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1491 - Im Schloss der Hexen

1491 - Im Schloss der Hexen

Titel: 1491 - Im Schloss der Hexen
Autoren: Jason Dark
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zu schwer für mich, sie alle auf einmal…«
    »Moment, davon habe ich nichts gesagt. Nicht alle auf einmal. Ich denke, dass du es der Reihe nach schaffen kannst.«
    »Also ein Kind nach dem anderen?«
    »Ja.«
    Ich hörte ein helles Lachen. Es stammte von einer Frauenstimme, aber es war nicht Glenda Perkins, die dieses Lachen ausgestoßen hatte, sondern eine andere Person, die sich aus dem Hintergrund löste und wie ein Gespenst durch die graue Düsternis schritt. Es hatte etwas von einem Bühnenauftritt an sich. Da kam die Frau im langen, schulterfreien schwarzen Kleid. Ihre Haare hatte zu einer Hochfrisur aufgesteckt. Sie schaute mich an, und ich vergaß auch nicht, auf das Messer mit der langen Klinge zu blicken, das sie in der rechten Hand hielt. Trotz der nicht eben idealen Lichtverhältnisse war zu sehen, dass die Klinge im unteren Drittel dunkler war. Dort war das Blut der ermordeten Linda Morton mittlerweile eingetrocknet.
    Das war meine Gegnerin. Besser gesagt, unsere, doch von Glenda Perkins nahm sie keine Notiz. Ich war ihr wichtiger, und ich hatte mein Kreuz weggesteckt, weil ich ihr nicht mit allen Trümpfen entgegentreten wollte.
    Auf Sprechweite hielt sie an.
    »John Sinclair!« sagte sie, und es klang wie ein Befehl.
    »Ach, du kennst mich, Radmilla?«
    »Ja«, erwiderte sie lachend. »Wer kennt dich nicht? In bestimmten Kreisen hast du schon einen legendären Ruf. Das muss ich dir zugestehen.«
    »Meinst du das Reich der Finsternis damit?«
    »So nennst du es.«
    »So muss man es nennen. Wer sich dem Teufel verschrieben hat, der kann nicht mehr das Licht ertragen.«
    »Du brauchst mich nicht zu belehren, Geisterjäger. Ich habe mir meinen Platz ausgesucht. Ich lebe zwischen der von dir betonten Finsternis und den Menschen, und wenn es mich packt, dann muss ich einfach zu ihnen.«
    Ich schaute in ihre wasserkalten Augen. »Ja, um zu töten. Das Blut klebt noch immer an deiner Mordwaffe.«
    »Na und? Die Frau hat selbst Schuld gehabt. Sie hat sich einfach nicht belehren lassen.«
    »Was wolltest du denn von ihr?«
    »Das Kind. Die kleine Evi. Die hätte das sechste Mädchen in meiner, Sammlung sein sollen. Sechs Jungen und sechs Mädchen. Paare oder Pärchen, wenn du verstehst.«
    »Eine Mutter wird ihr Kind nur selten freiwillig abgeben, Radmilla. Das solltest du wissen.«
    »Die anderen habe ich mir geholt. Sieh dich um. Wo sind die Eltern, die sie beschützen? Nicht da. Ich vertrete sie. Bei mir sollen sie bleiben, und bei mir werden sie bleiben, darauf kannst du dich verlassen.«
    »Warum? Was hast du mit ihnen vor? Welcher perfide Plan steckt dahinter, Radmilla?«
    »Ich will etwas Besonderes sein. Das heißt, ich bin es schon. Ich habe mich dem Teufel verschrieben, und dies schon vor vielen, vielen Jahren, als ich noch in diesem Schloss lebte. Das Schloss der Hexen wurde es genannt, weil die Menschen Furcht hatten. Sie wagten sich nicht mal in die Nähe und schlugen darum einen großen Bogen. Da sie nicht kommen wollten, wenn ich Gesellschaft haben wollte, musste ich mir etwas einfallen lassen, und deshalb holte ich mir ihre Kinder.«
    »Was hast du mit ihnen getan?«
    Es war mir nicht leicht gefallen, die Frage zu stellen.
    Die Hexe fing an zu kichern.
    »Das kann ich dir sagen. Sie waren ja so unschuldig. Später waren sie es dann nicht mehr. Nachdem sie von mir die Hexentaufe erhalten hatten, verwandelten sie sich in kleine Monster. Es war eine wilde Zeit damals. Es wurde geplündert und geraubt, gefoltert und gemordet. In Europa wütete ein gewaltiger Krieg, und meine kleinen Höllenkinder mischten kräftig mit. Leider nicht für immer. Sie gerieten auf Abwege. Sie legten sich mit denen an, die sie hassten, und irgendwann wurde die andere Seite zu stark. Man brachte sie um. Man erschlug oder ertränkte sie. Man begrub sie lebendig und mit Ketten gefesselt, bis ich kein Kind mehr um mich hatte. Mein Schloss war plötzlich leer, aber ich schwöre dir, dass ich mir meine zwölf kleinen Apostel zurückhole.«
    »Apostel?«
    »Ja, ja, das sagt dir was, wie? Auch ein anderer hatte sie, aber meine sind besser. Ich habe alles ein wenig umgedreht. Sie werden das verbreiten, was ich als das Glaubensbekenntnis der Hölle ansehe. Ein Kind noch, dann ist der Reigen geschlossen, Sinclair, und die alten Zeiten kehren zurück, nur eben eingefasst in ein neues Gewand, das dieser Welt entspricht.«
    Sie deutete mit der leeren Hand auf die Jungen und Mädchen.
    »Schau sie dir an. Sie werden alles für mich
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