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1695 - Entscheidung auf Luna

Titel: 1695 - Entscheidung auf Luna
Autoren: Unbekannt
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Spiegelsehens bekam später sogar einen wissenschaftlichen Namen: Polyopie, das Mehrfachsehen. Voltago erkannte während ihres gemeinsamen Einsatzes, daß Mila in der Lage war, die Dinge gleichzeitig von vorne und von hinten zu sehen.
    Der einzige Wermutstropfen war der, daß Mila dieses Talent besaß und Nadja lediglich passiv agierte. Es kam zu Spannungen zwischen den Zwillingsschwestern, ohne daß die beiden den wahren Grund dafür erkannten. Voltago steckte dahinter, der sie gegeneinander ausspielte, um sie nicht zu intensiv über die ungleich verteilten Rollen nachdenken zu lassen.
    Das gestand er ihnen jedoch erst viel später. Jahre danach. Erst nach ihrer Rückkehr in die Milchstraße, als sie sich auf Terra an die Ufer des Goshun-Sees zurückgezogen hatten.
    Doch schon lange zuvor holte der Alltag die Zwillinge ein.
    Mit dem Bergen der Spindeln war es nämlich getan. Danach waren ihre Fähigkeiten nicht mehr gefragt. Es gab nichts Sinnvolles mehr für sie zu tun. Was sie in der Folge taten, war lediglich Beschäftigungstherapie.
    Mußten Mila und Nadja erst alt werden, um vielleicht wieder einmal gebraucht zu werden?
    Diese Frage beschäftigte sie seit diesem Zeitpunkt. Während des Heimfluges und auch nach ihrer Ankunft in der Milchstraße. Sie wurde zum zentralen Punkt ihres Denkens, als sie sich auf Terra an den Goshun-See zurückzogen, wo ihnen die Zellaktivatorträger einen ihrer Bungalows zur Verfügung gestellt hatten.
    Voltago gesellte sich zu ihnen, er bezog Perry Rhodans Bungalow.
    Dem Kyberklon erging es ähnlich wie ihnen. Auch seine Fähigkeiten wurden im Moment nicht gebraucht. Aber im Unterschied zu ihnen war er kein sensibel fühlendes Wesen, das seinen Emotionen unterlag. Voltago konnte anscheinend einfach abschalten, wann immer ihm danach war. Er erstarrte einfach zur Bewegungslosigkeit.
    Mila beneidete ihn wegen dieser Möglichkeit, sich einfach „totstellen" zu können. Und auch wegen seiner Fähigkeit, Emotionen einfach auszuschalten - falls er solche überhaupt besaß. „O doch, es gibt Dinge, die mich zutiefst bewegen", versicherte der Kyberklon.
    Was es war, das ihn aus der Reserve zu locken vermochte, konnte oder wollte er nicht sagen.
    Mila und Nadja hatten ihn schon wiederholt „aus sich herausgehen" sehen. Aber diese Reaktionen waren auf keinen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ebenso wie seine Erstarrungen kein bestimmtes Schema aufwiesen.
    Voltago behauptete in diesem Zusammenhang, daß seine Erstarrungen keine bewußte Flucht vor der Realität waren, sondern so etwas wie ein motorischer Zwang. Manchmal überkam ihn das Bedürfnis, in diese Art von „Meditation" zu versinken. Dies, so vermutete er, sei ein wichtiger Bestandteil seiner Existenz.
    Während in der Galaxis die Experimente mit Spindeln und Segmenten vorangingen und nach einigen Fehlschlägen, das erste halutische Spindelwesen entstanden war, quälten sich Mila und Nadja verstärkt mit der Frage, für was denn Spiegelsehen und Unsterblichkeit gut seien.
    Sie hatten jede Menge Zeit, über diese Frage nachzudenken. Sie wurde zum zentralen Denkmodell ihres Alltags.
    Hatten sie ihre Unsterblichkeitschips nur für diesen einmaligen Einsatz bei der Bergung der Spindeln erhalten? Das konnte doch nicht alles gewesen sein! Und doch, mehr war nicht in Aussicht. Nichts wies darauf hin, daß die Zwillingsschwestern je wieder gebraucht würden.
    Es war die uralte Frage nach dem Sinn des Lebens - aus der Perspektive der außergewöhnlich talentierten Zwillingsschwestern betrachtet.
    Sie gerieten am Goshun-See in Vergessenheit, mußten sich zwangsläufig wieder einmal in ihrer Eigenwelt abkapseln - während die Galaxis von zuerst fünfzehn und dann, nach dem Tod der halutischen Eins, nur noch von vierzehn Spindelwesen in Atem gehalten wurde.
    Ende Oktober wurde es am Goshun-See noch einsamer.
    Als Mila und Nadja sich eines Tages auf die Suche nach Voltago machten, fanden sie den Kyberklon in einer Ecke des Wohnzimmers von Perry Rhodans Bungalow stehen, mit dem Gesicht zur Wand.
    Er war unansprechbar, zur Bewegungslosigkeit erstarrt.
     
    *
     
    In den ersten Tagen sahen Mila und Nadja einige Male nach Voltago. Aber nachdem sich nichts an seinem Zustand veränderte und er seine Lage nicht einmal um Zentimeter veränderte, gaben sie es auf.
    Mila und Nadja versuchten, sich durch die Berichte über die Jagd auf die Spindelwesen abzulenken. Nachdem die Vierzehn die Milchstraße unsicher gemacht hatten, drangen sie ins Solsystem
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