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59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

Titel: 59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
Autoren: Karl May
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gemacht. Dann erwartete er mit Ungeduld die Mitteilung seines Gastes.
    „Haben Sie Papier und Bleistift hier?“ fragte dieser.
    „Ja. Wollen Sie schreiben?“
    „Nein, sondern zeichnen.“
    „Was denn?“
    „Das werden Sie bald sehen. Geben Sie her!“
    Er erhielt das Verlangte, setzte sich an den Tisch und sagte:
    „Brennen Sie sich eine Zigarre an und lassen Sie sich die Zeit nicht lang werden. Ich muß meine Zeichnung aus der Erinnerung machen, und da heißt es, die Gedanken zusammenzunehmen.“
    Fritz folgte diesem Rat. Er rauchte, und Schneffke zeichnete; Minute um Minute verging; es wurden Viertelstunden daraus, Fritz befand sich wie auf Kohlen; aber er sagte kein Wort, um nicht zu stören. Endlich, als bereits über eine Stunde vergangen war, legte Schneffke den Stift weg, hielt das Papier in gehörige Entfernung, um es genau zu betrachten, und sagte dann:
    „Ich denke, daß es gelungen ist.“
    „Was haben Sie gezeichnet? Darf ich es sehen?“
    „Ja. Hier ist es.“
    Fritz sah einen Frauenkopf von wunderbarer Lieblichkeit. Er hielt denselben sich in kürzerer und größerer Entfernung vor die Augen und sagte dann: „Ein allerliebster Scherz!“
    „Scherz? Wieso?“
    „Das ist ja Nanon!“
    „Nanon? Ah! Wirklich?“
    „Ja. Sie haben die Nanon in spe gezeichnet, so wie sie sein wird, wenn sie einige Jahre älter und Weib geworden sein wird.“
    „So, so!“ lächelte Schneffke. „Sind Sie Ihrer Sache gewiß? Ich habe ganz im Gegenteil gedacht, Madelons Bild zu zeichnen.“
    „Madelons? Hätte ich mich geirrt? Ja, richtig! Es ist nicht Nanon, sondern Madelon.“
    „Sehen Sie das nun genau?“
    „Ganz genau. Es ist keine Täuschung möglich.“
    „Aber mein Lieber, wenn es nun wirklich meine Absicht gewesen wäre, Nanon zu zeichnen! Sehen Sie sich das Bild genau an!“
    Fritz musterte nochmals das Porträt und sagte dann:
    „Ich werde nicht klug daraus! Das ist sowohl Nanon, als auch Madelon, nur älter und ausgebildeter.“
    „Sie werden nicht klug? Und doch habe ich Sie für klug gehalten. Ich werde Ihnen auf die Sprünge helfen. Wenn dieses Porträt dasjenige von Madelon und Nanon ist und doch auch wieder nicht ist, wessen Porträt muß es dann sein?“
    „Das einer Schwester vielleicht.“
    „Haben die beiden Genannten eine Schwester?“
    „Nein.“
    „So haben Sie also falsch geraten. Weiter!“
    Fritz dachte einen kurzen Augenblick nach; dann zuckte es wie eine Erkenntnis über sein männlich hübsches Gesicht.
    „Meinen Sie etwa die Mutter?“ fragte er.
    „Warum nicht.“
    „Ah! Also die Mutter soll es sein! Haben Sie denn die Dame gekannt? Sie ist längst tot.“
    „Ich habe sie nie gesehen.“
    „Aber wie kommen Sie dazu, ihr Porträt zu zeichnen?“
    „Ich habe einmal ein Bild gesehen, ganz so wie dieses. Und darunter standen die Worte, welche ich jetzt auch unter diesen allerliebsten Kopf schreiben werde. Hier!“
    Das Letztere war nicht nach der Wahrheit gesagt; aber es paßte so in seinen Plan. Fritz warf einen Blick auf die Worte und las:
    „Mon doux et aimé becque fleur – mein süßer, lieber Kolibri! Herrgott! Mann, wie kommen Sie zu diesen Worten?“
    „Ganz so, wie ich gesagt habe. Ich habe sie gelesen.“
    „Und Nanon hat mir gesagt, sie wisse von ihrer Mutter, daß diese von dem Vater stets mit dem Kosenamen Kolibri bedacht worden sei. Wie kommen Sie dazu, aus diesem Namen zu schließen, daß – – –“
    „Nun, daß – – –“
    „Daß dieser Kopf das Porträt von Nanons Mutter sei.“
    „Hm! Dieses Geheimnis müssen Sie mir schon lassen. Sie werden später das Weitere erfahren.“
    „Schön! Aber Sie spannen mich auf die Folter!“
    „Ich hoffe, daß es keine unangenehme Folter sein wird.“
    „Darf ich Nanon das Bild zeigen?“
    „Ja.“
    „Auch Madelon?“
    „Auch ihr, doch stelle ich meine Bedingungen.“
    „Bedingungen? Ich hoffe, Sie werden nichts Unmögliches verlangen.“
    „Nein. Was ich verlange, das ist zu Ihrem eigenen Glück. Sie dürfen das Bild den beiden Mädchen zeigen; aber Sie sagen nicht, von wem es ist.“
    „Warum nicht?“
    „Ich habe meine Absicht dabei.“
    „Dann kann ich ja nichts erreichen!“
    „O doch! Sie sollen das Bild nämlich noch einer dritten Person zeigen, aber auch ohne zu sagen, von wem Sie es haben.“
    „Wer ist diese Person?“
    „Es ist – ah, wissen Sie, wer hier im Haus verkehrt?“
    „Ich kenne sie alle.“
    „Ich habe sie im Garten bei der Engländerin
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