Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Allahs Arm wird ihn zu finden wissen, und der Effendi und der Raïs Effendina haben ihm Rache geschworen.“
    „Oh, er ist nicht bloß kühn, sondern auch listig; er wird ihnen entgehen!“
    „Das glaube ich nicht. Der fremde Effendi ist ein Mann, der jeden findet, den ersucht.“
    „Da müßte er allwissend sein!“
    „Das ist nicht nötig; aber sein Auge sieht alles, und aus dem, was es gesehen hat, macht sich sein Scharfsinn den Zusammenhang klar. Er konnte den Weg, den die Frauenräuber einschlugen, nicht wissen, hat ihn aber so genau berechnet, daß es so stimmte, als ob sie es ihm mitgeteilt hätten.“
    „Wo befindet er sich jetzt?“
    „Er ist – ist – ist noch in unserm Dorf“, antwortete der Gefragte zögernd.
    „Noch in eurem Dorf?“ wiederholte der Fremde mit einem nicht ganz zu unterdrückenden Lächeln, bei welchem sein Blick mich kritisch streifte. „Ich möchte diesen Mann einmal sehen. Wenn ich Zeit hätte, würde ich nur zu diesem Zweck nach Bir es Serir reiten; aber meine Stunden sind so gezählt, daß ich selbst hier nicht länger verweilen kann, sondern nun aufbrechen muß.“
    Er erhob sich und ging zu seinem Kamel. Obgleich er von mir unausgesetzt beobachtet worden war, hatte ich auch das Tier betrachtet. Dabei war mir aufgefallen, daß es einen Fehler hatte, den man das ‚Rupfen‘ nennt. Ein solches Tier öffnet und schließt beim Laufen die Zehen abwechselnd; dabei rauft es die Grashalme aus, welche zwischen den Zehen steckenbleiben. Großen Schaden verursacht dieser Fehler freilich nicht, doch daß ich ihn bei diesem Tier bemerkte, sollte mir großen Nutzen bringen und anderen ihre bösen Pläne verderben.
    Der Mann sattelte sein Hedschihn, stieg auf, trieb es zu uns herbei und sagte zu mir:
    „Sallam, Herr! Du hast mir zwar gesagt, woher du kommst und wohin du gehst, aber ich glaube es dir nicht. Nicht gesagt hast du mir, wer du bist; ich denke aber, daß ich es errate und daß du mich bald kennenlernen wirst.“
    Ich blieb, ohne mich zu rühren, in meiner vorhin beschriebenen Stellung liegen und antwortete ihm nicht. Er nickte mir höflich zu und ritt, mit der Hand verächtlich hinter sich nach mir winkend, von dannen.
    „Was war das?“ fragte der Führer. „Was meinte er? Das war ja eine Beleidigung.“
    Ich zuckte die Achsel.
    „Er glaubt dir nicht, und er errät, wer du bist! Begreifst du, was er will?“
    „Wahrscheinlich mein Leben.“
    „Allah 'l Allah!“
    „Und dasjenige der Asaker dazu.“
    „Effendi, du erschreckst mich!“
    „So steig auf dein Kamel und reite heim! Wahrscheinlich wird es bald zu einem Kampf kommen, und da dir deine Visionsflinte dabei wohl nicht gehorchen wird, so rat ich dir zu deinem eigenen Besten, dich in Sicherheit zu bringen.“
    „Beschäme mich nicht! Ich habe dich nach Karthum zu bringen und werde dich nicht eher verlassen, als bis wir dort eingetroffen sind. Wie kannst du denn auf den Gedanken kommen, daß wir Feindseligkeiten zu erwarten haben? Die Stämme dieser Gegend leben gerade jetzt im tiefsten Frieden miteinander.“
    „Der Dschellabi hat es mir gesagt.“
    „Ich habe kein Wort gehört!“
    „Er hat es mir weniger in Worten als vielmehr durch sein Benehmen gesagt. Hast du ihn wirklich für einen Dschellabi gehalten?“
    „Natürlich! Warum sollte er sich für einen solchen ausgeben, wenn er keiner ist?“
    „Um uns zu täuschen. Ein Kundschafter hat alle Veranlassung, zu schweigen, was er ist.“
    „Kund – schaf – – Du hältst ihn für einen Kundschafter? Wer sollte ihn gesandt haben?“
    „Vielleicht Ibn Asl, der sich an mir rächen will.“
    „Wie kann der wissen, daß du dich hier befindest?“
    „Für ihn ist es wohl nicht allzu schwer gewesen, zu erfahren, daß ich die ihm abgenommenen Sklavinnen nach ihrer Heimat geleitet habe. Ebenso leicht ist es, zu erraten, daß ich nach Karthum kommen werde. Ich muß also auf der zwischen diesen beiden Orten liegenden Strecke zu finden sein.“
    „Wenn du so redest, beginne ich, zu begreifen. Er hat eine große Rache gegen dich; ja ja, es ist schon denkbar. Er ist höchstwahrscheinlich nach Karthum, wo er viele Bekannte hat. Unter hier wohnenden Stämmen hat er zahlreiche Freunde, welche Nutzen aus seinem Geschäft ziehen und also zu ihm halten. Wenn er dich überfallen will, findet er genug Leute, welche bereit sind, ihm dazu beizustehen. Aber es soll ihm nicht gelingen; ich werde euch einen Weg zeigen, auf dem eine Begegnung ausgeschlossen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher