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2221 - Die Sekte erwacht

Titel: 2221 - Die Sekte erwacht
Autoren: Unbekannt
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schweigen ließ. Verwundert drehten sich seine Zuhörer um. Ihre Blicke richteten sich auf einen jungen Mann mit blonden Locken, der auf dem Dach eines ausgebrannten Gleiterwracks stand.
    Der Mann sang eine populäre Arie aus einer Oper, die seit Monaten riesigen Erfolg hatte. Sein Tenor war klar und kräftig, und jeder Ton stimmte. Melodie und Text waren allen bekannt, man konnte das Lied wenigstens einmal am Tag im Trivid oder in den akustischen Medien hören. Daher erstaunte die Menschen nicht in erster Linie, dass er dieses Lied sang, sondern wie er es tat. Seine Stimme war von überwältigender Schönheit. Sein Gesang konnte sich mit dem der besten Opernsänger dieser Tage messen und war so eindrucksvoll, dass die Männer und Frauen um ihn herum nicht mehr dem Adjunkten zuhörten, sondern sich ihm in immer größerer Zahl näherten, bis sie einen dichten Ring bildeten.
    Der Jünger der Sekte Gon-Orbhons versuchte alles, die Zuhörer zu halten. Es gelang ihm nicht. Als er sein Lautsprechersystem weiter aufdrehte, griff einer der Besucher kurzerhand ein und entkoppelte den notdürftig von außen angeschlossenen Positronikbaustein, sodass es nicht mehr funktionierte.
    Mit hochrotem Kopf schrie der Adjunkt auf die Menge ein, er drohte ihnen Vernichtung und Tod an, und er beschwor sie, sich nicht von Gon-Orbhon abzuwenden. Doch das half ihm alles nichts. Der jugendlich wirkende Sänger stimmte ein anderes Lied an und forderte seine Zuschauer auf, ihn an einigen Stellen durch Pfeifen und Händeklatschen zu begleiten. Begeistert nahmen sie seine Aufforderung auf.
    Der dunkelblau gekleidete Jünger der Sekte drohte dem Sänger mit der Faust, und als das nichts half, strich er sich gar mit dem Finger quer über den Hals, um anzudeuten, dass er ihm am liebsten die Kehle durchschneiden wolle. Aber auch damit erreichte er nicht, dass der Sänger seinen Vortrag einstellte. Das Gesicht des Predigers verlor seine Farbe. Zornig wandte sich der Mann ab und eilte davon, um zwischen den Hochhäusern der Stadt zu verschwinden.
    Unmittelbar darauf landeten vier Antigravgleiter. Kräftig aussehende Männer in roten Hemden und roten Hosen kamen daraus hervor. Sie kämpften sich durch die Menge zum Sänger vor, zogen ihn von dem Wrack herunter und zerrten ihn mit sich, ohne sich um die wütenden Proteste der Versammlung zu kümmern. Als einige Männer beherzt eingriffen, um die vermeintliche Entführung zu verhindern, schössen die Roten mit Paralysestrahlern auf sie und schalteten sie auf diese Weise aus.
    Sekunden später war der Spuk vorbei. Die Gleiter stiegen auf und nahmen den jugendlichen Sänger mit.
    Obwohl sie wusste, dass sie dem tödlichen Splitterregen nicht entkommen konnte, weil sie viel zu langsam war, rannte sie weiter. Mondra Diamond schrie unwillkürlich auf. Sie flüchtete auf eine halb geöffnete Tür zu, die dick genug war, ihr Schutz zu bieten. Aber noch war die Tür wenigstens fünf Meter von ihr entfernt. Lange bevor sie dort ankam, mussten die Splitter sie erreichen.
    Ein eigenartiges Zischen und Dröhnen ertönte, und dann war es plötzlich still. Die junge Frau lief noch ein, zwei Schritte weiter. Dann blieb sie stehen und drehte sich langsam um. Sie konnte nicht fassen, was geschehen war.
    Zwischen ihr und der Fabrikationsstätte hatte sich eine matt schimmernde Wand aus Energie aufgebaut. Von ihr waren die Splitter aufgefangen worden.
    Mondra verharrte wie gelähmt auf der Stelle. Sie vernahm Schreie und die Schritte von Männern und Frauen, die sich ihr näherten, und irgendwo heulte eine Alarmsirene auf. Doffran Goricellein bewegte sich in einer Gruppe von Uniformierten und Sicherheitsrobotern, als sei er eine Marionette, die an zuckenden Fäden hing. Er war totenbleich, das blonde Haar hing ihm wirr ins Gesicht, und seine Füße schoben sich über den Boden, als fürchte er, auf spiegelglattem Eis auszurutschen. Sein Mund öffnete sich, aber er brachte keinen Laut hervor.
    Erschüttert und entsetzt blickte er auf das Chaos, das jenseits der Energiewand herrschte: Die Explosion hatte sich verheerend ausgewirkt. Von den Fabrikationsmaschinen war keine einzige heil geblieben. Auf dem Boden lagen mehrere teils durch die Wucht der Explosion zerfetzte, teils durch die enorme Hitze zerschmolzene Roboter. Von den Attentätern keine Spur.
    Endlich fand Doffran Goricellein seine Stimme wieder. „Bist du in Ordnung?", fragte er Mondra zaghaft, wurde aber von einem anderen unterbrochen. „Diese Wahnsinnigen",
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