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1800 - Zeitraffer

Titel: 1800 - Zeitraffer
Autoren: Unbekannt
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Zeitablauf herrschte. Und Beobachtungen vom Normaluniversum in eines, das sich davon abgespalten hatte, waren offensichtlich nicht so einfach möglich.
    Das Wirbelfeld stellte eine Art Librationszone dar, eine Trennschicht zwischen beiden Welten. Immer wieder versuchten sie, automatische Sonden ins Innere des Feldes zu schießen. Aber sie kehrten niemals zurück. Es war, als stürzten sie unter den Ereignishorizont eines schwarzen Loches. Als Ansatzpunkt blieb demnach nur die optische Beobachtung. Die Orter lieferten ein vollständig chaotisches Bild: Verschiedenste Strömungen, Wirbel, Strudel und Söge mischten sich.
    Es erwies sich als notwendig, eine neue Chaostheorie zu entwickeln, die auf den Fall Trokan zugeschnitten war. Eine Theorie, die fünf- und sechsdimensionale Komponenten einbezog ... Das Problem war nur, dass die terranische Wissenschaft keine sechs dimensionalen Messgeräte besaß, die wirklich funktionierten. Man konnte solche Beobachtungen nur ableiten, niemals direkt anstellen. Alles, was aus tiefster Vergangenheit noch vorhanden war, hatte sich mit der Zeit als technologische Sackgasse erwiesen.
    Eines ließ sich schon nach kurzer Zeit sagen: Trokan war keineswegs vollständig abgekapselt. Man konnte durchaus ins Innere des Feldes schauen - aber nur, wenn man lernte, die Beobachtungen auch korrekt zu deuten. NATHAN rechnete permanent mit einem großen Teil seiner Kapazität immer neue Modelle durch. Am Anfang stand das Schild aus Chaos und Dunkelheit. Dann erhielten sie einen sich lüftenden Schleier, in dem sich Objekte der verschiedensten Formen und Größen zu tummeln schienen. Und zum Schluss, als man beinahe nicht mehr daran glauben mochte, produzierte NATHAN das Abbild einer Kugel. Die Kugel stellte einen Planeten dar.
    Mathematisch befanden sie sich auf einem guten Weg. Sie wussten nun, dass Trokan immerhin noch existierte. Wenn es gelang, die Gleichungen zu verfeinern, die der speziellen, ndimensionalen Chaostheorie zugrunde lagen, war es vielleicht möglich, ein genaues Abbild des Planeten zu erhalten.
    Myles Kantor fieberte diesem Tag entgegen. Die wenigen privaten Augenblicke, die er sich gönnte, verbrachte er auf Mimas. In einer der am besten ausgerüsteten Kliniken, die das Solsystem besaß, lag Kallia Nedrun. Die Frau, die er liebte, lag nach einem Unfall mit den Spindelwesen immer noch im Koma. Sie war körperlich vollständig wiederhergestellt. Aber es war unmöglich, sie aufzuwecken.
    Kantor ertappte sich mehrfach dabei, wie er vor ihrem geöffneten Antigravtank im Sitzen einschlief. Er träumte dann von einem öden, zernarbten Planeten, der Trokan hieß ... Aus dem Weltraum trat ein schlitzäugiges, reptilienhaftes Wesen - riesengroß - mit einer so finsteren Ausstrahlung, dass man Angst bekommen musste. Das Wesen hielt Trokan in grünen Krallenhänden. Kein Zweifel, dass es die Ödwelt zerdrücken und sich dann der Menschheit zuwenden würde.
    Und dann wachte Kantor auf. In seinem Traum gab es niemals Tote, immer nur die Drohung. Das Reptil als Feindbild war eine typisch menschliche Vorstellung. Fürchten, was man nicht versteht. So wie das Zeitraffer-Phänomen. Oder wie das Koma, das Kallia Nedrun umfangen hielt. Kantor brauchte sie, aber er konnte sie nicht zurückbekommen. Wahrscheinlich gab es in ihrem Geist einen Knopf, den man nur zu drücken brauchte, und sie wäre wieder bei ihm. Solange aber dieser Knopf nicht gefunden war, hatte alles keinen Sinn. Indem er Kallia anstarrte, konnte er ihr auch nicht helfen. Er quälte sich nur; und er verlor wertvolle Energie, die am Trokan-Projekt besser verwendet wäre.
    Benito Grink hielt ihm die Organisationsarbeit vom Hals. Einen Helfer dieser Art zu haben, bedeutete höchste Effektivität. Hier der Gedanke, dort die Ausführung. Das Forschungszentrum Titan verwandelte sich in eine perfekt funktionierende Maschinerie, die nur für ein einziges Ziel zu existieren schien.
    Gia de Moleon war eine gutaussehende, offenbar liebenswerte Frau von 64 Jahren. Ihr Teint wirkte blass, sie trug unauffällige graue Kleidung. Auf den ersten Blick war sie sympathisch, auf den zweiten beunruhigend, und auf den dritten Blick gebot sie Distanz. Haltet euch fern. Tut, was ich euch sage. Sie hatte braune Augen, denen jeder, der ihr begegnet war, einen Hauch von Kälte attestierte. Personen, die sie näher kannten, schien es nicht zu geben. Vielleicht hatte sie keine Freunde.
    Die Art und Weise, wie die Mitglieder der Kommission sie behandelten,
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