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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane
Autoren: Karl May
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Erlegung größerer Tiere, beide aber Hinterlader. Vor den Augen trug er eine Schutzbrille.
    „Reiten wir jetzt weiter?“ fragte er den Scheik el Dschemali im Dialekt von Kahira (Kairo).
    „Ja, wenn es dem Abu 'l arba ijun gefällig ist“, antwortete der Araber.
    Seine Worte waren höflich: aber er bemühte sich vergeblich, seinem Gesicht dabei einen freundlichen Ausdruck zu geben. Abu 'l arba ijun bedeutet ‚Vater der vier Augen‘. Der Araber liebt es, andern und zumal Fremden, deren Namen er nicht aussprechen und sich nicht gut merken kann, eine Bezeichnung zu geben, welche sich auf irgendeinen ihm auffälligen Umstand oder auf eine in die Augen springende Eigenschaft beziehen, welche der Betreffende besitzt. Hier war es die Brille, welcher der Reisende den sonderbaren Namen verdankte.
    Diese Namen beginnen gewöhnlich mit Abu oder Ben und Ibn, mit Omm oder Bent, das heißt mit Vater oder Sohn, Mutter oder Tochter. So gibt es Namen wie ‚Vater des Säbels‘ – ein tapferer Mann, ‚Sohn des Verstands‘ – ein kluger Jüngling, ‚Mutter des Kuskussu‘ – eine Frau, welche diese Speise gut zuzubereiten versteht, ‚Tochter des Gesprächs‘ – ein klatschhaftes Mädchen. Auch in anderen, nicht orientalischen Ländern hat man eine ähnliche Gewohnheit, so zum Beispiel in den Vereinigten Staaten bezüglich des Wortes Old. Old Firehand, Old Shatterhand, Old Coon sind dort bekannte Namen berühmter Präriejäger.
    „Wann werden wir den Bahr el Abiad (Hauptarm des Nils) erreichen?“ erkundigte sich der Fremde.
    „Morgen, noch vor dem Einbruch des Abends.“
    „Und Faschodah?“
    „Zur selben Zeit, denn wenn Allah will, so werden wir gerade an der Stelle, auf welcher diese Stadt liegt, auf den Fluß stoßen.“
    „Das ist gut! Ich kenne diese Gegend nicht genau. Hoffentlich wißt ihr besser Bescheid als ich und werdet euch nicht verirren!“
    „Die Beni-Homr verirren sich nie. Sie kennen das ganze Land zwischen der Dschesirah, Sennar und dem Lande Wadai. Der ‚Vater der vier Augen‘ braucht keine Sorge zu haben.“
    Er sprach diese Worte in einem sehr selbstbewußten Ton aus und warf dabei einen heimlichen, höhnischen Blick auf seine Gefährten, welcher, wenn der Fremde ihn gesehen hätte, demselben wohl verdächtig vorgekommen wäre. Dieser Blick sagte mit größter Deutlichkeit, daß der Reisende weder den Nil noch Faschodah erreichen solle.
    „Und wo übernachten wir heute?“ fragte der Fremde weiter.
    „Am Bir Aslan, den wir eine Stunde nach dem Mogreb (Abendgebet) erreichen werden.“
    „Dieser Name hat keinen beruhigenden Klang. Wird der Brunnen durch Löwen unsicher gemacht?“
    „Jetzt nicht mehr. Aber vor vielen Jahren hat sich der ‚Herr mit dem dicken Kopf‘ samt seiner Frau und seinen Kindern da niedergelassen. Es fielen ihm viele Menschen und Tiere zum Opfer, und alle Krieger und Jäger, welche auszogen, um ihn zu töten, kamen mit zerrissenen Gliedern zurück oder wurden gar von ihm gefressen. Allah verdamme seine Seele und die Seelen aller seiner Vorfahren und Nachkommen! Da kam ein fremder Mann aus Frankistan, der wickelte ein Gift in ein Stück Fleisch und brachte es in die Nähe des Brunnens. Am anderen Tag lag der Fresser tot am Wasser. Sein Weib war darüber so erschrocken, daß sie mit ihren Kindern davonzog, wohin, das erfuhr man nicht, doch Allah weiß es. Möge sie mit ihren Söhnen und Töchtern im Elend erstickt sein! Seit jener Zeit hat es nie wieder einen Löwen an diesem Brunnen gegeben, aber den Namen hat er behalten.“
    Der arabische Bewohner der Wüste spricht in einem so schlechten Ton nur dann von einem Löwen, wenn dieser nicht mehr lebt und ihm also keinen Schaden mehr bereiten kann. Einem lebenden Löwen gegenüber aber hütet er sich, solche beleidigenden Ausdrücke oder gar Verwünschungen zu gebrauchen. Er vermeidet es sogar, das Wort Saba, Löwe, zu gebrauchen, und wenn er sich desselben je bedient, so spricht er es nur flüsternd aus, damit das Raubtier es nicht hören könne. Er meint, der Löwe höre das Wort stundenweit und komme herbei, sobald es ausgesprochen wird.
    Wie die Negervölker des Sudan, so sind auch viele Araber der Ansicht, daß im Löwen die Seele irgendeines verstorbenen Scheiks stecke. Darum dulden sie seine Räubereien lange Zeit, bis er zu große Opfer von ihnen fordert. Dann ziehen sie in Masse aus, um ihn zu vernichten, wobei sie den Kampf durch hochtrabende Reden, welche sie ihm halten, einleiten.
    Während der kühne
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