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1956 - Das Haus der Nisaaru

Titel: 1956 - Das Haus der Nisaaru
Autoren: Unbekannt
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fügte er hinzu. „Aber du wirst diese Gedanken für dich behalten. Du wirst dich ab sofort wie eine professionelle Ärztin verhalten, sachlich, neutral und objektiv. Diese Rolle wirst du jedem gegenüber einnehmen, zu jeder Tages- und Nachtzeit, außer einem dir Nahestehenden, der ebenso wie du zum Schweigen verpflichtet ist. Solltest du dein Problem nicht in den Griff bekommen, wirst du zum Leiter der psychiatrischen Abteilung gehen und mit ihm sprechen. Doch ich denke, dass das nicht notwendig sein wird. Diese Anfänger-Krise macht so ziemlich jeder Arzt durch, der plötzlich mit der Wirklichkeit konfrontiert wird." Manganas Augen blickten Darla durchbohrend an. „Besinne dich also auf deine Aufgabe und triff die Entscheidung, ob du künftig feige vor jeder unbedeutenden Konfrontation davonlaufen oder deiner Berufung folgen willst!" mahnte er. Der Chefmediker nickte den bei den Mitgliedern seines Teams zu und ging zurück in sein Bett. Darla saß wie ein begossener Wüstenspringer da. Marius spielte verlegen mit dem Ring an seinem linken Mittelfinger. „Wir haben beide .ein wenig überreagiert, glaube ich", begann er vorsichtig. „Julio wird dich in den nächsten Tagen bitter dafür büßen lassen, dass du ihn deswegen aus dem Bett geholt hast", meinte Darla mit einem schwachen Lächeln. Dann richtete sie ihre Augen ernst auf den Kollegen. „Hast du wirklich befürchtet, ich würde Garron umbringen, und deswegen den Aufstand veranstaltet?"fragte sie leise. „Vertraust du mir so wenig?"
    Obwohl dieser Vorwurf nicht offen ausgesprochen worden war, hatte Darla sehr wohl erkannt, dass es dem Anästhesisten vor allem um eines gegangen war: Sie vor. der Ausführung eines Mordes zu bewahren - aus welchen Gründen auch immer. „Ich ... ich weiß nicht", murmelte er. „Ich war nicht sicher, ob du Garron ernsthaft gefährden würdest. Aber vielleicht ... ein wenig unterlassene Hilfeleistung?"
    Darla Markus schlug die Augen nieder. „Daran habe ich ernsthaft gedacht", flüsterte sie. „Und ich schäme mich dafür. Vor allem, weil Julio es wohl die ganze Zeit gewusst und mich auf die Probe gestellt hat."
    „Wenn er kein Vertrauen zu dir hätte, würde er dich nicht allein einteilen, Darla. Und irgendwie muss er wohl jeden von uns mindestens einmal auf die Probe stellen, um zu wissen, ob wir ein Team sind und am selben Strang ziehen. In gewissem Sinne habe ich also seine Kompetenz in Frage gestellt, und das wird mich noch einiges kosten. Deshalb werde ich jetzt lieber wieder schlafen gehen, um Kräfte zu sammeln." Marius stand auf und berührte kurz ihre Schulter. „Und du hast den Rest der Nacht Zeit, darüber nachzudenken."
    Darla kehrte nach nebenan zu ihren Kontrollen zurück. Vincent Garron war in einen unruhigen, fiebrigen Schlaf gefallen, Unverständliches vor sich hinmurmelnd. Die Temperatur war seit der letzten Kontrolle gestiegen, lag .aber noch unter 40 Grad. Die übrigen Werte lagen im grünen Bereich.
    Darla betrachtete den verunstalteten Körper und stellte sich vor, der Todesmutant wäre ein armes, unschuldiges Wesen. Trotzdem empfand sie kein Mitleid. Aber immerhin hatte der Rüffler sie auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu besinnen und nicht den Richter zu spielen. Eine Stunde später kam bereits der nächste Schub.
    Nachdem die Chirurgin völlig hektisch den Alarm ausgelöst hatte, stolperte das halbe Ärzteteam verstört und noch verschlafen herein. „Ich habe ihn nicht mehr unter Kontrolle!" schrie Darla Markus. Die angeschlossenen Lebenserhaltungssysteme überschlugen sich fast, spuckten endlose Auswertungen aus und wiesen auf notwendige Operationen hin, bevor die Organe endgültig versagten. Dies wurde durch Grafiken deutlich gemacht. „Wie ist das geschehen?" fragte Julio Mangana, während er hastig die Auswertungen überflog. „Ganz plötzlich, ohne erkennbaren Grund", erläuterte die junge Medikerin. „Garron hatte geschlafen, als vor knapp zwanzig Minuten auf einmal die Temperaturkurve weiter anstieg. Ich gab ihm sofort eine fiebersenkende Infusion, doch es half nichts. Damit er sich nicht verletzen konnte, aktivierte ich die Fesselfelder." Vincent Garron kämpfte wie rasend gegen die energetischen Fesseln an und schrie wie am Spieß. Die Schmerzen mussten ihn wahnsinnig machen; der Mutant war überhaupt nicht ansprechbar. Hin und wieder stieß er verständliche Worte hervor, die jedoch keinen zusammenhängenden Sinn ergaben. Eine der
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