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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte
Autoren: Karl May
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bekommen?“
    „Hm! Jetzt vielleicht gar nichts! Es wird erst später ganz fertig. Ich kann jetzt nur Teil um Teil fertig machen.“
    „Könnten sie dir denn da nicht auch Teil um Teil so nach und nach bezahlen?“
    „Das wollen diese Leute nicht.“
    „Herr Jesus! Was fangen wir da an! Ich habe nur noch zwei Kreuzer, und die brauche ich zu Milch für die Kinder. Wieviel hast du noch?“
    „Gar nichts. Ich habe dir gestern mein Letztes gegeben.“
    „Da mag Gott helfen!“
    „Hätten wir doch etwas zu verkaufen oder ins Leihhaus zu schaffen!“
    Sie blickte, vorsichtig forschend, zu ihm hinüber und sagte dann mit unsicherer Stimme:
    „Oder wir sollten in der Lotterie gewinnen!“
    Er schüttelte trübe lächelnd den Kopf und antwortete:
    „Das dürfen wir uns nicht einbilden. Wir haben weder Glück noch Stern. Es war eine richtige Vermessenheit, daß wir die fünf Gulden für das Los ausgaben. Wir hätten zwei Wochen dafür leben können!“
    „Aber die schöne Hoffnung!“
    „Sie nützt nichts.“
    „Ich sollte es eigentlich nicht sagen; aber weißt du, was die Mutter vorhin noch sagte, als du in die Stube zurückgingst?“
    „Was?“
    „Sie hätte dich nicht an das Los erinnern wollen. Zu mir aber sagte sie, daß sie gleich, wenn sie heute in den Himmel komme, den lieben Gott bitten wolle, uns auf das Los hundert Gulden gewinnen zu lassen.“
    „Das ist Sünde!“
    „Oh, der liebe Gott weiß, wie sie es meint.“
    „Er weiß es auch ohne sie, daß wir arm sind.“
    Er tauchte einen Lappen ins Wasser und band sich ihn auf die brennenden Augen, um die Schmerzen zu kühlen.
    Er saß einige Minuten frierend da. Seine auf dem Tisch liegende Hand berührte die Platte. Da faltete er die Hände und murmelte leise:
    „Herrgott, vergib mir es! Ich weiß, daß ich in kurzer Zeit blind sein werde, und muß doch für die Meinigen sorgen. Es ist eine Sünde, ein Unrecht. Ich will es auf mich nehmen, ganz auf mich allein. Nun ist die Schwiegermutter oben; die weiß nun auch, was ich für Schlimmes vorhabe. Aber ich weiß keinen anderen Rat.“
    Nach einiger Zeit entfernte er den Umschlag und arbeitete wieder. Aber er merkte wohl, daß er sich vorhin verrechnet habe und erst gegen Mittag fertig werden könne. –
    Am Vormittag saß der Jude Salomon Levi in seiner Stube, in alten Sachen kramend. Da brachte ihm seine Frau einen Mann, bei dessen Anblick Levi schnell von seinem Stuhl aufsprang.
    „Willkommen!“ sagte er, dem Ankömmling die Hand bietend. „Endlich! Haben Sie die Proben gemacht?“
    „Ja, in dieser Nacht.“
    „Gelungen oder nicht?“
    „Über alles Erwarten.“
    „Gott Abrahams! Ist es die Möglichkeit?“
    „Ja. Dieser Graveur – wie heißt er gleich?“
    „Franz Herold.“
    „Also, dieser Graveur Franz Herold hat uns ein Meisterstück geliefert. Diese Vorderplatte ist gar nicht mit Geld zu bezahlen. Zehntausend Gulden ist da gar nicht zu viel.“
    „Zehn – zehnt – zehntau –! Sind Sie etwa geworden verrückt?“
    „Nein. Wir können mit dieser Platte Millionen verdienen. Wieviel haben wir ihm versprochen?“
    „Tausend Gulden; das ist genug.“
    „Meinetwegen! Mir kann es lieb sein. Er wird also gleich die ersten zehn Hundertguldenscheine seiner eigenen Arbeit bekommen. Sehen Sie einmal.“
    Er zog ein Papier hervor, welches die Form und Farbe einer Hundertguldennote hatte, aber nur auf der einen Seite bedruckt war.
    Der Jude suchte bei sich auch nach so einer Note, nahm eine Lupe und begann zu prüfen.
    „Bei Goliath und David, das ist eine feine, eine sehr feine Arbeit. Da ist die Kopie vom Original gar nicht zu unterscheiden. Wenn die Hinterplatte auch so gut gerät, so können wir tausend Jahre drucken, ehe man entdeckt, daß es falsche Scheine gibt. Wann also werden wir die Hinterplatte bekommen?“
    „Das erfahre ich heute. Er kommt ganz sicher am Vormittag, um mir zu zeigen, wie weit er bereits ist.“
    „Schärfen Sie nur ein, sich alle Mühe zu geben!“
    „Das vergesse ich natürlich nicht. Adieu!“
    Er ging.
    Nach einiger Zeit kam ein anderer. Er kam beinahe hereingesprungen. Der Jude kannte ihn. Es war ein Lotteriekollekteur, mit welchem er zuweilen kleine Privatgeschäfte abschloß, welche zu beider Vorteil zu gereichen pflegten.
    „Guten Morgen, Herr Levi“, grüßte der Mann.
    „Guten Morgen! Was kommen Sie zu machen für Gesichter? Haben Sie gewonnen das große Los oder gar die ganze Lotterie?“
    „Scherz beiseite! Es handelt sich wirklich um
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