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1382 - Götterfluch

1382 - Götterfluch

Titel: 1382 - Götterfluch
Autoren: Jason Dark
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adoptieren. Sie waren schon öfter hier und haben dich beachtet. Du hast das Ehepaar nur nicht bemerkt, aber sowohl die Frau als auch der Mann waren von dir begeistert, und sie werden dich wohl zu sich nehmen.«
    Das war der Traum, den alle Kinder hier im Heim träumten. Und für mich ist er in Erfüllung gegangen!, dachte Rebecca. Für mich!
    Für mich ganz allein!
    Eigentlich hätte sie sich freuen müssen, jubeln, lachen, zumindest lächeln, doch nichts von dem passierte. Das Mädchen blieb auf seinem Platz sitzen und schaute hinein in den Frühlingsgarten, den es so mochte. Abschied nehmen von allem, von den Blumen, die ihr so ans Herz gewachsen waren. Bei fremden Leuten sein, in einer fremden Wohnung und in einer fremden Umgebgebung.
    »Freust du dich denn nicht, Rebecca?«
    »Doch, schon…«
    »Und?«
    Rebecca senkte den Kopf. »Wo sind die Leute denn?«
    »Sie warten bei mir im Büro.«
    »Dann muss ich hin?«
    »Ja, und ich werde dich begleiten.« Mrs. Lange räusperte sich.
    »Die Herrschaften sind sich so sicher, dass sie dich gleich mitnehmen möchten. Aus diesem Grund habe ich bereits deine Sachen gepackt. Es ist immer gut, wenn jemand das Heim hier verlässt, und zu den Menschen, die dich adoptieren wollen, kann man Vertrauen haben.«
    »Ja, dann muss ich wohl gehen.«
    So froh Mrs. Lange war, wenn ein Kind das Heim verließ, da war auch immer eine gewisse Traurigkeit, und so war es auch hier. Sie umarmte Rebecca, und jetzt fing Rebecca an zu weinen, und Mrs. Lange hoffte, dass es Tränen der Freude waren.
    Nach einer Weile löste sich Mrs. Lange von dem Kind. »Komm jetzt mit in mein Büro. Dort wird sich alles zeigen.« Sie gab Rebecca noch ein Taschentuch, in das die Kleine hineinschnäuzte.
    Durch einen Seiteneingang betraten sie das alte Gebäude, das früher mal eine Kaserne gewesen war. Dieser Teil war zusammen mit dem Eingang abgetrennt und eigentlich nur für das Personal zugänglich. Die Kinder sollten nicht alles mitbekommen.
    Rebecca ging an der Hand der Heimleiterin. Der Frühling verschwand, als sie das Haus betraten. Die übliche Kühle umgab sie und auch das helle Grau der Wände.
    Als sie das Büro erreichten, klopfte Rebeccas kleines Herz schon schneller. Sie war jetzt gespannt. Sie hatte sich das alles erhofft und immer wieder ausgemalt, doch jetzt, da es plötzlich so weit war, bekam sie Herzklopfen.
    Gemeinsam betraten sie den Raum.
    Rebecca wollte die Augen schließen und alles so lange wie möglich hinauszögern. Das schaffte sie nicht. Sie schaute nach vorn, sie sah die Frau, auch den Mann, und sie erkannte, dass beide ebenfalls recht nervös waren.
    Die ersten Blicke.
    Auch bei Rebecca war die Sympathie sofort da. Als sie jetzt lächelte, da war es ein ehrliches Lächeln. Ja, ja, sie freute sich nun darauf, das Heim verlassen zu können, und als ihr die Frau die Arme entgegenstreckte, flog sie förmlich hinein und hörte nicht, dass die Heimleiterin die beiden Erwachsenen als Mrs. und Mr. Taylor vorstellte.
    Der Kontakt war da. Es hatte geklappt, und es war wieder eines dieser Wunder, die viel zu selten vorkommen.
    Rebecca würde einen neuen Namen erhalten. Sie würde ein neues Leben beginnen, und irgendwann würden auch die Spuren der Vergangenheit verlöschen…
    »Du willst bei uns bleiben?«, fragte Mrs. Taylor.
    »Ja, das will ich.«
    Wieder wurde sie umarmt und gedrückt, und Mrs. Lange, die nach wie vor im Büro stand, weinte vor Glück.
    Das geschah vor zwanzig Jahren…
    ***
    Der Raum hatte eine hohe Decke, die Rebecca Taylor so liebte. Wenn der Stress des Tages von ihr abgefallen war und sie in ihrem Büro sitzen konnte, eine Tasse Kaffee trank, sich dabei zurücklehnte und die Beine auf den Schreibtisch legte, dann gab es für sie nichts Schöneres, als gegen die Decke zu schauen, obwohl sie einen nur grauen Anstrich zeigte. Doch die Fantasie der jungen Frau reichte aus, um die Decke verschwinden zu lassen, um dann in einen strahlenden Sommerhimmel zu schauen, das allerdings mit geschlossenen Augen.
    Fantasie gehörte zu ihren hervorstechenden Eigenschaften, obwohl sie einem Beruf nachging, der das Prädikat »wissenschaftlich« durchaus verdiente.
    Sie hatte sich einen Traum erfüllen können und war nach dem Studium zu einer Mitarbeiterin des Britischen Museums geworden, einem riesigen Bau, der 1753 aus der Taufe gehoben worden war und einen mit Säulen umbauten Haupteingang als offenes Karree besaß. Jeder, der kam und sich etwas auskannte, wurde sofort an ein
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