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1393 - Werwolf-Nacht

1393 - Werwolf-Nacht

Titel: 1393 - Werwolf-Nacht
Autoren: Jason Dark
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kickte sie sogar ein Stück zur Seite.
    »Okay?«
    »Ja, das ist gut.«
    Es grenzte für mich noch immer an ein kleines Wunder, dass wir uns auf diese Art und Weise verständigten. Bestimmt war der Rachegedanke weiterhin bei ihr präsent. Nur war diese Situation für sie neu, und sicherlich wollte sie die Grenzen ihrer Macht abstecken.
    Einen kleinen Sieg konnte sie bereits für sich verbuchen, denn ich war waffenlos. Ich sah, dass sie lächelte. Die scharfe Haut auf ihrem Gesicht schien fast reißen zu wollen.
    »Darf ich?«
    »Ja.« Die kalten Augen verengten sich. »Was ist das für ein Talisman?«
    »Nun ja, er ist immer bei mir. Ich habe ihn vor der Brust hängen, auch wenn ich schlafe.«
    »Woher hast du ihn?«
    »Eine alte Frau schenkte ihn mir.«
    »Fast wie bei uns. Nur war es bei uns ein Mann, der uns die Brosche überließ.«
    Ich knöpfte mir das wollene Hemd mit dem Karomuster auf.
    »Hast du ihn gekannt?«
    »Nein, er ist uns auf dem Flohmarkt begegnet. Wir haben ihn danach nie mehr getroffen.« Sie wurde allmählich ungeduldig. »Und jetzt will ich deinen Talisman sehen.«
    »Natürlich, sofort.«
    Ich hatte die Kette bereits angefasst. Bewusst langsam zog ich sie in die Höhe.
    Auch das Kreuz rutschte hoch und lag im nächsten Moment frei, doch ich deckte es noch mit meiner freien Hand ab.
    Einen Moment später sank die Hand nach unten.
    Kiri Bayonne sah das Kreuz – und schrie auf!
    ***
    Es war der Test gewesen. Ich hatte wissen müssen, auf welcher Seite sie nun wirklich stand. Einen Schrei kann man so oder so interpretieren. Für mich war es kein Schrei der Freude gewesen. Diese Person hatte sich erschreckt, und das sah ich auch. Sie fuhr zurück, und plötzlich gab es bei ihr keine Rache- oder Mordgedanken mehr. Sie riss die Arme hoch und kreuzte sie vor ihrem Gesicht. Dahinter schrie sie weiter, aber es wurde mehr ein Jammern. Sie wollte Distanz zwischen sich und dem Kreuz bringen, deshalb ging sie schwankend zurück, wobei die Arme noch immer vor ihrem Gesicht waren.
    Sie hätte sich lieber umschauen sollen, dann wäre ihr das Hindernis aufgefallen. So aber stolperte sie darüber hinweg, konnte sich nicht mehr fangen und landete auf dem Roden.
    Dabei gab sie ihr Gesicht frei!
    Und ich war bei ihr. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ihr Körper plötzlich von Blitzen eingefangen worden wäre. So starr saß sie auf der Stelle. Ich schaute in einen halb geöffneten Mund, in dem sich die Zähne bereits verändert hatten. Sie war wirklich auf dem Weg zu mutieren, und es stellte sich die große Frage, ob das Kreuz ihr noch helfen würde.
    Ich drückte es ihr zwischen Hals und Brust, denn mittlerweile hatte ich die Kette über den Kopf gezogen.
    Wieder fuhr ein Schrei aus ihrem Mund. Sie warf sich vor mir herum und blieb auf dem Bauch liegen. Ihre Beine strampelten, als wollte sie etwas zur Seite treten. Der rechte Arme wurde wie von selbst in die Höhe und auch zur Seite gestreckt. In der Hand hielt sie noch die verdammte Brosche, und es war schrecklich für sie, als das Ding plötzlich anfing zu glühen.
    Eine irrsinnige Hitze erfasste ihre Haut, und Kiri Bayonne konnte nur noch schreien.
    Das Metall schmolz in ihrer Hand. Es wurde so weich, dass es wie dickes Öl zu Boden tropfte.
    Vorbei.
    Kein Schreien mehr, kein Jammern. Auch keine zuckenden Glieder. Ich schaute auf den starren Rücken einer Frau, die sich nicht mehr bewegte und von der ich nicht wusste, ob sie noch lebte oder durch den Angriff des Kreuzes gestorben war.
    Ich drehte sie auf den Rücken. Sie blieb in dieser Haltung liegen, bis ich die Lampe hervorholte und sie anleuchtete.
    Zuerst sah ich die rechte Hand. Sie war noch da, aber sie bestand aus verbranntem Fleisch. Es hing in Fetzen von ihrem Handteller nach unten, doch die Verletzung reichte nur bis in die Höhe des Pulses, von dort an wurde wieder alles normal.
    Richtig normal!
    Keine dünnen Haare mehr, kein Fell, und auch das Gesicht zeigte eine Veränderung. Es hatte wieder sein altes Aussehen bekommen und sah nicht mehr so nach vorn geschoben aus.
    Noch immer wusste ich nicht, ob sie tot war oder noch lebte. Das überprüfte ich jetzt, indem ich nach ihrem Puls tastete.
    Sie war nur bewusstlos geworden und würde irgendwann wieder erwachen.
    Was dann passierte, lag nicht mehr in meiner Macht. Da war es am besten, wenn sie einen Psychiater konsultierte, der ihr dabei half, einen gewissen Teil ihres Lebens zu verarbeiten oder auch einfach nur zu vergessen.
    Ich war sehr froh,
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