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139 - Kreis der Telepathen

139 - Kreis der Telepathen

Titel: 139 - Kreis der Telepathen
Autoren: Jo Zybell
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Aruula schrie ihr Leid und ihre Verzweiflung heraus.
    Eben noch zum Angriff bereit, zuckte der kleine Daa’mure zurück, krümmte sich wie unter Schmerzen. Aruula konnte nicht aufhören zu schreien; es war, als wäre etwas in ihr zerrissen. Und solange sie schrie, krümmte sich der Daa’mure, als teilte er ihre Pein.
    Faathme und drei Frauen von den Dreizehn Inseln rannten von der Mauer weg über den Hof. Einer brannte das Haar.
    Aruula ging die Luft aus, sie hörte auf zu schreien. Hinter ihrem Brustbein gähnte ein schwarzes Loch. Sie fühlte nichts mehr auf einmal, nichts.
    In diesem Augenblick sprang der kleinwüchsige Daa’mure vor und griff erneut an. Seine Raubtierkrallen wischten knapp an Aruulas Kehle vorbei. Sie taumelte nach hinten, schlug auf dem Steinpflaster auf. Die kleine Echse sprang fauchend auf ihre Brust, holte erneut aus – aber da stieß Beebie Rot sie zur Seite und deckte Aruula mit seinem Körper. Er wollte seine Axt heben, doch der kleine Daa’mure war schneller als er.
    Plötzlich war Beebie Rots Kehle so rot wie sein Haar. Er sackte über Aruula zusammen und seufzte noch einmal tief, bevor er starb.
    Ein Beil fuhr von hinten in den Schädel der kleinen Echse.
    »Ich hab ihn erwischt!«, schrie Faathmes Stimme.
    Aruula wandte sich ab und barg das Gesicht in ihren Händen.
    ***
    Als sie sich viele Atemzüge später wieder aufrichtete, standen Faathme, Lusaana, Juneeda und Matoona um sie und den toten Piraten herum. Drohend hoben die Zwergin ihr blutiges Beil und die drei Kriegerinnen von den Dreizehn Inseln ihre Langschwerter. Auf den Mauern, im Eingang zur Kathedrale und im Säulengang standen Daa’muren; zwölf insgesamt.
    Einige in Menschengestalt, die meisten mit dem Körper einer Echse.
    Zwischen den Türmen der Kathedrale flog der Eluu heran.
    Für einen Augenblick schöpften sie Hoffnung, aber der Vogelmutant griff die Unheimlichen nicht an. Er landete zwischen den Kriegerinnen, packte den Körper seines toten Herrn mit den Klauen und trug ihn über das Dach der Kathedrale davon.
    Das war der Abschied. Wudan sei mir gnädig, dachte Aruula. Ich hätte ein bisschen netter zu ihm sein sollen…
    Und dann griffen die Daa’muren an – alle auf einmal. Auch die falsche Barbarin im Lederharnisch war unter ihnen.
    Langsam kamen sie näher.
    »Wir sind verloren«, sagte Lusaana. »Also lasst uns wenigstens glorreich untergehen.«
    Wie um die Königin zu bestätigen, brüllte ein Motor jenseits der Mauer auf. Zwei Atemzüge später zerbrachen Gestein und Holz und der Panzer rollte über die Trümmer hinweg in den Innenhof. Sein Geschützturm richtete sich auf die Frauen.
    »Wir sehen uns an Wudans Festtafel wieder«, sagte Juneeda, die Priesterin.
    »Nein«, sagte Aruula. »Wartet…«
    Sie war noch immer wie betäubt. Ihr Verstand allerdings funktionierte noch; und ihr Gedächtnis auch. Das kleine Monster, das sich als Menschenkind getarnt hatte – warum war es zurückgewichen, als sie selbst vor Schmerz fast erstickte?
    Warum hatte es sich gekrümmt, als sie ihre Verzweiflung heraus schrie?
    »Denkt an Schmerzen«, flüsterte Aruula. »Ruft euch den größten Schmerz eures Lebens in Erinnerung! Konzentriert euch darauf, fühlt ihn! Erlebt ihn ein zweites Mal…!«
    »Was redest du, Aruula?« Lusaana drehte sich nach ihr um.
    »Was soll das jetzt noch…?«
    »Hört auf mich!«, unterbrach sie die Königin. »Bei Wudan – hört auf mich! Diese Bestien können lauschen wie wir – und ich glaube, dass sie Gedanken an seelische und körperliche Schmerzen nicht ertragen! Vertraut mir!«
    Sie sahen sich an. Lusaana nickte. Und so versenkten sie sich trotz der Gefahr ringsum in Trance, blendeten alles andere aus und dachten intensiv an Schmerz.
    Faathme rief sich den Augenblick ins Gedächtnis, als man das neugeborene Kind von ihrer Seite nahm und das Geburtshaus mit ihm verließ.
    Juneeda versank in die Verzweiflung über den Verlust ihres Geliebten, die sie so lange unterdrückt hatte. Vor fast fünf Jahren hatten die Nordmänner den jungen Krieger getötet.
    Lusaana musste an den Tag denken, als ihr Vater sie, die Vierjährige, zum letzten Mal umarmte, bevor er zum Fischen aufs Meer fuhr und ein Mordwal sein Schiff in die Tiefe riss.
    Matoona ließ es zu, dass die Erinnerung an die Barbaren der Wälder an der Küste sie überfiel. Dreizehn oder vierzehn Jahre alt war sie gewesen, als sie mit ihrer Sippe zur Brabeelenernte nach Karlskronaa hinüber fuhr und die wilden Burschen sie in die
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