Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2295 - Die Rückkehr

Titel: 2295 - Die Rückkehr
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Augen der anderen leuchteten. „Mit der Endmontage der geborgenen Baugruppen und ihrem Einbau in PRAETORIA-Einheiten und ENTDECKER wird sofort begonnen", fügte Monkey hinzu.
    Oberst Vaccon nickte sichtlich zufrieden. „Dann hat es sich doch gelohnt", sagte er.
    Sein stummer Zwillingsbruder hatte den kahlen Kopf in den Nacken gelegt, starrte an die Decke und grinste übers ganze Gesicht.
    Rhodan fühlte sich auf einmal müde, unsagbar müde. Und er spürte den Zellaktivator in seiner Schulter pochen, also war es eine wirklich körperliche Erschöpfung. „Ja", sagte er leise. „So muss man das wahrscheinlich sehen."
    Leutnant Bersink war so unauffällig wieder aus der Messe verschwunden, wie er gekommen war. Er schien unsichtbar geworden zu sein, als Derek nach ihm suchte.
    Erst im Flur zu den Quartieren der Offiziere erwischte er ihn, wie er sich gerade in seine Kabine zurückziehen wollte. „Leutnant Bersink!"
    Bersink verharrte vor der Tür, seine Hand schwebte über dem Schloss. „Ja?" Es klang abweisend. Es klang wie: Was störst du mich?"
    „Ich wollte nur ... ich ..." Derek Pander hatte ihm so viel sagen wollen, hatte sich die Sätze in Gedanken zurechtgelegt gehabt, aber aus irgendeinem Grund wollte ihm jetzt kein einziger davon einfallen. Also sagte er nur: „Danke."
    Der Leutnant rührte sich nicht, sah ihn nur an. Er schien gedankenverloren an seiner Unterlippe zu kauen, soweit man das in dem schummrigen Licht sehen konnte. „Schon gut", sagte er schließlich und legte die Handfläche auf das Kontaktschloss.
    Die Tür ging leise auf, Bersink ging ohne ein weiteres Wort hinein und zog sie hinter sich zu.
    Derek blieb eine Weile ratlos stehen, dann machte er sich auf den Rückweg.
    Unterwegs fiel ihm alles wieder ein, was er dem Leutnant hatte sagen wollen. Er hatte ihm sagen wollen, dass es seine Worte gewesen waren, die ihn davor bewahrt hatten, sich selbst aufzugeben. Nicht nur das, seit dem Vorfall auf Luna sah er seine eigene Position im Gewebe der Dinge in einem ganz neuen Licht; es war ihm fast, als habe er diesen Ausbruchsversuch machen und als habe er damit scheitern müssen, um sich mit seinem Schicksal auszusöhnen.
    Vielleicht würde er seine Frau wiedersehen, vielleicht auch nicht, aber das entwertete schließlich nicht die vielen guten Jahre, die sie gemeinsam gehabt hatten. Und es bedeutete nicht, dass er versagt hatte als Ehemann und Familienvater. Es war unnötig, verzweifelte Dinge zu tun; ja, es war sogar völlig unnötig, selbst verzweifelt zu sein. Das war es, was er erkannt hatte, und dafür hatte er Bersink danken wollen.
    Später erzählte ihm jemand, dass Bere Bersinks Bruder Waffenleitoffizier auf der SEMJON DESCHNJEW gewesen war.
    Als Rhodan später endlich die Tür seiner Kabine hinter sich schließen konnte, öffnete er den Verschluss seiner Kombination, streifte die Jacke ab und ließ sie auf einen der beiden Sessel fallen.
    Der Bildschirm des Interkoms war schwarz. Heute blinkte kein Schachsymbol. Es würde nie wieder eines blinken, zumindest nicht, was das Spiel mit Oberleutnant Olbanez betraf. Olbanez war an Bord der WILLIAM BAFFIN gewesen, die in der ersten Angriffswelle des Titanen untergegangen war.
    Rhodan trat an das Holofenster, sah hinaus auf die Sterne und dachte an die vielen Menschen, die er heute in den Tod geschickt hatte. So viele. Vermutlich waren sie unten auf Ferrol schon dabei, weitere Namenslisten auszuhängen, und ohne Zweifel würden sie eine weitere Wand damit bedecken können.
    Und doch war es notwendig gewesen. Die Menschen wussten das. Er hatte das allgegenwärtige Entsetzen gespürt und die Trauer, hatte gemerkt, wie die Leute gegen die Verzweiflung ankämpften - aber er hatte keinen Vorwurf gespürt. Weil sie ihm vertrauten.
    Sein Blick verfing sich an einem kleinen Stern, irgendeinem, und er dachte zurück an das unfassbar lange Leben, das hinter ihm lag. So oft waren Menschen auf sein Wort hin in einen Kampf gezogen und gestorben. Unsagbar viele. Mehr, als man sich vorstellen konnte. Mehr, als er sich vorstellen wollte. „Lass mich niemals glauben, ich sei Herr über Leben und Tod", sagte er leise, an niemand Bestimmten gerichtet. Er sah hinab auf das Brett, auf dem es immer noch schlecht stand für die weiße Dame. „Lass mich niemals denken, das Leben sei ein Schachspiel und die Menschen, die mir vertrauen, nur Figuren darin."
    Damit bückte er sich hinab und räumte das Schachbrett mit einer einzigen Bewegung ab.
     
    ENDE
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher