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1385 - Die Materiewippe

Titel: 1385 - Die Materiewippe
Autoren: Unbekannt
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angehalten worden war, nicht nennenswert verändert. Er wirkte noch immer wie ein sorgenfreier, ungebundener, achtunddreißigjähriger Mann. Wer aber dem Blick der hellblauen Augen begegnete, der erkannte, daß er einen Weisen vor sich hatte. Reginald Bull war 2096 Jahre alt. Mehr als zwei Jahrtausende der Lebenserfahrung hatten ihre untilgbaren Spuren hinterlassen. „Natürlich macht sie mir Sorgen", sagte er, ohne den Blick von dem metallenen Ei zu wenden. „Irgendwo gibt es eine Materiewippe, mit der die Hauri am dreißigsten November die gesamte Galaxis Pinwheel nach Tarkan zu verfrachten gedenken. Was geschieht, wenn wir sie nicht rechtzeitig finden?"
    „Heute haben wir den siebten Oktober", antwortete Nikki Frickel. „Es bleiben uns fast noch zwei Monate bis zum kritischen Tag. In der Zwischenzeit..."
    Sie wurde unterbrochen. Der Syntron meldete sich zu Wort. „Es gibt einen Speicherbereich, der, nach der Struktur der Daten zu urteilen, einen Wust von Koordinaten enthält", sagte die synthetische, aber wohlmodulierte Stimme. „Die Entschlüsselung wird allerdings einige Zeit dauern."
    Bull stand auf. „Melde dich bei mir, wenn du die ersten Ergebnisse hast", sagte er.
    Es dauerte über fünf Stunden, und als der Syntron sich endlich meldete, da lag Reginald Bull in tiefem Schlaf. Mit ein paar deftigen Flüchen schwang er sich aus dem aeroelastischen Bett, brachte die Funktionen des müden Körpers durch eine kalte Dusche brutal in Schwung und war wenige Minuten später auf dem Weg zum Computerlabor.
    Unter dem Eingang traf er mit Nikki Frickel zusammen.
    Gemeinsam betraten sie den kahlen, hell erleuchteten Raum des Computerlabors. Die Wiege stand nicht mehr. da. Der metallene Körper des Vario-500 war entfernt worden. „Ich habe versucht", erklärte die Stimme des Syntrons, „die gefundenen Koordinatengruppen in der Reihenfolge der Wahrscheinlichkeit zu sortieren, mit der sie den gesuchten Ort bezeichnen, den Standort der haurischen Materiewippe. Eine der Koordinatengruppen bezieht sich auf den Standort mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp achtzig Prozent."
    Reginald Bull nickte. „Welchen Punkt bezeichnet die Koordinatengruppe?" wollte er wissen. „Hier beginnt das Problem", antwortete der Computer. „Sie bezeichnet nicht einen Punkt, sondern einen Raumsektor. Innerhalb dieses Raumsektors befindet sich der Kugelsternhaufen Marty-5, im Halo der Galaxis Pinwheel."
    Bull pfiff zwischen den Zähnen hindurch. „Ein Kugelsternhaufen, wie?" sagte er und machte dazu ein Gesicht, als hätte er in einen faulen Apfel gebissen. „Groß?"
    „Von durchschnittlicher Größe", lautete die Antwort. „Der Sternhaufen besteht aus zweihundert- bis zweihundertfünfzigtausend Sonnen."
    Reginald Bull stieß prustend die Luft aus. „Genauer läßt sich die Lage der Materiewippe nicht definieren?" fragte er. „Nicht anhand der Daten, die der Vario mitgebracht hat", antwortete der Syntron. „Es gibt nur einen Namen, der sich wahrscheinlich auf einen Planeten bezieht, auf dem die Materiewippe stationiert ist: Ashkalu."
    Bull fuhr sich mit der Hand über das kurzgeschorene Haar. „Ashkalu", murmelte Bull, „ein Planet unter zweihunderttausend Sonnen."
     
    *
     
    Der kleine Besprechungsraum lag abseits der weitläufigen Kommandozentrale der BASIS. Der Vario-500 trug die Körpermaske des Kaisers von Olymp. Waylon Javier hatte seine modischen Neigungen immer noch nicht geändert und sah in Rollkragenpullover und schmuddeligem Arbeitskittel aus wie ein Automechaniker längst vergangener Zeiten. Galbraith Deighton war ganz Geschäftsmann: dunkelgraue, gestreifte Weste, weitgeschnittene Hose aus demselben Material, unter der Weste ein am Hals offenes, fliederfarbenes Hemd mit großem Schalkragen. Nikki Frickel bot einen erfreulichen Anblick in einem kostümähnlichen Gewand, das eng am Körper anlag und die weibliche Ebenmäßigkeit ihrer Gestalt gut zur Geltung brachte. Reginald Bull hatte die lindgrüne Flottenkombination angelegt, wie man es von ihm gewöhnt war. „Ich habe nicht die Absicht, unter mehr als zweihunderttausend Sonnen nach einem bestimmten Planeten zu suchen", erklärte er. „Das wäre ein nutzloses Unterfangen, denn es bleiben uns nur noch siebeneinhalb Wochen."
    „Ich halte es für möglich", erklärte Anson Argyris, „daß die Station, von der die Rede ist, eine charakteristische Art von Strahlung von sich gibt, die leicht registriert werden kann. Damit böte sich uns vielleicht eine
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