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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
Autoren: Karl May
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Stuben stießen, die allerdings viel eher Löcher hätten genannt werden können. Der Gang mündete auf das Gitterwerk. Der Geruch des Pulvers war noch vorhanden, ein Mensch aber nicht. Ich durchsuchte mit Halef die Stuben. Auch hier fand sich niemand. Es war geradezu unerklärlich, wie die zwei Mörder hatten verschwinden können. Zwei waren es gewesen, denn ich hatte ganz deutlich die Flintenläufe gesehen.
    Da hörte ich jenseits des Gebäudes eilige Schritte. Das mußten zwei Menschen sein. Die Wand war nur von Brettern gebildet. Ich bemerkte ein Astloch, trat hinzu und blickte hindurch. Richtig! Über den Nachbarhof eilten zwei Männer, von denen jeder eine lange, türkische Flinte in der Hand trug.
    Ich sprang hinaus auf den Gang und rief in den Hof hinab:
    „Rasch hinaus auf die Gasse, Kadi! Die Mörder fliehen durch das Nebenhaus!“
    „Das ist nicht möglich!“ antwortete er herauf.
    „Ich habe sie ja gesehen! Schnell, schnell!“
    Er wendete sich zu seinen Leuten und gebot ihnen in aller Gemächlichkeit:
    „Seht einmal nach, ob er recht hat!“
    Zwei von ihnen entfernten sich langsamen Schrittes. Nun, mir konnte es schließlich sehr gleichgültig sein, ob die beiden ergriffen wurden oder nicht. Ich stieg also wieder in den Hof hinab. Als ich da ankam, fragte der Kadi:
    „Effendi, bist du ein Hekim?“
    Der Orientale erblickt in jedem Franken einen Arzt oder einen Gärtner. Der weise Kadi war derselben Ansicht.
    „Ja“, antwortete ich, um die Sache kurz zu machen.
    „So sieh einmal nach, ob diese beiden vollständig totgeschossen sind!“
    Bei Ali Manach konnte kein Zweifel herrschen. Die Kugel war ihm zu der einen Schläfe eingedrungen und zu der anderen wieder heraus. Der Polizist war in die Stirn getroffen, lebte aber noch; doch stand mit Gewißheit zu erwarten, daß auch er in einigen Minuten tot sein werde.
    „Mein Vater, mein Vater!“ klagte der andere Khawasse, welcher sich neben ihm niedergeworfen hatte.
    „Was jammerst du!“ sagte der Kadi. „Es ist sein Kismet. Es hat im Buch gestanden, daß er auf diese Weise sterben soll. Allah weiß, was er tut!“
    Da kamen die beiden zurück, welche mit Gemächlichkeit zur Verfolgung aufgebrochen waren.
    „Nun, hat dieser Effendi recht?“ fragte der Kadi.
    „Ja.“
    „Ihr habt die Mörder gesehen?“
    „Wir sahen sie.“
    „Warum habt ihr sie denn nicht gefangen?“
    „Sie waren bereits eine Strecke in die Gasse hinein.“
    „Warum seid ihr ihnen denn nicht nachgeeilt?“
    „Wir durften nicht. Du hattest es uns nicht befohlen. Du gebotest uns nur, nachzusehen, ob dieser Effendi recht habe.“
    „Ihr seid faule Hunde! Springt ihnen sofort alle nach, und seht, ob ihr sie ergreifen könnt!“
    Jetzt sprangen alle in größter Eile von dannen. Ich war jedoch überzeugt, daß sie, sobald sie außer Hörweite seien, diese Schnelligkeit mäßigen würden.
    „Allah akbar – Gott ist groß!“ murmelte Halef grimmig vor sich hin. „Diese beiden Hunde wollten dich erschießen, Sihdi, und nun dürfen sie entkommen!“
    „Laß sie laufen, mein guter Halef! Es ist der Mühe nicht wert, hier nur einen Schritt zu tun.“
    „Aber wenn die Kugel getroffen hätte?“
    „So wären sie verloren gewesen. Du hättest sie nicht entkommen lassen!“
    Der Kadi hatte sich mit der Leiche des Gefangenen beschäftigt. Jetzt sagte er:
    „Kannst du dir denken, Effendi, warum sie ihn erschossen haben?“
    „Natürlich! Sie glaubten, daß er sie verraten werde. Er war kein starker, mutiger Charakter. Wir hätten von ihm alles erfahren können.“
    „Er hat seinen Lohn dahin! Aber warum haben sie auch auf diesen anderen geschossen?“
    „Nicht er war gemeint, sondern die Kugel galt mir. Nur weil ich noch im letzten Moment zur Seite sprang, traf sie ihn, da er hinter mir stand.“
    „So haben sie sich an dir rächen wollen?“
    „Jedenfalls. Was wird mit der Leiche geschehen?“
    „Ich verunreinige mich nicht mir ihr. Dieser Mensch hat seinen Lohn; ich werde ihn einscharren lassen. Das ist alles, was man tun kann. Sein Pferd steht noch bei Hulam. Ich werde es holen lassen.“
    „Und sein Vater? Soll dieser entkommen?“
    „Willst du ihm noch nachjagen, Effendi?“
    „Natürlich!“
    „Wann?“
    „Du wirst unserer nicht mehr bedürfen?“
    „Nein. Du kannst abreisen.“
    „So sind wir in zwei Stunden bereits unterwegs.“
    „Allah sei mit euch und lasse euch den Fang gelingen!“
    „Ja, Allah mag helfen; doch verzichte ich trotzdem nicht auf deine
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