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5 Tage Liebe (German Edition)

5 Tage Liebe (German Edition)

Titel: 5 Tage Liebe (German Edition)
Autoren: Adriana Popescu
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sie denkt. Oder zu verschweigen, was sie fühlt.
    „Es ist ein Geschenk. Für dich.“
    „Ja, das sagtest du. Aber was ist es?“
    Sie greift langsam nach meiner Blumenkette, die vermutlich aus der Zeit der Fußball-WM in Deutschland stammt, und spielt mit den Plastikblüten zwischen ihren Fingern.
    „Ich dachte, ich schreibe einfach, was ich so zu sagen hatte.“
    Sie sieht mich nicht an, aber ich lasse ihre Augen, ihr Gesicht keine Sekunde aus den Augen.
    „Fabian hat mich gefragt, wieso ich weine und wieso du nicht wieder kommst. Und ich sagte, es geht nicht mit uns beiden. Du hast ein eigenes Leben und könntest es nicht aufgeben.“
    „Aber ich ...“
    Sie legt mir schnell den Finger an die Lippen und hindert mich am Sprechen, also folge ich ihrer Anweisung und bleibe stumm. Erst jetzt sieht sie mich an.
    „Ich weiß, ich habe gelogen. Ich dachte, es würde gehen. Aber ohne dich war es unendlich leer. Also habe ich angefangen, alles aufzuschreiben. Einfach alles. Jetzt kann ich nicht länger warten. Du sollst es endlich wissen.“
    Ich sehe zurück zum Stapel, der nur wenige Meter von mir entfernt ist. In einem dicken Stapel sind also alle Antworten auf die Fragen, die mich die letzten Monate verfolgt haben. Mein Herz schlägt schneller, und ich hoffe, es liegt nicht am Alkohol. Sie hätte früher kommen sollen, früher kommen müssen. Aber ich spüre jetzt, es gibt kein gutes oder schlechtes Timing. Jeder ist irgendwann bereit, zu sagen, was er sagen muss, weil es ihn sonst im Inneren verbrennt. Unausgesprochene Worte sind wie Magengeschwüre, sie tun weh und schlagen auf die Gesundheit. Nicht nur bei dem, der sie sagen sollte, auch bei dem, der vielleicht ein Leben lang darauf wartet, sie zu hören.
    Ich sehe zu meinem Stapel Papier, dann wieder zu Maya.
    „Vielleicht sollte ich dann mal lesen, was du so zu sagen hast.“
    Sie nickt und lächelt, mein Herz schlägt noch schneller. Und dann passiert es!
    Es heißt, bestimmte Szenen passieren in Zeitlupe, weil sie mehr Dramatik verdienen als andere. Ich denke, sie passieren doppelt so schnell wie andere Dinge, weil man sie nicht aufhalten kann, nur deswegen nehmen wir sie verlangsamt wahr.
    Volker greift nach der Flasche Bier, die meine Antworten zusammenhält. Ich will losschreien, aber ich bleibe stumm, weil Maya schneller ist. Doch auch ihr Schrei ändert nichts an dem, was jetzt passiert.
    Kaum ist das Bier in Volkers Hand, flattern die Blätter wild in die Luft, über unsere Köpfe, weg vom Dach, tanzend in den Himmel. Wir rennen zeitgleich los, Volker lässt das Bier fallen und versucht, so viele Blätter wie möglich zu erwischen. Patrick und Melanie tun es ihm gleich. Ich erwische ein paar Seiten und sehe doch unzählige für immer verschwinden. Ich werfe einen Blick auf das Papier in meiner Hand.
    „Du hast mein Leben für immer verändert, du warst immer für mich da. Dafür bin ich dir unendlich dankbar.“
    Ich versuche, mehr Zettel aus dem Himmel zu pflücken, wie inzwischen fast alle meine Freunde. Es muss unendlich lustig aussehen, aber es fühlt sich an wie eine emotionale Katastrophe.
    „Jetzt sind es schon vierundzwanzig Tage, und ich vermisse dich noch immer genauso sehr wie am ersten Tag, als ich auf deiner Couch hier eingeschlafen bin. Sie riecht nach dir und ich habe das Gefühl, dir ganz nah zu sein.“
    Wie ein Verrückter reiße ich alle Blätter an mich, die ich finden kann: Maya hat Tränen in den Augen, sieht ihr Werk im Stuttgarter Abendhimmel verschwinden.
    „Ich träume so oft von dir, Jonas. Aber jedes Mal, wenn ich dich berühren will, löst du dich in Luft auf. Ich wünschte so sehr, ich hätte den Mut, dich endlich anzurufen.“
    Ich lese hastig durch die Blätter in meiner Hand, mein Herz rast wie das eines Sprinters, ich vergesse das Atmen, das Blut rauscht in meinen Ohren und meine Hände zittern.
    „In meinem Traum war ich heute wieder im Picasso-Museum und habe dich dort getroffen. Ich träume mich oft zu dir und wünsche mir, nicht aufzuwachen, weil ich dich dann wieder verliere.“
    Schnell, irgendwo hier muss es stehen. Irgendwo hier steht es bestimmt geschrieben. Ich weiß es. Einer dieser Zettel enthält meine Antwort.
    „Jonas, ich habe Angst, es ist zu spät, und du hast mich vergessen. Bitte sage mir, dass du mich nicht vergessen hast, dass du noch immer an mich denkst.“
    Ich sehe zu Maya, die mit hängenden Schultern auf die Straße unter uns blickt, wo viele Blätter den Gehsteig
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