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248 - Entfesselte Gewalten

248 - Entfesselte Gewalten

Titel: 248 - Entfesselte Gewalten
Autoren: Jo Zybell
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untertänigst um Vergebung, Majestät, aber könnte es nicht sein, dass jenes grüne Kleid mit dem roten Schleier Euch hundert Mal besser steht als alle anderen?«, sagte eine von ihnen leise.
    »Und vielleicht solltet Ihr doch die gelbe Wimperntusche dazu tragen«, empfahl die andere mit gesenktem Blick. »Wenn ich Euch untertänigst diese Empfehlung aussprechen darf.«
    »Darfst du nicht, Zicke!« Wieder schlug die künftige Gattin des Kaisers mit dem Handrücken zu. »Aber gut! Dann her mit dem grünen Kleid und der gelben Wimpertusche!« Elloa stemmte die Fäuste in die Hüften. »Und die roten Stiefel und den roten Schleier gleich dazu! Worauf wartet ihr noch? Los, los!«
    Eine Dienerin huschte zu einem der zahllosen Stühle, auf denen zahllose Kleider und Schleier verteilt lagen, und brachte wieder das grüne Hochzeitskleid mit dem roten Schleier herbei; zum fünften Mal inzwischen. Die andere tänzelte durch die offene Tür hinter dem großen Standspiegel und holte die Wimperntusche aus dem Badezimmer.
    Bald darauf drehte Elloa sich wieder vor dem Spiegel, strich über Hüften und Busen, verhüllte und enthüllte ihr Gesicht mit dem roten Schleier, drehte sich wieder, prüfte die Wimperntusche und schnitt erneut eine zornige Miene. Schon öffnete sie den Mund, um zu schimpfen – als es plötzlich an der Saaltür klopfte. Von jetzt auf gleich entspannten sich die Züge der Dienerinnen. Elloa sah es wohl, beachtete es aber nicht.
    »Ich will niemanden sehen!«, zischte die künftige Kaisergattin. Sie hatte den kleinen Garderobensaal abschließen lassen, um ungestört die Hochzeitskleider anprobieren zu können.
    Wieder klopfte es, diesmal energischer. Schon drückte jemand von außen die Klinke herunter. »Was für eine Frechheit!«, zischte die künftige Kaisergattin.
    In Windeseile huschte eine der Dienerinnen zur Tür. »Bist du schwerhörig, du kleine schäbige Zicke?«, schrie Elloa ihr hinterher. Die künftige Kaisergattin schnitt eine empörte Miene. »Ich will niemanden sehen, habe ich gesagt!« Als hätte sie nicht gehört, griff die Dienerin zu Klinke und Schlüssel. »Unverschämtes Miststück!«, zeterte Elloa. »Die Tür bleibt abgeschlossen, verstanden?!« Die Dienerin schloss auf. Elloa stampfte auf den Boden. »Dafür lasse ich dich auspeitschen!«, kreischte sie. »Dafür lasse ich dich scheren, teeren, federn und auspeitschen…!«
    Jemand riss von außen die Tür auf. Die Kenianerin Babagaya schritt herein, stolz und mit erhobenem Kinn, eine der ersten Frauen im Kaiserharem. Ihr folgte die schöne Äthiopierin Naakiti,des Kaisers Lieblingsfrau. Und ihr wiederum folgte der gesamte Harem. Mit offenem Mund stand Elloa am Spiegel, mit weit aufgerissenen Augen starrte sie die Eindringlinge an. Sämtliche Frauen des Kaisers betraten nacheinander den kleinen Saal, aber wirklich alle; die letzte schließlich schloss die Tür ab.
    »Was… was soll das…?« Elloa schien fassungslos. Doch dann sah sie die ungewöhnlich entspannten Mienen ihrer Dienerinnen und begriff: Ihre beiden Mädchen hatten auf die Frauen des kaiserlichen Harems gewartet. »Ich muss mein Hochzeitsgewand anprobieren, ich heirate…«
    »… Pilatre de Rozier, wir haben davon gehört.« Die stolze Babagaya trat auf sie zu; sie war die älteste unter den kaiserlichen Gattinnen. Sie umkreiste Elloa, zupfte an dem grünen Kleid und musterte sie von oben bis unten. »Wunderschön. Steht dir gut.« Zwei Schritte vor ihr blieb sie stehen, ihre Augen wurden schmal. »Du kannst den Fummel wieder ausziehen, du wirst den Kaiser nicht heiraten.«
    »Bitte?« Elloa pumpte sich auf. »Aber natürlich werde ich…«
    Wie auf ein Kommando griffen sämtliche Gattinnen des Kaisers unter ihre Gewänder und zogen Dolche hervor, auch Babagaya. »Du wirst nicht heiraten, du wirst sterben, du verlogenes, aufgeblasenes Miststück! Du liebst nicht Pilatre, du liebst die Kaiserkrone!« Sie sprach zischend und voller Gehässigkeit; ihr Speichel sprühte Elloa ins Gesicht. »Bildest du dir ein, wir hätten dich nicht von Anfang an durchschaut?«
    Elloa wich zurück. »Ihr…« Ihre Blicke wanderten über die Schar der Frauen. »Ihr verfluchten Krähen!« Ihre Augen versprühten Hass. »Ihr werdet es nicht wagen!«
    Babagaya lachte laut auf, und de Roziers Lieblingsfrau hinter ihr, Naakiti, die schöne Äthiopierin, hob die Faust mit der Klinge. »Du unterschätzt uns, wie mir scheint!« Sie sah sich nach den anderen um. »Eine wie die darf nicht am Leben
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