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326 - Schlangenmenschen

326 - Schlangenmenschen

Titel: 326 - Schlangenmenschen
Autoren: Manfred Weinland
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hatten, sich mit den Hafenmeistern anzulegen.
    Nein, im Allgemeinen hatten die Gegner, denen Dufour, Morte und andere Patrouillengänger die Kehlen durchschnitten, mehr als nur zwei Beine. Und manchmal nicht einmal Kehlen.
    Morte zeigte mit dem Lauf seiner MPi zu dem veränderten Mond empor. »Wenn das Ding, das dafür verantwortlich ist, der Grund für deine Ahnung ist, stecken wir ganz tief in der Scheiße. Dagegen kommt keiner von uns an.«
    Dufour bleckte Zähne, die selbst im fahlen Schein des unvollständigen Monds einen Gelbschimmer hatten. Dann lachte er verhalten. »Ich schätze mal, dieses Ding , wie du es nennst, ist längst Vergangenheit. Oder was meinst du, worauf die Inschers geschossen haben?«
    Morte verzog zweifelnd den Mund. »Ich kann nicht glauben, dass die eine Rakete dafür ausgereicht hat. Um so ein Wesen zu töten, würde es sicher das Tausend- oder Hunderttausendfache an Sprengkraft brauchen.«
    »Sagt wer?«, provozierte Dufour, den ihre Freundschaft noch nie daran gehindert hatte, sich wahlweise zynisch, selbstherrlich oder auch einfach nur starrköpfig zu geben. »Bist du neuerdings Experte in Nuklearwaffentechnik?«
    Morte konterte trocken: »Und du? Seit wann kannst du ein solches Wort überhaupt aussprechen?«
    Dufour lachte verhalten, und Morte stimmte darin ein. Doch sie wurden schnell wieder ernst – als der Kamerad am Ende ihres kleinen Trupps unmittelbar aufschrie.
    » Merrde!«, fluchte Jean Cassel, als der scharfe Schmerz in seinen Nacken stach. In einem Reflex, der jede antrainierte Handlung an Geschwindigkeit und Entschlossenheit übertraf, schnellte sein Arm hoch und er klatschte sich mit der flachen Hand ins Genick.
    Der erwartete Mustikk erwies sich als reichlich groß für eine Stechmücke. Cassels Hand klatschte gegen etwas, das dick wie ein Kinderärmchen sein musste und sich anfühlte wie ein Fisch – kalt und schuppig.
    Cassels nächster Gedanke, der seiner Brust ein dumpfes Stöhnen entlockte, war: Eine Schlange!
    Seine Hand schloss sich um den Schlangenleib. Aber als er daran zerrte, wurde ihm schwarz vor Augen – weil das verdammte Biest seine Zähne ins Fleisch von Cassels Nacken gegraben hatte!
    Bevor er das Bewusstsein verlor, hatte er noch das vage Empfinden, den Schlangenkopf von sich wegzureißen. Der hohe Preis, den er dafür bezahlte, kam ihm nicht mehr zu Bewusstsein; auch nicht das warm zwischen seinen Schulterblättern abwärts rinnende Blut oder die Schüsse, die nur einen Atemzug später einsetzten und die Landschaft in ein Tollhaus verwandelten.
    ***
    Morte riss die Stablampe vom Gürtel, die nur äußersten Notfällen vorbehalten war, weil sie die Akkus schonen mussten. Das Equipment der BASTILLE war begrenzt, und nur alle paar Jahre kam ein Kontakt zu anderen Menschen zustande, deshalb hatten ihre Bewohner früh damit begonnen, sich autark zu machen. Der Stolz auf die Gemeinschaft war deshalb jedem Leschoneer in die Wiege gelegt. Stolz und Selbstbewusstsein.
    Vor allem Letzteres wurde im selben Moment, da der Schein der aufflammenden Lampe den Kameraden Cassel aus der Dunkelheit riss, bis in die Grundfesten erschüttert.
    Irgendetwas hing hinter dem Kopf des Leschoneers und peitschte wie der Tentakel eines Krakenmonsters hin und her. Cassels schmerzverzerrtes Gesicht, während er hinter sich griff und das Ding zu packen bekam, brannte sich in Mortes Bewusstsein ein. Er sah, wie der Kamerad den Angreifer von sich schleuderte und im nächsten Moment wie ein gefällter Baum zusammenbrach.
    Mortes Lampenschein folgte dem Ding. Das Licht brach sich an den Schuppen eines Schlangenkörpers... der sich im Flug abfing und in der Luft zum Stillstand kam! Die Erklärung dafür, dass das armlange Biest nicht einfach ins Gras stürzte, war ebenso simpel wie verstörend: Es hatte Flügel! Libellenartige, fein geäderte Hautflügel, die den sich windenden Körper in der Luft trugen.
    Im Bruchteil einer Sekunde schoss Morte durch den Sinn, dass er noch längst nicht alles gesehen hatte, was die Natur an Mutationen hervorgebracht hatte. Dass die Natur aus dem Gleichgewicht geraten war, irgendwann vor etwa fünfhundert Jahren, das belegten die Aufzeichnungen der BASTILLE. Sie berichteten auch davon, wie die Leschoneers die restlichen Bewohner von den Mutanten geschützt hatten. Doch dieser Feind war neu.
    Anders als erwartet kehrte die fliegende Schlange nicht zu ihrem Opfer zurück, sondern entfernte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Morte war nur die ersten
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