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1664 - Der Henker von Sloughar

Titel: 1664 - Der Henker von Sloughar
Autoren: Unbekannt
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Informationen.
    Er hatte schon mit dieser Sorte Anderer zu tun gehabt; der stechende Schmerz in seinem Empfinden sagte ihm, daß er damals seine Arbeit nicht richtig gemacht hatte.
    Jene Sorte Anderer war ihm entwischt. Nicht alle, aber die meisten. Sie hatten das Gebot übertreten, und er hatte sie nicht zu strafen vermocht. Dies war um so peinigender, als dies seine ganze Existenz in Frage stellte - wenn er sein tödliches Wächteramt nicht mehr richtig versehen konnte, wozu sollte er dann noch existieren?
    Das ganze Wesen des Henkers schrie danach, die Aufgabe endlich abzuschließen, um derentwillen er lebte.
    Nicht mehr erwachen zu müssen, nicht mehr denken zu müssen, nicht mehr der Pein der aufsteigenden Erinnerung ausgesetzt zu sein - ein letztes Mal in das Glück der Nichtexistenz einzutauchen, frei von aller Bedrängung, gelöst von allem. Und nie wieder aufzuwachen.
    Wo würden die Frevler ihre schändliche Tat beginnen? Vermutlich genau dort, wo es auch die anderen Besucher getan hatten. Törichte Geschöpfe -konnten sie sich nicht denken, daß genau dort der Henker auf sie wartete?
    Schwach waren sie, erbärmlich dumm und unglaublich dreist.
    Der Henker witterte, nahm die geistige Spur auf.
    Im Bruchteil einer Sekunde explodierte im Denken des Henkers die Erkenntnis.
    Es gab nicht nur ihn.
    Da war - er hatte größte Mühe, den Sachverhalt begrifflich zu erfassen -ein anderer Er. Ein Geschöpf, das keiner von Jenen war - wie und was genau waren Jene eigentlich gewesen? -und auch nicht einfach einer von den Anderen.
    Da war ein Henker, ein Wesen wie er selbst.
    Die Vorstellung ließ das Denken des Henkers von Sloughar ins Wanken geraten, erschütterte ihn bis ins Mark. Er stellte Überlegungen an, die sein Denken völlig aus dem Gleichgewicht brachten.
    Der andere Henker - in welche Kategorie fiel er? Einer von Jenen konnte er nicht sein - Jene waren keine Henker, sie waren anders als er selbst. Folglich war es ein Anderer. Aber die Anderen besaßen nicht die Eigenschaften, die er hatte - folglich gehörte dieses Wesen nicht zu den Anderen, sondern war von seiner eigenen Art.
    Aber gerade bei diesem Wesen konnte der Henker den widerwärtigen Drang genau spüren, das Gebot zu übertreten. War es möglich, daß es außer diesen drei Kategorien von Wesen noch eine vierte gab? Wesen, die weder Andere noch Jene und auch nicht er selbst waren? Ein Geschöpf, das zugleich Er und ein Anderer war?
    Und wie sollte er dieses Wesen behandeln?
    Er haßte dieses Wesen, haßte es mit jeder Faser seiner Existenz. Er haßte es, weil es sein gemartertes Hirn dazu zwang, in völlig neuen Bahnen zu denken, Begriffe zu erfinden und gegeneinander abzuwägen. Dazu war er nicht geschaffen worden.
    Es war nicht seine Aufgabe, nachzudenken und Entscheidungen zu treffen, jedenfalls nicht solche. Auf welche Weise er vollstreckte, das stand in seinem Ermessen. In welcher Reihenfolge, mit welcher Methode - aber niemals zuvor hatte er abwägen müssen, ob er vollstreckte oder nicht.
    An die bloße Möglichkeit des Nichtvollstreckens hatte er nie gedacht, und das Problem bereitete ihm die größten Qualen. Gegen seinen Willen fühlte er sich hineingezerrt in ein geistiges Etwas, ein Feld des Denkens, in dem er nicht heimisch war. Und seine Gefühle sagten ihm überdeutlich, daß er dort auch nichts zu suchen hatte. Es war Quälerei.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit den anderen Geschöpfen zu. Von seiner eigenen Art hatte er nur einen wittern können.
    Die anderen Frevler gehörten mehr oder weniger zur gleichen Sorte. Das machte die Arbeit leichter.
    Und vor allem - mit wem?
    Der Henker von Sloughar regte sich nicht. Er brauchte die ganze gewaltige Kraft seiner Existenz zur Lösung eines rein geistigen Problems.
    Wenn dieser Artgenosse nach Sloughar kam - zu welchem Zweck?
    Gern hätte der Henker sich mit dem anderen in Verbindung gesetzt, ihn genau ausgeforscht. Aber dabei hätte er notwendigerweise sich selbst preisgeben müssen, und dazu hatte er keine Erlaubnis.
    Einen Augenblick lang keimte in dem Henker die Sehnsucht, der andere Henker möge an seine Stelle treten und das Immerwiederexistentsein-Müssen auf sich nehmen. War das der eigentliche Auftrag seines Kollegen - ihn selbst zu bestrafen, in die immerwährende Nichtexistenz zu schicken?
    Oder sollte er jenem Henker diese Gnade erweisen?
    Der Henker fühlte einen Schmerz des Zweifels, gegen den er sich nicht zu wehren wußte. In den Begriffen seiner Opfer hätte er es mit dem
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