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4 ½ Freunde und der Spion im Blümchenkleid (German Edition)

4 ½ Freunde und der Spion im Blümchenkleid (German Edition)

Titel: 4 ½ Freunde und der Spion im Blümchenkleid (German Edition)
Autoren: Joachim Friedrich
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dieser Zeit sehr viel über menschliche Gewohnheiten gelernt und konnte sogar ein bisschen lesen. Langsam las er die Worte auf dem Bildschirm vor.
    »Schafe können sicher weiden … J. S. Bach.«
    »Was ist J. S. Bach?«, wollte Oxo wissen. »Etwas, worauf man grasen kann?«
    Will schüttelte den Kopf. »Nein, ich denke, das ist der Name des Komponisten. Der Mann, der die Musik geschrieben hat.«
    »Pst«, unterbrach Sally. Sie betrachtete entzückt den Bildschirm, auf dem zur Musik Schafe gezeigt wurden, die in einem schönen, sonnendurchfluteten Tal weideten.
    »Was für ein Glück wir haben, Schafe zu sein«, murmelte sie.
    »Jep«, stimmte Linx zu. »Aber das ist nicht gerade ein granatenmäßiger Rhythmus, was?« Seine Locken wippten auf und ab, während er nickend versuchte, einen passenden Rap zu dichten. Es war nicht einfach, auf die langsame Musik zu rappen.
     
»Wir sind Ovis Aries, das ist unser Name auf Latein,
aber nennt uns einfach Schafe,
so heißen wir allgemein …«
     
    Jasmine beäugte ebenfalls angestrengt den Laptop, allerdings interessierte sie sich weder für die Musik noch für die Landschaftsbilder. Sie hatte bemerkt, dass auf dem Bildschirm ihr Spiegelbild zu sehen war, und betrachtete sich prüfend. Schließlich entspannte sie sich. Ihr Fell saß tadellos. Und sie war weitaus hübscher als dieser »sicher weidende« Haufen auf dem Bildschirm.
    Oxo bemühte sich ein paar Sekunden lang, der Musik zu lauschen, aber alles, was er hörte, waren seine knurrenden Mägen. Also gab er auf und döste vor sich hin.
    Und da geschah es.
    Die Schafe verschwanden plötzlich vom Bildschirm und vor einem schwarzen Hintergrund tauchte eine Zunge auf. Die rote, raue Zunge füllte den Bildschirm und weit hinten im Rachen waren die Mandeln erkennbar. Dann erschallte die Stimme: »Hey, ihr Widder, Schafe und Lämmer. Hier kommt eine Nachricht für euch . Wir werden euch schlachten. Wir sind auf dem Weg. Die Teufelszunge! Den Namen solltet ihr euch merken!«
    Die Schafe rappelten sich auf die Hufe und sahen sich ängstlich um. Oxo marschierte zum Tor und spähte hinaus. Die Weide war leer.
    Erneut ertönte die Stimme aus dem Laptop. »Die Teufelszunge! Merkt euch den Namen!« Dann verschwand die Zunge und das sonnenbeschienene Tal tauchte wieder auf.
    »AchduliebesGras …« Jasmine drängte sich dicht an Sally. »Was war das?«
    »Ich glaube, das war ein Pop-up«, sagte Will.
    »Was ist ein Pop-up?«, erkundigte sich Oxo.
    »Eine Art Werbung«, erklärte Will, obwohl er nicht genau wusste, was eine Werbung war.
    Oxo senkte seinen massigen Schädel und scharrte mit einem Huf auf dem Boden.
    »Der soll nur noch mal auftauchen«, schnaubte er. »Das nächste Mal bin ich bereit.«
    Sally hob einen Huf, um für Ruhe zu sorgen.
    »Teufelszunge …? Teufelszunge …?« Ihre Stimme hatte diesen merkwürdigen Klang, wie immer, wenn Sally versuchte, sich an etwas Bedeutsames zu erinnern. »Ja …«, sagte sie schließlich. »Davon ist die Rede in der Ballade vom Vlies! «
    »Oh-oh«, murmelte Linx ahnungsvoll.
    Die Ballade vom Vlies war eine uralte Dichtung. Sie war Jahrhunderte hindurch von Schaf zu Lamm überliefert worden. Nicht viele Schafe kannten alle 365 Strophen so wie Sally, aber die meisten kannten zumindest einige Verse. Sally blickte die übrigen seltenen Rasseschafe ernst an.
    »Vers 204«, verkündete sie. »Eine der prophetischen Strophen der Ballade.« Dann fügte sie, an Will gewandt, hinzu: »Weißt du, Liebes, die meisten Verse der Ballade erzählen von unserer ruhmreichen Geschichte. Die prophetischen Strophen aber sagen uns die Zukunft voraus.«
    Will nickte höflich. Er hatte zwar keine Mutter gehabt, die ihm schafige Dinge hätte beibringen können, aber so viel wusste auch er.
    Abermals warf er einen Blick auf den Laptop. Will war sich sicher, dass Ida gesagt hatte, Pop-up-Werbungen seien eine Plage: Sie tauchten aus dem Nichts auf und verschwanden wieder. Genau wie die Teufelszunge.
    Aber Sally räusperte sich jetzt und so richtete Will seine Aufmerksamkeit wieder auf sie, um zuzuhören.
     
»Ein furchtbares Ungeheuer wird sich drohend
im Westen erheben«, rief sie dramatisch aus.
»Und eine Schar kühner Krieger muss eine
harte Prüfung durchleben.
Denn das Monster erwacht
nach jahrhundertelangem Schlaf
und sucht seinen Hunger zu stillen mit Widder und Schaf.
Hunderttausende Schafe verschlingt es Stund’ um Stund’,
alle Schafe der Welt sollen sterben in seinem Schlund.«
     
    Sally
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