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1321 - Das Haus der Schatten

1321 - Das Haus der Schatten

Titel: 1321 - Das Haus der Schatten
Autoren: Jason Dark
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überraschte sie wieder mit einer weiteren Bemerkung. Sie war schon im Gehen begriffen, als sie meine Worte hörte.
    »Wissen Sie, was an Ihnen noch sehr ungewöhnlich ist, Mrs. Stone?«
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    »Schauen Sie neben sich.«
    Sie tat es. Dann fragte sie: »Na und?«
    »Sie werfen keinen Schatten!«
    Ich hatte mitten ins Ziel getroffen, das sahen Bill Conolly und ich zur gleichen Zeit. Die Frau bewegte sich nicht mehr. Sie schien auf dem Boden festgeleimt zu sein. Farbe verlor sie nicht, aber das Gesicht schien zu versteinern.
    »Wie ist das möglich, Mrs. Stone?«
    »Gehen Sie!«
    »Gern. Nur warum bekommen wir keine Antwort auf meine Frage?«
    »Weil es Sie nichts angeht.«
    »Jeder Mensch, jedes Tier und auch jeder dreidimensionale Gegenstand wirft einen Schatten. Warum sind Sie die berühmte Ausnahme, Mrs. Stone?«
    »Verlassen Sie mein Grundstück!«
    Jetzt mischte sich Bill Conolly ein. »Warum beantworten Sie die Frage meines Freundes nicht einfach? Ist das so schwer für Sie? Oder wollen Sie nicht reden?«
    »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht!«
    »Wer hat Ihnen den Schatten genommen?« Jetzt fragte ich sie direkt und ging einen Schritt auf die Frau zu. »Wieso und warum haben Sie Ihren Schatten verloren?«
    Linda Stone wusste, dass sie mir nicht mehr ausweichen konnte.
    Ihre mühsam zur Schau getragene Fassade brach zusammen. Sie schlug mit der rechten Hand nach mir und drehte sich gleichzeitig um. Der Schlag streifte mich nicht mal, aber ich war reflexhaft zurückgezuckt.
    Genau das hatte Linda Stone beabsichtigt. Sie nutzte die Zeitspanne, um sich völlig zu drehen und ergriff dann die Flucht.
    »Das gibt’s doch nicht«, flüsterte Bill, der ebenso überrascht war wie ich, doch ich reagierte schneller und eilte der Person nach, die auf den Wintergarten zulief.
    Linda Stone versuchte, lange Schritte zu machen, wich Hindernissen aus und hatte das Glück, nicht auszugleiten und in einen ihrer Teiche zu fallen. Dafür schleuderte ihr Fuß durch einige Bodenblumen und fegte dabei die Blüten ab.
    Vor dem Wintergarten gab es noch so etwas wie eine Mini-Terrasse. Zumindest lagen rötliche Steine auf dem Boden, über die sich ein gräulicher Staubschleier gelegt hatte. Mit einem Satz übersprang sie diesen Weg und huschte dann durch die offene Tür in den Wintergarten hinein, wo sie einigen Korbmöbeln ausweichen musste.
    Sie würde mir nicht entkommen, das stand fest, und sie brachte sich selbst in Schwierigkeiten, als sie gegen einen der Korbsessel prallte und dann nach vorn stolperte.
    Das Möbel kippte nicht um, stand ihr aber im Weg und wurde im nächsten Moment von ihr in die Höhe gerissen. Mit dem Sessel in den Händen drehte sie sich um und wuchtete das Ding über ihren Kopf. Sie musste mitbekommen haben, dass ich schon ziemlich aufgeholt hatte. Sie schrie jetzt auf, schlug zu und hätte mich bestimmt erwischt, wäre ich nicht ausgewichen.
    Der Sessel verfehlte mich. Ich hörte einen erneuten Schrei und sah, dass der Stuhl eine Kurve über den Boden beschrieb und wieder hochgerissen wurde.
    Zum zweiten Schlag ließ ich sie nicht kommen. Ein Stoß reichte aus, um die Frau aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie wankte zurück, und dabei wurde ihr der Stuhl zu schwer. Er rutschte ihr aus den Händen und fiel nach unten.
    Das Sitzmöbel landete auf ihrem Kopf. Obwohl sie einen Schmerz spürte, fluchte sie wild und brach schließlich zusammen. Geschockt blieb sie auf dem Steinboden sitzen.
    Hinter mir klatschte Bill. »Toll hast du das gemacht.«
    »Hör auf.«
    »Das hätte ich von meiner Nachbarin nicht angenommen.«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    Den Stuhl trat ich zur Seite und blieb vor Linda Stone stehen, die den Kopf zur Seite gedreht hatte und keuchend atmete. Sie blickte von unten her zu uns hoch. Dabei bewegte sie auch den Mund, aber sie sprach kein Wort.
    Ich reichte ihr die Hand. An ihr konnte sich die Frau in die Höhe ziehen. Jetzt sah sie nicht mehr so unterkühlt aus. Auch die wohlgeformte Frisur war durcheinander geraten.
    Ihr Blick war nicht mehr kühl und ruhig. Er flackerte jetzt. Die Sicherheit war verschwunden und hatte einer Angst Platz geschaffen.
    Ich fragte mich, vor wem sie Angst hatte. Vor Bill und mir brauchte sie sich nicht zu fürchten.
    »Stehen Sie auf, Mrs. Stone!«
    Sie tat es nicht und nahm eine abwehrende Haltung ein. »Was… was … wollen Sie von mir?«
    »Zunächst einmal möchte ich, dass Sie aufstehen. Das werden Sie wohl können, oder sind Sie
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