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2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

Titel: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Autoren: Jorgen Randers
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leisten war. Innerhalb des langen Jahrhunderts von 1970 bis 2100 waren so viele Entwicklungen vorstellbar, dass wir uns nicht in der Lage sahen, eine bestimmte Zukunftsvariante herauszupicken und diese gegen die Vielzahl anderer Möglichkeiten zu verteidigen.
    Stattdessen machten wir eine Szenarioanalyse. Wir versuchten Aussagen zu treffen über die voraussichtlichen Ergebnisse unterschiedlicher Strategien und Maßnahmen. Wir versuchten zu beschreiben, welche Wirkung man voraussichtlich erzielen könnte, würde man gesellschaftliche Ressourcen einsetzen, um schneller zu technischen Lösungen für die offensichtlichen Probleme der Zeit zu kommen: Bevölkerungswachstum, Nahrungsmittel- und Ressourcenknappheit sowie die sich abzeichnende Umweltzerstörung. Wir verwendeten ein Computermodell, um eine Vorstellung von möglichen Entwicklungen zu bekommen, wenn sich die Menschheit zum Beispiel für eine Obergrenze beim Pro-Kopf-Verbrauch oder auch bei der Kinderzahl pro Frau entscheiden würde.
    Wir versuchten, unsere verschiedenen Szenarien – unsere Zukunftsbilder – in sich stimmig zu gestalten. Wir versuchten sicherzustellen, dass die Bevölkerungsentwicklung mit unseren Annahmen zur gewünschten Familiengröße übereinstimmte, und dass die gewünschte Familiengröße wiederum zum jeweils vorhandenen Bildungsstand und Grad der Gesundheitsversorgung passte. Wir versuchten zu gewährleisten, dass die von uns erwarteten technischen Lösungen in unseren Szenarien nicht unvermittelt auftauchten, sondern erst nach jahrzehntelanger Forschung und Entwicklung und Pilotprojekten in kleinerem Maßstab. Um sich widersprechende Annahmen auszuschließen, speisten wir alle unsere Annahmen in das Computermodell ein. Das Computermodell bewahrte uns auch davor, aus dem gesamten Annahmenpaket unlogische Rückschlüsse zu ziehen.
    Die wichtigste Schlussfolgerung aus unseren Bemühungen in den frühen 1970er-Jahren war diese: Wenn sich nicht grundsätzlich etwas änderte, war die Menschheit im Begriff, auf gefährliche Weise über die materiellen Grenzen unseres Planeten hinauszuwachsen. Diese Schlussfolgerung beruhte auf der (für uns, aber nicht für alle, selbstverständlichen) Beobachtung, dass die Menschheit Zeit braucht, um jedes aus der (für uns, aber nicht für alle, selbstverständlichen) Endlichkeit des Planeten entstehende dringende Problem zu lösen. Sie braucht Zeit, um das Problem zu identifizieren, Zeit, um zu akzeptieren, dass das Problem tatsächlich besteht, Zeit, es zu lösen, und Zeit, die neue Lösung umzusetzen. Der erste Teil – die »Verzögerung bei der Wahrnehmung und Akzeptanz« – ließ es (uns, aber nicht allen) plausibel erscheinen, dass die Menschheit es sich gestatten würde, in ihrer Größe und ihren Auswirkungen auf die Umwelt über die nachhaltige Tragfähigkeit des globalen Ökosystems hinauszuwachsen. Diese lange Verzögerung würde das, was wir »Grenzüberziehung« (overshoot) nannten, ermöglichen, wenn nicht sogar herausfordern, insbesondere dann, wenn die Menschheit sich den Grenzen des Planeten mit hoher Geschwindigkeit nähern würde. Tatsächlich kann die Menschheit durchaus eine Zeit lang im Zustand der Grenzüberziehung verbleiben (wie etwa bei der Überfischung der Meere), dieser Zustand kann und wird aber nicht ewig anhalten, wenn die Grundlagen einmal zerstört sind (wenn es also keine Fische mehr gibt).
    Wird die Welt zusammenbrechen?
    Wenn eine Grenzüberziehung einmal eingetreten ist, dann gibt es nur noch zwei Wege zurück auf die Ebene der Nachhaltigkeit – entweder gesteuerter Niedergang durch die geordnete Einführung einer neuen Lösung (Fisch aus Fischfarmen) oder Zusammenbruch (man isst keinen Fisch mehr, weil es keinen mehr gibt – und entzieht den Fischern damit die Lebensgrundlage, wie nach 1992 in Neufundland geschehen). Die Grenzüberziehung kann nicht dauerhaft aufrechterhalten werden. Wenn man das versucht, werden sich sehr schnell unlösbare Probleme ergeben. Durch diese Probleme wird die Motivation, neue Lösungen zu identifizieren und umzusetzen, deutlich erhöht. Eine neue Lösung taucht aber nicht von heute auf morgen auf, sondern erst nach einer »Verzögerung bei der Lösung und Umsetzung«, die leicht zehn Jahre dauern kann. Selbst wenn man also beginnt, bevor die Grundlagen ganz verschwunden sind, geht man das Risiko ein, diese vollends zu verbrauchen, während man noch auf eine neue Lösung wartet. Das war die eigentliche Botschaft von Die Grenzen des
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