“
    „Welche Frage! Eine solche Verwandtschaft wäre ja eine Beleidigung, eine raffinierte Beleidigung!“
    „Herrjeses! Was sind denn Sie für eine Geborene?“
    „Mein Name war Aurora Wendelin.“
    „Und was war Ihr Vater?“
    „Ein Künstler. Er malte Puppenköpfe.“
    „Drum sind Sie so eine Zierpuppe geworden. Bilden Sie sich nur nichts ein! Ihr Mann war ein Schneiderjunge, und seine Tante, die geborene Bartheln, hatte ein schiefes Bein oder gar zwei. Was gibt es da für eine Veranlassung, stolz zu sein. Übrigens komme ich nicht zu Ihnen, sondern zu Ihrem Mann. Und den werde ich schon finden. Vorwärts!“
    Sie wollte die Aurora beiseite schieben; diese aber rief ihr drohend zu:
    „Keinen Schritt weiter, oder ich hole die Polizei!“
    „Meinetwegen! Ich aber hole Ihren Mann!“
    Sie avancierte, und so sah sich die Ballettmeistersfrau gezwungen, noch schneller vorwärts zu gehen.
    „Ich werde es meinem Mann sagen, sofort, sofort!“ drohte sie. „Er mag Sie hinauswerfen lassen.“
    „Da sind wir dabei!“
    Der Maler stand an seiner Staffelei. Da wurde die Tür ganz ungewöhnlich heftig aufgerissen, und er hörte seine Frau:
    „Arthur, lieber Arthur!“
    „Aurora, mein Liebling?“
    „Komm zu Hilfe.“
    „Zu Hilfe? Ich kann nicht.“
    „Du mußt, du mußt!“
    „Es geht nicht. Du weißt, daß ich soeben der Venus die Wangen anhauche.“
    „Aber ich bedarf deiner Hilfe ganz dringend!“
    „Mach mich nicht nervös!“
    „Komm nur, komm!“
    „Was ist geschehen? Hast du eine Maus gesehen?“
    „Nein, sondern etwas noch viel Entsetzlicheres.“
    „Was denn?“
    „Eine Muhme von dir.“
    „Eine Muhme?“
    Er ließ die Palette sinken und trat von der Staffelei zurück. Sie antwortete ihm:
    „Ja, eine Muhme mit dem Vetter.“
    „Sie mag einen Vetter haben; ich habe keinen und auch keine Muhme. Jage sie fort.“
    „Sie geht nicht.“
    „Hm! Ist sie hübsch?“
    „Nein.“
    „O weh! Aber jung?“
    „Sehr alt.“
    „Sage ihr, daß ich keine Zeit habe!“
    Bis jetzt hatte die Köhlerin geduldig zugehört, nun aber schob sie die Malerin zur Seite und trat ein.
    „Was?“ sagte sie. „Keine Zeit hättest du? Keine Zeit für deine Verwandte, die deinetwegen stundenweit herkommt? Schäm dich!“
    Da trat er auf sie zu, deutete mit dem Pinsel nach ihrem Gesicht und fragte:
    „Aurora, mein Liebling, ist das die Muhme?“
    „Ja, lieber Arthur.“
    „Und dort ist der Vetter?“
    „So sagt sie.“
    „Ich kenne beide nicht.“
    „Was! Mich willst du nicht kennen? Mich, eine geborene Landrock?“
    „Nein. Wollen Sie vielleicht Modell sitzen?“
    „Modell?“ fragte sie. „Was ist das?“
    „Ich könnte Sie als Furie verwerten, oder
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