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1573 - Blick in die Zeit

Titel: 1573 - Blick in die Zeit
Autoren: Unbekannt
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daß dies ein Fehler gewesen wäre.
    Wenn Mirona Thetin auch nur den leisesten Anhaltspunkt dafür gefunden hätte, daß der Wissenschaftler immer noch die Kraft hatte, ihr Informationen vorzuenthalten, hätte sie keine Ruhe gegeben.
    Nermo Dhelim war an einem Punkt angelangt, an dem er nicht mehr viel zu ertragen vermochte.
    Er blickte zitternd zu der Frau auf, die er einmal geliebt hatte. „Ich habe dir alles gesagt, was ich weiß", versicherte er. „Mein armer Liebling!" sagte sie in grauenerregender Zärtlichkeit und strich ihm das schweißverklebte Haar aus der Stirn. „Das waren anstrengende Stunden für dich. Ich bin mir dieser Tatsache bewußt. Du hast dir ein wenig Ruhe verdient. Du sollst diese Ruhe haben."
    Sie stand auf.
    Nermo Dhelim war starr vor Angst. Er fragte sich verzweifelt, was sie vorhaben mochte, wagte es aber nicht, sie danach zu fragen.
    Mirona Thetin wandte sich schweigend ab. Er beobachtete sie dabei, wie sie umherging und Ordnung schuf.
    Als er sie so beobachtete, fragte er sich, ob sie wohl wahnsinnig sei. Das hätte ihm seine Niederlage ein wenig erträglicher gemacht. Aber zu seinem großen Bedauern kam er zu dem Schluß, daß sie keinerlei Anzeichen von Wahnsinn zeigte.
    Die Ungewißheit wurde unerträglich. „Was hast du vor?" fragte Nermo Dhelim.
    Sie sah sich prüfend um und nahm den Behälter mit den Zellaktivatoren an sich. „Neugierig?" fragte sie lächelnd. „Du enttäuschst mich, Nermo Dhelim. Bist du tatsächlich so dumm, daß du meine Pläne nicht durchschauen kannst?"
    Der Wissenschaftler schloß die Augen und kämpfte den Wunsch nieder, all seine Wut, seinen Haß und seine Enttäuschung laut herauszuschreien. Er sagte sich, daß Mirona Thetin nur darauf wartete, daß er sich eine solche Blöße gab.
    Oder auch nicht.
    Wahrscheinlich war es dieser Lemurerin mittlerweile völlig gleichgültig, was Nermo Dhelim dachte, plante oder erwartete. Noch wahrscheinlicher war es, daß es sich auch früher niemals anders verhalten hatte.
    Mirona Thetin hatte stets ein klares Ziel vor Augen gehabt: Das war die Macht, nach der sie strebte. Nichts und niemand hatte es je vermocht, sie davon abzulenken.
    Sie beugte sich über ihr Opfer, schob zwei Finger unter die dünne Kette, an der der Zellaktivator hing, und zog sie ihm über den Kopf.
    Der Lemurer starrte sprachlos vor Entsetzen auf den Aktivator.
    Mirona Thetin warf das kleine Gerät in die entfernteste Ecke des großen Wohnraums, wandte sich wortlos ab und ging davon.
    Der Wissenschaftler begriff plötzlich, worum es ihr ging: Sie wollte wissen, ob eine Trennung von Aktivator und Träger wirklich so dramatische Folgen nach sich zog, wie Nermo Dhelim es ihr gesagt hatte.
    Er versuchte aufzustehen und sich den Aktivator zurückzuholen, aber er konnte das rechte Bein nicht benutzen.
    Es knickte unter ihm weg. Er stürzte zu Boden.
    Im ersten Augenblick hatte er geglaubt, das Bein sei völlig taub. Jetzt wurde er eines Besseren belehrt. Die Schmerzen waren so schlimm, daß er glaubte, er müsse ohnmächtig werden.
    Er wurde es jedoch nicht.
    Nach einem weiteren Versuch war ihm klar, daß der Weg quer durch den Wohnraum bis zu der Ecke, in der der Aktivator lag, zu weit für ihn war. Ganz gleich, wieviel Zeit ihm noch blieb, bis das Gerät explodierte: Er würde es nicht schaffen.
    Trotzdem versuchte er es.
    Nermo Dhelim kroch auf dem Bauch durch seine eigene Wohnung. Er zog eine Blutspur hinter sich her und schrie vor Schmerzen.
    Bis der Kommunikator sich einschaltete.
    Ermigoa erschien auf dem Bildschirm. Sie blickte entsetzt auf ihren Vater und das viele Blut. „Du mußt fliehen!" schrie er sie an. „Versteck dich! Sie hat die Aktivatoren - alle!"
    Dabei hoffte er verzweifelt, daß seine Tochter wenigstens dieses eine Mal einer von ihm gegebenen Anweisung folgen würde, ohne vorher stundenlang mit ihm darüber zu diskutieren.
    Er sah, wie sie zu einer Frage ansetzte. Aber sie sagte nichts.
    Nermo Dhelim erkannte sehr schnell den Grund dafür. Er sah, wie seine Hand sich veränderte, und er spürte, wie alle Kraft aus seinem Körper wich.
    Mit seinen Kräften schwanden auch seine Schmerzen. Er sah das Entsetzen in den Augen seiner Tochter. „Lauf!" sagte er. „Laß dich nicht erwischen!"
    Das war das letzte, was Nermo Dhelim sagte und dachte.
    Ermigoa blickte noch immer wie erstarrt auf ihn hinab. Sie sah, wie der Körper ihres Vaters zu Staub zerfiel.
    Dann flammte in der Ecke, in der der Zellaktivator lag, ein grelles Licht
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