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1285 - Das Spiel des Lebens

Titel: 1285 - Das Spiel des Lebens
Autoren: Unbekannt
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gibt es zu Tausenden", grollte er. „Wird Er mir sagen, wer Er ist und was Er in Denguon verloren hat?"
    Ich war ein Muster an Selbstbeherrschung, wenn sich mir auch die Haare im Nacken sträubten. Von einem schmutzigen, stinkenden Söldner mit Er angeredet zu werden, war der Höhepunkt der Zumutung. Aber ich blieb ruhig, wenigstens nach außen hin.
    „Bruder, was bringt es dir, wenn du meinen Namen kennst?" fragte ich und griff in die Tasche. Als ich die Hand wieder zum Vorschein brachte, hielt ich eine kleine Goldmünze zwischen den Fingern.
    Der Söldner sah sie, und seine Augen wurden groß vor Gier. Aber so beschränkt er auch sein mochte, er wußte doch, daß die Transaktion von seinen Kumpanen beobachtet werden würde und daß er dann mit ihnen werde teilen müssen. Wenn er allein gewesen wäre, hätte der Handel ihn wohl gelockt. So aber war ihm der Lohn zu gering.
    „Er muß sich hüten, einem Soldaten des Herrschers Geld anzubieten", rief er zornig und stampfte mit dem Schaft der Hellebarde auf den Boden. „Er sagt mir jetzt sofort, wer Er ist, oder ich werfe Ihn in den Kerker."
    „Ich
     
    *
     
    bin Atjuf aus der Stadt Tjann", sagte ich.
    „Atjuf aus der Stadt Tjann", höhnte der Söldner. „Kann Er sich wohl ausweisen? Er weiß doch, daß jeder Wanderer eine Erlaubnis seines Schultheißen bei sich zu tragen hat."
    Ich griff abermals in die Tasphe. Die Goldmünze verschwand, dafür kam ein kleines Stück zusammengerolltes Pergament zum Vorschein. Der Söldner entfaltete es. Ich hatte nicht damit gerechnet, daß er die Kunst des Lesens verstünde, aber da mußte ich mich wohl getäuscht haben. Er warf einen Blick auf die Urkunde, und die Augen wollten ihm aus den Höhlen treten.
    „Sortuun... Atjuf... von Tjann", stotterte er.
    „Und der Schultheiß ist mein Vater", belehrte ich ihn, während ich ihm das Pergament wieder abnahm. „Freigraf von Tjann, Herr zu Palkein, Schultheiß der Schultheißen in den acht Waldstädten. Willst du noch mehr wissen, du ungehobelter Klotz?"
    Er trat vor Schreck einen Schritt zurück.
    „Verzeiht, Herr", brabbelte er. „Ich konnte nicht wissen, daß Ihr..."
    „Du sahst meinen Degen, nicht wahr?" fuhr ich ihn an und zog die Waffe hervor. Die Klinge blitzte auf; der Söldner stieß einen entsetzten Schrei aus. Aber der Stahl hatte ihm keinen Schaden zugefügt. Er war ihm nur haarscharf an der Nase vorbeigefahren. „Wer trägt Waffen? Die Mitglieder des Adels. Ist es nicht so?"
    „Es ist so", stammelte er. „Aber Eure Kleidung, Herr..."
    „Es muß nicht ein jeder gleich avisieren, wes Standes er ist", wies ich ihn zurecht.
    „Besonders wenn er in privater Mission unterwegs ist wie ich."
    Er duckte sich. Sein grobgeschnittenes Gesicht war eine Grimasse schleimiger Unterwürfigkeit. Er hatte erfahren, wer ich war. Aber Targiiv würde ihn an den Füßen aufhängen, wenn er nicht auch in Erfahrung brachte, was der Junggraf von Tjann in Denguon wollte.
    „Herr", jammerte er, „versteht bitte, daß es nicht meine eigene Neugierde ist, die mich solche Fragen stellen läßt. Ich bin ein Diener des Herrschers und muß tun, was man mir aufträgt."
    Ich nickte großmütig.
    „Frage immerhin", forderte ich ihn auf.
    „Was, oh Herr, ist der Zweck Eures Aufenthalts in Denguon?"
    Ich griff nach ihm. Er erschrak zuerst und wollte mir ausweichen. Aber ich bekam ihn an seinem bunten Wams zu fassen und zog ihn zu mir heran. Dicht an seinem Ohr flüsterte ich: „Kennst du den Wirt der Schenke Der Löwe und das Schwert?"
    „Ja", murmelte er.
    „Hat der Wirt eine Tochter?"
    Da wetterleuchtete es in seinem windgegerbten, von den Narben zahlreicher Kämpfe durchsetzten Gesicht. Er verstand, worauf ich hinauswollte. Ein faunisches Grinsen spielte um seinen wulstlippigen Mund.
    „Freilich hat er eine Tochter, Herr. Und schön ist sie...!"
    Er schlug sich die Hand vor den Mund, um mir zu zeigen, daß mein Geheimnis bei ihm gut aufbewahrt sei. Ich ließ ihn los.
    „Genügt dir das?" fragte ich.
    „Bei der großen Hexe am Rande von Huun", versicherte er, „es genügt mir. Ich wünsche Euch frohen Aufenthalt in Denguon, Herr. Ich weiß, die Tochter des Wirts wird Eurem Charme sofort anheimfallen."
    „Das will ich hoffen", lachte ich und setzte meinen Weg fort.
    So hielt ich Einzug in Denguon: ein Grafensohn, dessen dilettantischen Versuch, unerkannt zu bleiben, jedermann durchschaute, ein durch und durch harmloser Bursche, der hinter einer Schürze her war und seine Liebesjagd
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