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1234 - Totensuche

1234 - Totensuche

Titel: 1234 - Totensuche
Autoren: Jason Dark
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einem glatten Knochengebilde. Die Mundwinkel waren tief nach unten gezogen, sodass er ein Loch bildete, das an einen Halbmond erinnerte. Das dunkle Leichenhemd warf zahlreiche Falten, und es verbarg den Körper der verdammten Gestalt, die hier herrschte.
    Ich wartete auf den Angriff. Mein Kreuz störte ihn nicht.
    Dafür sprach er mich wieder an, und ich sah, dass sich sein Mund dabei nicht bewegte. Jedes Wort drang tief aus seinem Innern hervor und wurde wieder von diesen schrillen Lauten begleitet. Es war sowieso ein kleines Wunder, dass ich mich überhaupt mit dieser Gestalt unterhalten konnte. Wahrscheinlich hatte sie all die lange Zeit in einer bestimmten Welt überlebt und auch dazugelernt.
    Er blieb dann stehen, flankiert von seinen verwesten Begle itern. Es war mir klar, dass es noch nicht zu einer Auseinandersetzung kommen würde, dann hätte er anders reagiert.
    »Du gehörst nicht dazu«, erklärte er mir, »und trotzdem hast du dich eingemischt…«
    Seine Stimme erreichte mich nicht nur von vorn. Sie drückte jetzt von allen Seiten gegen mich, und sie drang auch in meinen Kopf hinein wie das störende Geräusch aus einem Radio, bei dem der Sender nicht richtig eingestellt worden war.
    »Wozu gehöre ich nicht?«
    »Zu denen, die hier den Frevel begangen haben. Wir nahmen es ein Mal hin, ein zweites Mal nicht mehr. Unser Friedhof braucht seine Ruhe, und wir werden diejenigen vernichten, die sich besonders dabei hervortun.«
    »Das habt ihr doch schon getan«, sagte ich.
    »Nein, nicht alle. Eine Person lebt noch.«
    »Wer ist das?« Ich stellte die Frage, obwohl ich die Antwort bereits kannte.
    »Die Frau!«
    »Sie wird euch nichts mehr tun. Sie wird ihren Job aufgeben. Sie wird von hier weggehen. Ihr braucht sie nicht zu töten, und ich glaube auch nicht, dass dieses Haus weitergebaut werden wird. Inzwischen ist auf unserer Welt zu viel passiert. Es kostet Geld, wenn man bauen will, und es ist die Frage, ob das Geld hier zusammenkommt. Eure Rache hat sich erfüllt. Lass sie jetzt bleiben. Es hat zwei Tote gegeben, das sollte wirklich reichen.«
    »Nein, es ist zu spät. Wir wollen alle Drei. Und wir wollen auch dich, denn auch du hast dich gegen uns gestellt. Du stehst auf der anderen Seite und bist deshalb unser Feind. Du hast die Frevler beschützen wollen, weil…«
    »Ja, weil!«, unterbrach ich ihn mit harter Stimme. »Weil es mein Beruf ist, Mörder zu stellen. Die Menschen sind ermordet worden. Magst du es auch nicht verstehen und begreifen, aber in unserer Zeit gibt es Gesetze, an die man sich halten muss. Auch ich kann sie nicht umgehen. Deshalb habe ich mich einmischen müssen, und ich sehe dich und deine Helfer als Mörder an. Aber ich weiß auch, dass die Toten nicht mehr zurückzuholen sind. Wir sollten es dabei belassen. Zieht euch wieder zurück in das Zwischenreich, wo ihr die ganze Zeit über gewartet habt, denn auch du hast es nicht verstanden, die Toten in das große Jenseits zu führen. Ihr seid die unruhigen Geister, die keine Ruhe finden können. Nicht auf eurem Friedhof und auch nicht in eurem Reich. Ihr seid nichts anderes als Verfluchte der Zeit oder Totensucher. Eure Ära ist dahin. In dieser Welt ist kein Platz mehr für euch. Es gelten andere Regeln und Gesetze…«
    »Nein, nicht für uns. Wir haben nach unseren eigenen gelebt. Wir werden uns die Frau noch holen. Sie wird den kalten Tod erfahren. Und wir werden uns jeden holen, der sich auf ihre Seite gestellt hat. Und dazu gehörst auch du.«
    Es war schon seltsam, aber die Drohung beeindruckte mich nicht. Es lag nicht an den Worten, wie ich nach kurzem Überlegen feststellte, hier ging es mehr um die Veränderungen, denn dieser Anführer und Totenbegleiter war nicht nur mehr feinstofflich, sondern jemand, den man anfassen und auch bekämpfen konnte.
    Vielleicht mit einer geweihten Silberkugel?
    Es war alles möglich geworden. Die Toten hatten sich versammelt, um Rache zu nehmen. Sie waren sogar durch ihre Macht in die Gegenwart getaucht und feinstofflich geworden und demnach verletzlich.
    Ich steckte die kleine Lampe weg. Das Kreuz wechselte ich in die linke Hand. Es war hell genug, um auch die Umgebung zu sehen. Der Nebel schwamm in Schwaden über den Boden. Er umkreiste die Grabsteine und auch die skelettierten Gestalten, aber er war nicht so dicht, als dass er mir die Sicht genommen hätte.
    Ich wartete auf den Angriff der Skelette. Noch erfolgte er nicht. Vielleicht wollte mich der unheimliche Seelenbegleiter vor Angst
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