Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1540 - Das Drachenriff

1540 - Das Drachenriff

Titel: 1540 - Das Drachenriff
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hatte den Rahmen eingekerbt und diese Kreise und geschwungenen Linien natürlich mit goldener Farbe ausgefüllt, wobei an den glatten Stellen auch ein schwaches Rot zu sehen war, wenn man den Rahmen aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtete, wie es Purdy Prentiss tat.
    Sie war keine Fachfrau, was Antiquitäten anging, doch sie erkannte, dass dieses Stück aus der Barockzeit stammte. Es passte demnach zu dem übrigen Mobiliar.
    Und dann gab es da noch die spiegelnde Fläche.
    Purdy konnte sich deutlich darin betrachten. Möglicherweise war der Spiegel neu, aber das musste nicht unbedingt sein. Vielleicht war er nur behandelt worden.
    Die Staatsanwältin schaute sich vom Kopf bis hin zu den Füßen an. Alles gab der Spiegel wieder. Die naturroten Haare, die sie in einem Pagenkopf schnitt trug, ihre grünen Augen, die Sommersprossen im Gesicht. Und sie konnte mit ihrem Anblick durchaus zufrieden sein.
    Alles war klar. Sie hatte genug gesehen. Sie hätte sich umdrehen und wieder zu Tanner zurückgehen können.
    Purdy tat es nicht.
    Sie stand auch weiterhin vor dem Spiegel und schaute über den Toten hinweg. Warum sie so reagierte, wusste sie nicht zu sagen, es war einfach so. Der Spiegel ließ sie nicht los. Irgendetwas war mit ihm, das sie faszinierte.
    Wieder der scharfe Blick!
    Sie sah sich selbst, aber sie nahm auch etwas anderes wahr. Plötzlich begann sich die glatte Fläche zu verändern. Sie verlor ihre Klarheit und dabei auch die Glätte. Der Spiegel wurde undurchsichtig, und Purdys Gestalt verlor immer mehr an Klarheit, denn schon jetzt sah sie sich nur noch als ein verschwommenes Abbild.
    Der Spiegel war nicht mehr normal. Das musste sie sich jetzt eingestehen. Sie dachte auch an den Toten und fragte sich, ob sein Ableben etwas mit diesem Spiegel zu tun gehabt hatte.
    Wenig später schob sie die Gedanken beiseite, denn etwas anderes passierte.
    Ein Sog erwischte sie. Er kam von vorn, direkt aus dem Spiegel hervor.
    Sie nahm den Blick nicht zur Seite, weil sie erleben wollte, was sich noch in der Fläche tat.
    Sie sah nicht mehr als einen schwachen Umriss ihres Körpers. Im Spiegel zeigte sich jetzt ein anderes Bild. Es war nicht nur körnig und grau, innerhalb dieser Masse zeichneten sich auch Konturen oder Schatten ab, die sie jedoch nicht identifizieren konnte.
    Sie wusste nur, dass diese Schatten zuvor nicht da gewesen waren, aber jetzt, und da stellte sich die Frage, woher sie gekommen waren.
    Der Spiegel blieb ein Magnet. Purdy Prentiss musste einfach auf ihn zugehen, und sie schritt dabei nahe an dem Toten vorbei. Dass sie dabei auch in eine Blutlache trat, war ihr auf einmal nicht mehr wichtig. Sie wollte wissen, was mit diesem Spiegel los war, der schon längst nicht mehr als normal eingestuft werden konnte.
    Die Staatsanwältin musste sich nur noch um eine Armlänge nach vorn bewegen, dann war sie dem Spiegel so nahe, dass sie die Fläche berühren konnte, was sie aber nicht tat, weil sie sehen wollte, was sich innerhalb der Fläche verbarg.
    Dass sie sich die Umrisse nicht einbildete, war klar. Sie malten sich innerhalb der eingetrübten Spiegelfläche ab, und Purdy Prentiss wusste nicht, wie so etwas zustande gekommen war.
    Sie atmete gegen die Fläche.
    Sie beschlug nicht.
    Purdy wusste nicht, ob sie sich vor dem Spiegel fürchten sollte oder der Gegenstand mehr ein Anziehungspunkt für sie war, dessen Geheimnis sie einfach ergründen musste.
    Die Staatsanwältin kannte ihr eigenes Schicksal sehr gut. Sie wusste, dass sie vor langer Zeit schon mal gelebt hatte. Das war in Atlantis gewesen, einem Kontinent, der längst versunken war-. Um ihn herum rankten sich zahlreiche Legenden, aber sie wusste sehr gut, dass dieser Kontinent existiert hatte und ihre Heimat gewesen war.
    Sie kannte sich mit Phänomenen aus und war damit auch - oder da besonders - in ihrem zweiten Leben konfrontiert worden. In der Gegenwart hatte sie zahlreiche Phänomene erlebt. Und alles wies darauf hin, dass es hier an dieser Stelle ebenfalls so sein würde.
    Sie dachte wieder an den Toten. Hatte dieser Franco Sylvester die tatsächliche Bedeutung des Spiegels erkannt? War er möglicherweise deshalb gestorben?
    Purdy Prentiss versuchte, alles in ihr Kalkül einzubeziehen, und ließ deshalb eine entsprechende Vorsicht walten.
    Trotzdem wollte sie den Spiegel untersuchen. Sie wollte herausfinden, was es wirklich mit der Fläche auf sich hatte und ob sie sich noch normal anfühlte. Sie brachte ihre linke Hand in die Nähe. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher