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1956 - Das Haus der Nisaaru

Titel: 1956 - Das Haus der Nisaaru
Autoren: Unbekannt
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schließlich bereits auf dem Flug hierher gewesen. Und dann - ganz unerwartet! schienen sie sich doch dem Zentrum zu nähern. Auf einmal wurden die Korridore höher und weiter die Wände noch durchsichtiger, so dass sich ihnen ein phantastischer Rundblick auf das ungewöhnliche Gebilde bot. Knoten über Knoten wuchsen über Tuyulas Kopf in schwindelnde Höhen empor und bildeten eine Art Kuppel, wie einen Dom, mit dem Allerheiligsten in der Mitte. Dieses Allerheiligste musste Tuyula über hinabführende Treppen betreten. Kaum hatte sie die unterste Stufe erreicht, verschwanden die Saarer. Es wurde dunkel um sie, als wäre die Sonne der Nacht gewichen.
    Als sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, entdeckte Tuyula mitten im Zentrum Mhogenas mächtige Gestalt. Allerdings wirkte er in diesem Dom verschwindend winzig und unbedeutend. Die Blue vermutete, dass sie sich zu dem Fünften Boten gesellen sollte, und schritt vorsichtig aus. Die Luftblase um sie hatte sich so verkleinert, dass sie gerade noch doppelte Ausmaße besaß. Doch das machte ihr keine Angst. Sie war bisher vor den giftigen Dämpfen beschützt worden - warum sollte sich das jetzt ändern? Je weiter Tuyula voranschritt, desto winziger fühlte sie sich werden.
    Oder wuchs die Domkuppel noch weiter in die Höhe? Wurde diese Halle noch größer?
    Obwohl sie das Gefühl hatte, in immer größere Weiten zu gehen, verringerte sich der Abstand zu Mhogena. Er stand ganz ruhig da, ohne ein Wort zu sprechen, und schien sie bisher nicht bemerkt zu haben. Er wirkte verloren, und doch wusste Tuyula, dass der Gharrer nicht allein war. Nisaaru war hier, überall, das konnte sie spüren. Es war schwer zu beschreiben - mehr eine Emotion, ein sicheres Gefühl. Es war ein guter Ort, auch das fühlte sie.
    Ein Ort, an dem sich Sehnsüchte und Träume erfüllten, an dem das Leben Anfang und Ende nahm. Ein Mensch wie Vincent würde es vielleicht Elysium nennen. Die Blues von Tuyulas Heimatwelt nannten es Yrjanda.
    Hier war alles möglich, von hier aus führten alle Wege irgendwohin, und man konnte frei wählen. Es benötigte nur einen einzigen Schritt, um das Paradies zu finden. Tuyula blieb ein paar Meter von Mhogena entfernt stehen, ohne sich bemerkbar zu machen. Er schien völlig in ein telepathisches Zwiegespräch vertieft zu sein, denn er rührte sich weiterhin nicht. Sie sah, dass seine Augen nach oben gerichtet waren, und hob den Diskuskopf. Was sie dann sah, verschlug ihr den Atem.
    Die „Domkuppel" aus verschlungenen Knoten war verschwunden. Über Tuyula breitete sich ein riesiger Sternenhimmel aus; mit roten, gelben und blauen Sternen; mit phantastischen Konstellationen, die der Phantasie alle Möglichkeiten offen ließen; mit farbig glitzernden Nebelhaufen; mit großen Kometen, die ihre Bahn zogen; mit Planeten, die ähnlich wie die Erde als blaue oder grüne Murmeln vor mattschwarzer Finsternis glänzten; mit Welten, die mächtige Ringe besaßen. Der Sternenhimmel breitete sich über Tuyula aus, und sie war zugleich darin. Sie wusste nicht, ob sie Chearth sah, vom Zentrum aus betrachtet, und es spielte auch keine Rolle. „Herrliche Kreatur der Schönheit!" flüsterte Tuyula ergriffen. Unwillkürlich war sie in den Ultraschallbereich hochgerutscht. „Wenn es für all das, was ich heute erlebt habe, noch eine Steigerung gibt ..."
    Die gab es tatsächlich. Im Zentrum dieses Himmels rotierte langsam eine Spiralgalaxis, die Tuyula erkannte. Und zwar von den Schaubildern auf dem Flug hierher das war Chearth! „Nisaaru", zirpte die Blue andächtig. Sie hatte keinen Zweifel, dass dies die Manifestation der Superintelligenz war.
    Die Entität zeigte sich ihren Gästen in Gestalt der Galaxis Chearth. Tuyula konnte sich kein würdigeres Erscheinungsbild vorstellen. Voller Aufregung hatte sie, ohne es zu merken, einige Schritte nach vorn gemacht und stand nun neben Mhogena, der sie endlich bemerkte.
    In diesem Moment sprach Nisaaru mit einer weiblichen, betörenden Stimme, die den ganzen Dom wie mit Musik erfüllte. Jener Stimme, deren Lachen Tuyula Azyk in ihrem Geist gehört hatte. Und sie sprach in Interkosmo. „Ich habe dein Anliegen gehört, Fünfter Bote von Thoregon", sagte Nisaaru. „Und es betrübt mich zutiefst. Deine Worte waren sehr eindrucksvoll, und ich bin voller Kummer und großer Sorge um meine Kinder."
    „Ich bin gekommen, um dich um Rat und Hilfe zu bitten, Nisaaru", sagte Mhogena laut. Tuyula nahm an, dass Nisaaru wegen ihr die
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