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1721 - Verschwunden in der Höllengruft

1721 - Verschwunden in der Höllengruft

Titel: 1721 - Verschwunden in der Höllengruft
Autoren: Jason Dark
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Gestalt integriert.
    Ich war fast bei ihm.
    Zwei Hände streckten sich mir entgegen. Ich schaute sie mir aus der Nähe an. Sie waren hell und ich sah auch die feinen, hauchdünnen Adern.
    Es erwischte mich wie eine Momentaufnahme, ich dachte auch nicht näher darüber nach und drückte das Kreuz gegen die nackte Brust der Gestalt.
    Nicht sie schrie auf, sondern der Zwillingsbruder, als würde er unter Schmerzen leiden. Ich hatte noch ein leises Zischen gehört, dann ging ich zurück und konnte in den folgenden Sekunden zuschauen, was mit der Gestalt passierte.
    Die hauchdünnen roten Adern hatte ich auch auf der Brust gesehen. Es sah so aus, als wären sie dicker geworden, und das lag daran, dass aus ihnen die rote Flüssigkeit quoll, die ich bereits unten in der Höllengruft gesehen hatte. Es war ja auch logisch. Diese Gestalt war aus der Masse entstanden, und diese Masse war nicht verdampft.
    Jetzt quoll sie hervor.
    Mit Gewalt sogar.
    Überall an diesem nackten Körper öffneten sich die Poren, und es trat das rote Zeug hervor, das wie Ersatzblut aussah. Eine dicke, sämige Masse, die längst nicht so schnell wie Wasser floss. Es gab keine Pore, die nicht geöffnet war, und mit diesem ekligen Zeug verlor das Wesen seine Kraft und auch sein Leben oder besser gesagt, seine Existenz.
    Wir schauten zu, wie diese Gestalt verging, die sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, in sich selbst zusammensackte und schließlich auf dem Boden als blutige Masse liegen blieb, und das mit völlig verkrümmten Gliedern.
    Aus diesem Haufen schaute noch der Kopf hervor, als wollte er uns einen letzten Gruß schicken. Aber auch in seinem Gesicht waren die dünnen Fäden zerrissen und hatten das entlassen, was in ihnen steckte.
    Der Kopf zerfiel ebenfalls und vereinte sich mit dem, was auf dem Boden lag.
    Das war Abfall, nicht mehr und nicht weniger …
    ***
    Der erste Zwilling war also vernichtet, aber es gab noch einen zweiten, und den hatten Suko und Jane im Auge behalten.
    Ich hatte Ruben Goya als einen arroganten Typen erlebt. Als einen Widerling und Menschenverächter. Das mochte er noch immer sein, aber äußerlich hatte er sich verändert. Er war blass geworden. Er schwitzte. Er zuckte immer wieder mit den Armen, und er schaute dann nach links, wo sein Zwilling auf dem Boden lag und nichts anderes mehr war als biologischer Müll.
    Aber nicht für ihn.
    Ein ungewöhnlicher Laut verließ seinen Mund. Es hörte sich wie ein Vogelschrei an. Wir waren für ihn nicht mehr wichtig.
    Er ging auf seinen Zwillingsbruder zu – oder auf das, was von diesem noch übrig geblieben war.
    Er konnte uns beinahe schon leid tun, als er wieder schrie und seine Hände den Resten entgegenstreckte. Dann warf er seinen Oberkörper aus seiner sitzenden Haltung nach hinten, schleuderte sich von einer Seite auf die andere, zuckte dabei zusammen wie von Stromstößen erwischt, kam dann noch einmal hoch und blieb auf dem Boden hocken, um uns von unten her anzuschauen.
    Welch ein Blick!
    Er machte uns Vorwürfe, das sahen wir genau, aber auch Angst und Niedergeschlagenheit mischten sich darin.
    Er sagte nichts.
    Aber wir hörten ein Röcheln und sahen, dass er sich aufbäumte und einen Moment später wieder zurückfiel und auf dem Rücken liegen blieb.
    Wir ließen einige Sekunden verstreichen, bevor wir auf ihn zugingen.
    Wir brauchten keinen zweiten Blick, um zu wissen, dass er nicht mehr lebte, wollten aber sicher sein, untersuchten ihn und sahen unsere Vermutungen bestätigt.
    Er war tot. Vernichtet. Wie auch immer. Aber keiner von uns hatte etwas dazu beigetragen, und darüber sprachen wir.
    »Es gibt wohl eine Erklärung«, sagte Jane. »Sie ist verrückt, aber sie wird stimmen.«
    Suko fragte: »Du meinst, dass es mit dem Zwillingsdasein zusammenhängt?«
    »Ja.« Jane wandte sich an mich. Bevor sie etwas sagen konnte, erhielt sie von mir bereits die Antwort.
    »Ich denke es auch. Sie waren so miteinander verbunden, dass der eine nicht ohne den anderen leben konnte. Als wären sie eineiige Zwillinge.«
    »Vielleicht waren sie das auch.« Jane hob die Schultern. »Nur eben als Kreaturen der Finsternis. Das verstehe, wer will. Aber es ist erledigt.«
    Sie stieß mich an. »Und was hast du dort unten alles in der Höllengruft erlebt?«
    »Es war nicht eben angenehm.« Dann grinste ich. »Und ich habe dort einiges vermisst.«
    »Was denn?«
    »Dich, zum Beispiel.«
    Jane holte tief Luft. Eine Antwort verkniff sie sich. Dafür bedachte sie mich mit
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