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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Autoren: Karl May
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was fällt dir ein! Was habe ich dir getan?“
    „Das fragst du noch? Ermorden wolltest du uns!“
    Der Pascha macht ein höchst erstauntes Gesicht.
    „Ich euch ermorden?“ fragte er. „Bist du toll? Wann denn eigentlich?“
    „Vorhin, in der Brunnenstube.“
    „Oh, das war doch nur ein Spaß. Und er hat euch ja gar nichts geschadet.“
    „So, ein Spaß war es nur?“ sagte der Agent. „Wenn es nur ein Scherz war, so beweise es.“
    „Der da ist mein Zeuge.“
    Der Pascha deutete nach dem Kastellan.
    „Ich bezeuge nichts“, entgegnete dieser.
    „Ich wollte sagen, die da.“
    Er zeigte auf Lina.
    „Auch diese tut dir nicht den Gefallen, deinetwegen eine Lüge zu machen“, höhnte der Derwisch. „Wenn du wirklich nur einen Scherz beabsichtigt hast, so mußt du wissen, wie wir dem Tod entgangen sind.“
    „Ihr seid einfach wieder hinaufgestiegen.“
    „Das hätten wir nicht gekonnt, wenn wir zerschmettert worden wären. Warum ist dies nicht geschehen?“
    „Weil – weil –“
    Der Pascha hielt inne. Er vermochte nicht, eine Antwort zu geben. Sein Blick irrte angstvoll und ratlos von einem zum anderen und blieb auf Lina haften.
    „Sagen Sie es an meiner Stelle, Lina“, bat er.
    Doch diese antwortete:
    „Ich bin nicht Ihre Dolmetscherin.“
    „Aber Lina, Sie wissen ja – Sie sind ja – Sie wollen ja – mit mir nach Konstantinopel!“
    „Wenn Sie das geglaubt haben, so können sie mir leid tun. So einen Halunken und Sünder kann ich nur verachten. Das Mädchen, das Wohlgefallen an ihnen finden könnte, müßte wahnsinnig sein.“
    „Wie?“ rief der Pascha ganz konsterniert. „Sie willigten doch ein, den Derwisch und auch ihren Verlobten zu töten!“
    „Das war nur zum Schein.“
    „So haben Sie mich also betrogen und verraten?“
    „Ja, sie hat uns gerettet“, antwortete statt der Polizistin der Agent, „und nun sollst du desselben Todes sterben, für den du uns bestimmt hattest. Wir werden dich in den Brunnen werfen.“
    „O Himmel! Das tut ihr nicht! Das ist ja Mord!“
    „Ibrahim Pascha, du kennst mich nicht!“ sagte da der Derwisch höhnisch. „Du hast dich stets in mir geirrt. Du hast mich für deinen Freund, deinen Diener, deinen Verbündeten gehalten, und doch bin ich stets der ärgste und unversöhnlichste deiner Feinde gewesen. Entsinnst du dich noch des herrlichen Weibes, das du liebtest, damals in Stambul, auf der Straße der Aladschy in Pera?“
    „Meinst du Anna von Adlerhorst?“
    „Ja. Du trachtetest nach ihr, ich selbst aber liebte sie wie rasend. Ich hätte sie errungen; aber dein tölpelhaftes Wesen verdarb mir alles; ich erntete Verachtung statt Liebe, nur allein deinetwegen. Von da an schwor ich dir Rache. Ich habe mich an ihrer ganzen Familie gerächt durch dich, und habe mich an dir gerächt, indem ich dich den Weg des Bösen führte, tiefer, immer tiefer hinab. Heute bist du am Ziel angelangt. Du hast Mord gesät und wirst dafür Mord ernten. Wir schließen dich in die Brunnenstube und werden dich hinabstürzen! Vorher aber sollst du tausendfache Qualen erdulden. Du sollst warten und warten, jeden Augenblick gewärtig, daß der Boden unter deinen Füßen weiche, bis die fürchterliche Angst dir den Rest deines Verstandes raubt.“
    Es lag eine so große Entschiedenheit und Entschlossenheit in dem Gesicht und Ton des einstigen Derwisches, daß der Pascha erkannte, daß er wirklich keine Nachsicht zu erwarten habe. Das gab ihm den Mut der Verzweiflung. Er trat um einige Schritte zurück und rief in drohendem Ton:
    „Oho! So spricht man mit mir? Bin ich ein Knabe, daß du meinst, ich könne mich eurer nicht erwehren?“
    „Blase dich nicht auf“, lachte der Derwisch. „Du bist ein Feigling und sprichst nur aus Angst die Worte eines Helden. Wir werden dich jetzt fesseln. Gib deine Hände her!“
    „Hole sie dir!“
    Ibrahim ballte die Fäuste und nahm eine Stellung ein, als ob er kämpfen wolle. Da richtete der Derwisch den Lauf des Revolvers gegen ihn und drohte:
    „Beim geringsten Widerstand schieße ich dich nieder wie einen Hund! Jetzt bin ich dein Herr, und du hast zu gehorchen!“
    In diesem Moment trat der Kastellan, der bisher geschwiegen hatte, zwischen sie und sagte:
    „Keinen Kampf, keinen Schuß, der uns verraten könnte!“
    „Wer könnte den Schuß hören?“ fragte der Derwisch, zornig über diese Einrede. Dann eilte er zur Tür, öffnete dieselbe und schaute hinein. Er befand sich vor dem hübschen Stübchen, das über Tschitas
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