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1444 - Legende und Wahrheit

Titel: 1444 - Legende und Wahrheit
Autoren: Unbekannt
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Er hatte eine Bresche geschlagen und weigerte sich nachzulassen, bevor nicht die ganze Mauer eingerissen war. „Rede nicht um die Sache herum. Was ist das für ein Denkmal? Und was haben die Zeichen zu bedeuten?"
    „Das Denkmal bekundet, daß die Anoree das Erbe übernommen haben", antwortete Degruum dumpf.
    Julian Tifflor tat ihm nicht den Gefallen, die Frage zu stellen, die von jedermann erwartet wurde. Statt dessen wollte er wissen: „Die Zeichen! Was bedeuten sie? Zu welcher Sprache gehören sie?"
    „Die Zeichen bedeuten, daß die Anoree das Erbe getreulich verwalten werden. Der Inhalt der Inschrift ist uns bekannt, und er bedeutet für unser Volk ein bindendes Gebot. Aber die einzelnen Worte können wir nicht lesen. Sie sind in einer Sprache und einem Alphabet abgefaßt, die wir nicht kennen."
    „Sprache und Alphabet derer, deren Erbe ihr übernommen habt?" fragte Julian Tifflor. „Ja."
    „Wer sind sie?"
    „Wir wissen es nicht. Wir haben die Erinnerung an sie verloren. Es geschah alles vor so unendlich langer Zeit..."
    „Aber einen Namen habt ihr für sie?" drängte Tifflor. „Ja."
    „Wie heißt er?"
    „Wir nennen sie die Herren der Straßen."
     
    *
     
    Das schlimmste war, daß es keinerlei zuverlässige Angaben über den Zeitablauf gab. Alles andere war verhältnismäßig klar, wenn auch mit legendärem Zierrat verbrämt. Irgendwann in fernster Vergangenheit, nachdem es den Anoree gelungen war, die interstellare Raumfahrt zu entwickeln und eine bedeutende Zivilisation aufzubauen, waren sie mit einem weitaus älteren Volk in Berührung gekommen, das einen bedeutenden Einfluß auf ihr Schicksal ausübte. Den wahren Namen des uralten Volkes kannte heutzutage niemand mehr. Die Anoree benutzten die Bezeichnungen durrairajmscan oder machraban, von denen die erste soviel wie „die Herren der Straßen" bedeutete und die zweite vom Translator mit „die alten Herrscher" oder „Archäonten" übersetzt wurde.
    Die Machraban - wer hätte bezweifeln mögen, daß sie die wahren Erbauer der Schwarzen Sternenstraßen waren? - machten die Anoree mit dem Straßennetz vertraut. Sie weihten sie in die Funktionsweise der Schwarzen Sternentore ein. Aus der Überlieferung ging hervor, daß die Machraban die Absicht hatten, sich aus „der Trivialität des kosmischen Alltags" zurückzuziehen und sich der Verinnerlichung zu widmen. (An dieser Stelle wurde es den terranischen Zuhörern schier schwummerig vor lauter Analogien, die sich aufdrängten: ES, die Querionen, die Porleyter! Waren die Machraban einen ähnlichen Weg gegangen?) Sie überließen den Anoree die Schwarzen Sternenstraßen als Erbe und schlössen mit ihnen einen Vertrag, daß für die Aufrechterhaltung der Straßen und Tore zu allen Zeiten gesorgt werden solle. Dann - von einem Tag auf den anderen, wenn man der Legende glauben wollte - waren die Machraban verschwunden. Sie hatten ihr Vorhaben wahr gemacht, dem kosmischen Alltag den Rücken zu wenden. Die Anoree waren die Erben des Netzes der Schwarzen Sternenstraßen und hatten mit der Verwaltung des Systems alle Hände voll zu tun. Hinzu kam noch das Problem, daß ihre Heimatsonne immer schneller erkaltete und die Lebensbedingungen auf der Stammwelt allmählich unerträglich wurden. Die Anoree hatten schon vor geraumer Zeit die große Nachbargalaxis Neyscuur zu erforschen begonnen. Sie wußten, daß es dort zahlreiche hochentwickelte Zivilisationen gab. Sie fanden eine Welt, auf der sie sich niederlassen konnten, und nannten sie jauccron - in ihrer Sprache: die Zweite Heimat. Im Lauf mehrerer Jahrzehnte siedelte das gesamte Volk dorthin um. Aylay wurde dem Verfall preisgegeben.
    Einen Hinweis auf die Zeitspanne, die seitdem verstrichen war, lieferte der Umstand, daß auf Aylay keine Spur der einstmals mächtigen Zivilisation zu erkennen war. Es gab nicht einmal mehr den geringsten Gebäuderest. Nur die Pyramide stand noch, in deren Oberfläche die Machraban den Text des Vertrages graviert hatten, der die Anoree zur gewissenhaften Verwaltung des Schwarzen Sternenstraßensystems verpflichtete. Das Fehlen jeglicher Anzeichen der früheren Besiedlung ließ vermuten, daß sich inzwischen auf Aylay tektonische Verschiebungen größeren Ausmaßes ereignet hatten und die Kontinente nicht mehr so angeordnet waren wie zu jener Zeit, als die Anoree noch hier lebten. Die Tektonik aber arbeitet mit einem anderen Zeitmaßstab als das organische Wesen.
    Nach Julian Tifflors Schätzung mußten Jahrhunderttausende, wenn
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