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328 - Flucht aus dem Sanktuarium

328 - Flucht aus dem Sanktuarium

Titel: 328 - Flucht aus dem Sanktuarium
Autoren: Mia Zorn
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und keiner die Motive des anderen einschätzen konnte. »Hier kommt einer, der Frieden im Sinn hat!«, rief er und trat in den Höhleneingang. Das Gewehr hielt er seitlich am Körper, vorsichtshalber, den Finger am Abzug. »Ich komme in Frieden, hört ihr?«
    Keine Antwort.
    Er bückte sich in die Höhle hinein. Feuerschein flackerte an den Wänden. Er kam von einem beinahe heruntergebrannten Lagerfeuer. Zwei Gestalten hockten dort. Kleine Gestalten... Kinder! Grao ließ die Waffe sinken.
    »Hallo, Mister«, sagte ein hohes, dünnes Stimmchen. Es gehörte der kleineren Gestalt, einem Mädchen von allerhöchstens acht Jahren.
    »Endlich kommt jemand.« Die größere Primärrassenvertreterin, eine Halbwüchsige, neigte den Kopf und musterte ihn.
    Schlagartig wurde Grao bewusst, dass er es versäumt hatte, eine menschliche Tarnung anzunehmen. Die beiden Kinder sahen ihn in seiner Echsengestalt – aber sie erschraken gar nicht, zeigten nicht einmal das kleinste Anzeichen von Angst.
    Ein wenig verwirrt ging er zum Feuer, ließ sich dort nieder. Er musterte sie mit gleicher Neugier, mit der sie ihn betrachteten. Die Jüngere hatte langes blondes Haar, die Ältere kurzgeschnittenes schwarzes. »Was macht ihr hier? Wie kommt ihr hierher?«
    »Man hat uns vergessen, Sir«, sagte die Ältere. Erst dachte Grao, der in seinen Nacken implantierte Translator würde ihre Worte in Mefju’drex’ Idiom übersetzen, doch dann merkte er, dass sie tatsächlich die Sprache des Mannes aus der Vergangenheit benutzte.
    »So, ihr wurdet vergessen«, sagte er. »Wie bedauerlich. Wo sind die, die euch vergessen haben?«
    »Das ist eine arg traurige Geschichte, Sir. Wollen Sie die wirklich hören?«
    »Klar. Erzählt sie mir.«
    »Ich heiße übrigens Maggy, Sir.«
    »Und ich Trudy«, sagte die Jüngere. »Und wie heißt du?«
    »Grao’sil’aana. Doch nennt mich Grao, das ist einfacher.«
    »Warum hast du so einen komischen Namen, Sir?« Die Kleine betrachtete den Daa’muren aus großen neugierigen Augen. »Und warum siehst du so komisch aus?«
    »Sie müssen von weit her kommen, Sir«, ergänzte die Größere. »Einen wie Sie habe ich noch nie gesehen.«
    »Stimmt schon, ja.« Grao’sil’aana nickte langsam. »Ich komme wirklich von weit her. Von sehr weit her sogar.«
    »Wir auch, nicht wahr, Maggy?«, krähte die Kleine. Die nickte.
    »Erzählt es mir.« Grao’sil’aana machte es sich neben dem Feuer bequem. »Erzählt mir alles, ich höre euch zu.«
    ***
    Jamaika, drei Stunden vor dem Einschlag des Mondmeteoriten
    Im Morgengrauen erreichten die Gefährten Jamaika. Während das Shuttle den Südosten der Insel überflog, stellten sie schnell fest, dass die meisten Städte nur noch aus Ruinen bestanden. Gespenstisch wirkten die Steintrümmer, die unter Schlamm, Geröll und umgestürzten Baumskeletten herausragten.
    Offensichtlich hatten hier in den letzten Jahrhunderten Naturgewalten gewütet. Erdbeben, Orkane und Flutwellen, vermutete Miki Takeo. Jamaika lag am Nordrand der Karibischen Platte, die sich direkt vor der Küste unter die Nordamerikanische Platte schob. Das hatte augenscheinlich zu häufigen Beben geführt.
    Erst weiter im Südwesten erwies sich ein Landstrich als besiedelt. Dort lag die ehemalige Hauptstadt Kingston, die in den letzten Jahrhunderten ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen und großteils von der Natur zurückerobert worden war. Jetzt besaß die frühere Metropole nur noch die Ausdehnung einer Kleinstadt.
    Auf ihrem Weg dorthin fiel der Blick von Xij und Matt immer wieder auf die Berge, die im Hinterland aufragten: die Blue Mountains. Ihr höchster Gipfel war über zweitausend Meter hoch. Wenn sie es schafften, die Bewohner der Siedlung von der nahenden Flutwelle zu überzeugen, bedeuteten diese Berge die Rettung für die Jamaikaner.
    Sie näherten sich der Hauptstadt. Östlich davon zog sich ein Fluss in Schlangenlinien von den Bergen bis zur Küste hinab. Laut den Aufzeichnungen wurde er Hope River genannt und mündete bei der Stadt Harbour View, von der aber nicht viel übrig war. Xij entdeckte eine Ansammlung von barackenartigen Behausungen. »Sieht so aus, als wäre das Areal eingezäunt«, bemerkte sie. »Vielleicht ein Gefängnis oder Ähnliches.«
    Matt flog daraufhin eine Schleife. Kurz überlegte er, ob man nicht gleich hier landen sollte, um die Leute zu warnen, doch Takeo riet ab. »Die Anlage ist nicht nur befestigt, sondern auch bewacht. Vermutlich wirklich eine Art Straflager. Ich denke,
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