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1814 - Unter dem Galornenstern

Titel: 1814 - Unter dem Galornenstern
Autoren: Unbekannt
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Halt.
    Bull hatte verklebte Augen, sein Gesicht, die Kleidung, überhaupt der ganze Körper war von oben bis unten mit Schlamm verschmiert. Er konnte nicht mal den Weg erkennen, also zog ich ihn mit kräftig dirigierenden Bewegungen auf eine niedrige Schlucht zu. Welche Richtung wir hielten, war bedeutungslos.
    Hauptsache, wir kamen von der Stelle.
    Sekunden später erreichten wir eine Zone, die sich wieder karstig präsentierte, voller Felsenrisse und ohne Wellen im Basalt.
    „Bist du okay, Alter?"
    „Bin ich", murmelte Reginald Bull. Was er sagte, war kaum zu versehen. „Nichts wie weg hier! Ich kann nicht mehr. So schnell wie möglich."
    Wir schleppten uns vorwärts - viel mehr war’s tatsächlich nicht mehr. Bully hielt das Gesicht nach oben, damit der Regen seine Augen reinigte.
    „Verdammter Dreck. Dieses Wasser brennt wie Feuer."
    Er schaute mich an, und seine Augenwinkel leuchteten in intensivem Rot. Anzunehmen, daß er starke Schmerzen hatte.
    Wir folgten der Schlucht, bis sie ins Tafelland mündete. Hier oben peitschte der Wind heftigen Sprühregen vor sich her. Weil die Richtung ständig wechselte, war es unmöglich, sich dagegen zu schützen, weder mit hochgeschlagenen Kragen noch mit den Händen vor den Gesichtern.
    „Wie weit noch?" fragte Bully.
    „Einen Kilometer", entschied ich. „Dann wird es dunkel. Vielleicht haben wir ihn dann abgehängt."
    Der Dicke wartete eine ganze Weile, dann sagte er: „Vielleicht auch nicht."
    Dem war nichts mehr hinzuzufügen.
    Aus dem Kilometer wurde nur ein halber; der Weg ließ sich kaum mehr erkennen. Die Dunkelheit brach mit erstaunlicher Geschwindigkeit über diesen Teil des fremden Planeten herein.
    Wir hatten gerade Zeit, uns eine Höhle zu suchen. Nach Unterschlupf stöbern. Sich verkriechen wie ein Tier ... Genau das ist es.
    Bully und ich froren erbärmlich. Die Versuchung, sich einfach zu Boden zu legen und einzuschlafen, war riesengroß. Aber das wäre ein Fehler gewesen. Wir waren bis auf die Haut durchnäßt, hatten unzählige kleine Wunden arm Körper, und in der Nacht würde es bitterkalt.
    Also ging’s ein letztes Mal in den Regen hinaus. Wir suchten Geröll zusammen, verschlossen den Höhlen eingang, notdürftig und von innen natürlich. Es zog und pfiff an allen Ecken, doch es würde reichen, damit die Temperatur ein paar Grade höherstieg. Im ungeschützten Freien wären wir erfroren.
    „War’s das?" fragte Bull.
    „Ich denke schon."
    „Kannst du Wache halten, Perry?"
    „Nein."
    „Ich auch nicht."
    „Dann schlafen wir eben beide. Mehr als schiefgehen wird’s nicht."
    Ich versuchte, es mir auf dem unebenen Boden bequem zu machen. Die Mühe erwies sich als überflüssig, denn in dem Moment, als ich gerade lag, wich jedes Gefühl aus meinen Gliedern.
    „Gute Nacht, Bully."
    Keine Antwort. Der Dicke war bereits eingeschlafen. Ich schloß die Augen und spürte keine Schmerzen mehr.
     
    6.
     
    Richtung Osten Als ich erwachte, wurde es ganz allmählich heil. An diesem Morgen von gutem oder schlechtem Zustand zu sprechen, erübrigte sich. Es ging lediglich ums Überleben. Überlebt hatte ich, der Körper indes befand sich am Rand seiner Möglichkeiten.
    Ich rüttelte an Bullys Schulter. Erst wollte er nicht wach werden. Ich fürchtete bereits, daß er gestorben sei; einen schrecklichen Augenblick lang, der mich innerlich erstarren ließ. Dann aber gab er ein krächzendes Geräusch von sich, er schüttelte sich schwach und stieß in einer erschreckten Bewegung seinen Kopf an einem Felsbrocken.
    „Jedenfalls bist du wach", sagte ich leise.
    „Ja." Es klang matt. Bull richtete unter Mühen seinen Oberkörper auf. „Das ist zweifellos wahr."
    Das Frühstück fiel aus naheliegenden Gründen aus, wir besaßen weder Nahrung noch Wasser, und es war mit Sicherheit das beste, wenn wir so schnell wie möglich den Standort wechselten.
    Draußen hatte der Regen aufgehört. Wir räumten das Geröll vor dem Höhleneingang beiseite und betrachten die vor uns liegende Landschaft. Viel war nicht zu sehen, lediglich ein Ausschnitt des umgebenden Tafellandes. Pfützen gab es nirgendwo, nicht einmal Spuren von Sickerwasser. Es war, als hätten der Regenguß und das Unwetter niemals stattgefunden.
    „Sieht alles ganz ruhig aus", meinte. Bull nach einer Weile.
    „Hoffentlich. Ich bin dafür, wir gehen raus."
    Mit steifen Armen und Beinen krochen wir ins Freie. Mittlerweile wurde es wärmer. Im Licht der aufgehenden Sonne schien die Ebene unverändert,
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