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1566 - Das Musical-Gespenst

1566 - Das Musical-Gespenst

Titel: 1566 - Das Musical-Gespenst
Autoren: Jason Dark
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rieb mit den Handflächen über seine Oberschenkel. »Und sie hat sich nicht verändert, obwohl ich sie mit der Stange durchbohrt habe. Sie sieht aus wie ein Mensch, aber sie ist keiner, davon musst du ausgehen. Aber sie hat die Rolle übernommen. Das ist nicht die echte Indra, die habe ich tot gesehen. Diese hier ist - ja, ich bin gespannt, wie das Stück weitergeht. Bestimmt nicht so, wie es geschrieben worden ist.«
    »Das glaube ich auch.«
    Und das schien auch der Autor zu glauben. Bill wurde den Eindruck nicht los, dass seine Überraschung nicht gespielt, sondern echt war. Indra musste alle getäuscht haben, auch die Leute, die hinter der Bühne arbeiteten.
    Sie sagte nichts. Sie kam nur näher. Ihre Schritte waren nicht zu hören, dafür das Schleifgeräusch des Sarges.
    Jack Kerry war auf seinem Stuhl sitzen geblieben. Er schaute zwar in Indras Richtung, doch er bewegte sich wie jemand, der von etwas überrascht worden war und die Dinge erst in die Reihe bekommen musste.
    Nicht weit von seinem Schreibtisch entfernt hielt Indra an. Es war keine Musik zu hören, denn diese Szene bestand nur aus einem Dialog. Das Band fiel zu Boden, und die Person fragte mit einer Stimme, die sich künstlich anhörte: »Kennst du mich, mein Freund?«
    »Ja, du bist Indra.«
    »Genau die bin ich. Und du hast mich geschaffen.«
    »Nur in meiner Fantasie. Du bist die alte Göttin aus dem Schattenreich. Man hat dich zu früheren Zeiten schon angebetet. Das Volk der Sumerer hat dich als Totengöttin verehrt. Du bist in die Gräber gegangen und hast dich mit den Toten beschäftigt.«
    »Sehr gut, sehr gut. Du weißt Bescheid. Du hast mich noch mal erfunden, aber du hast nicht gedacht, dass ich meine Kraft behalten habe. Ich bin wieder da, ich war schon immer in deiner Nähe. Vielleicht hast du mich, gespürt, und du bist deshalb auf mich gekommen…«
    Jack Kerry schüttelte den Kopf. »Bitte, das ist doch Unsinn. Das passt alles nicht hierher.«
    »Ab jetzt schon!«
    Bill und Johnny hatten zugehört und jedes Wort verstanden.
    »Das gehört nicht zum Stück«, flüsterte Johnny. »Das läuft aus dem Rahmen, Dad. Es wird ernst.«
    »Glaube ich auch.«
    »Was machen wir?«
    »Erst mal abwarten.«
    »Und John?«
    Da hatte Johnny eine gute Frage gestellt, auf die Bill keine Antwort wusste. Er würde sich auf John Sinclair verlassen können. Zwar saß er nicht im Zuschauerraum, aber er hatte sich bestimmt einen Platz ausgesucht, von dem er alles unter Kontrolle halten konnte. Das hoffte der Reporter zumindest.
    Vater und Sohn wurden von dem Geschehen auf der Bühne abgelenkt, denn die Person begann wieder zu sprechen.
    »Ich habe dir einen Sarg mitgebracht, Jack. Einen Sarg, der für dich bestimmt ist. Aber er ist nicht leer, ich habe ihn gefüllt. Ich werde ihn ausladen und dich hineinlegen. So können sich deine Albträume endlich erfüllen.«
    »Nein, das wirst du nicht! Hier stimmt…«
    »Halt deinen Mund!«, schrie sie ihn an. »Es hat alles seine Richtigkeit!«
    Kerry blieb tatsächlich stumm. Er wusste nicht, was er tun sollte. So war das Stück nicht einstudiert worden, und in seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
    Indra trat zurück.
    Die Stille blieb. Keine Musik, und selbst die Zuschauer schienen nicht mehr zu atmen.
    Die drei Totenschädel legte Indra auf dem Schreibtisch ab. Dann lehnte sie den Stab dagegen und hatte nun beide Hände frei, mit denen sie sich am Sargdeckel zu schaffen machte.
    Sie hob ihn an!
    Es klappte schon beim ersten Versuch, aber nur sie und Jack Kerry sahen, wer dort lag.
    Der Schauspieler und Sänger konnte es nicht fassen. Ab jetzt war er endgültig davon überzeugt, dass dieses Stück einen völlig anderen Verlauf genommen hatte.
    Mit beiden Händen holte Indra eine leblose Gestalt hervor.
    Und jeder sah, dass es ihr Ebenbild war, das sie mit einer heftigen Bewegung und von einem Lachen begleitet auf den Bühnenboden schleuderte…
    ***
    Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, weshalb mich dieser Hausmeister erschlagen wollte. Ich musste so schnell wie eben möglich meine Position wechseln.
    Das gelang mir mit einem Hechtsprung nach hinten. Ich prallte gegen den Schreibtisch, drückte ihn nach hinten und räumte ihn leer, während der schwere Schraubenschlüssel so dicht an meinem Körper entlang wischte, dass ich den Luftzug spürte.
    Ich vernahm auch den Wutschrei, den der Hausmeister ausstieß, und ich wusste, dass er nicht aufgeben würde. Es war ihm offenbar auch egal, dass er einen
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