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1225 - Bastion im Grauland

Titel: 1225 - Bastion im Grauland
Autoren: Unbekannt
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Einflußbereich des Tunnels. Die grauen Sprossen der Schlingpflanzen hatten sich in grüne Blätter verwandelt. Bunte Blüten waren zum Vorschein gekommen, und anstatt des modrigen Gestanks der Grauwelt erfüllten angenehme, exotische Gerüche die Luft. Das galt allerdings nur für das Innere des Korridors. Die Wandung des Tunnels war transparent.
    Durch eine flimmernde, rotgoldene Haut aus Licht sah Atlan die Gewächse des Waldes, wie sie wirklich waren: grau, eintönig, häßlich.
    Seine erste Sorge galt dem Jungen. Twirl war zu Boden gesunken, als sie materialisierten. Aber schon nach wenigen Sekunden erhob er sich wieder. Seine Unternehmungslust schien ungebrochen.
    „Ruht euch aus", sagte er in bester Laune. „In ein paar Minuten geht es weiter. Noch drei Sprünge, meine ich, dann haben wir es geschafft."
    „Er hört sich an, als wären wir diejenigen, die sich anstrengen müßten", sagte Atlan halblaut auf Interkosmo zu Jen Salik.
    Salik reagierte nicht. Er blickte in die Höhe. Irgend etwas hatte seine Aufmerksamkeit gefangen. Atlan versuchte, der Richtung seines Blicks zu folgen. Er sah weiter nichts als graues Gestrüpp jenseits der rotgoldenen Hülle des Tunnels.
    „Sieht aus wie ein Miniatur-Ratan", sagte Salik schließlich.
    „Wo?"
    Der Terraner hob den Arm und streckte die Hand aus.
    „Dort in der Gabel, wo der Strunk des großen Schlinggewächses sich teilt."
    „Ich sehe ihn", sagte Domo Sokrat, der die kurze Unterhaltung mitgehört hatte. „Es ist ein Ratan-Späher. Vorsicht..."
    Es ging unerhört schnell. Atlan erblickte das Geschöpf erst in dem Augenblick, als es sich zu bewegen begann. Es war die Miniaturausgabe eines Ratans, etwa von der Größe eines terranischen Sperlings. Trotzdem war der Stachel, der aus dem Vorderkörper der synthetischen Kreatur hervorragte, ohne Zweifel eine äußerst gefährliche Waffe.
    Diese Beobachtungen machte der Arkonide im Bruchteil einer Sekunde. Der Späher schoß im Sturzflug heran. Er achtete nicht auf die schimmernde, Hülle des Vitalenergiefelds, die Gefahr für ihn bedeutete. Sein Ziel war entweder Jen Salik oder Atlan, genau ließ sich das in der Kürze der Zeit nicht bestimmen. Atlan versetzte dem Terraner einen kräftigen Stoß, so daß er aus der Fluglinie des Angreifers taumelte. Der Arkonide riß den Arm in die Höhe und erkannte in derselben Hundertstelsekunde, daß er keine Zeit mehr haben würde, einen Schuß abzufeuern.
    Er ließ sich rückwärts fallen. Dabei behielt er den Späher im Auge. Etwas Merkwürdiges geschah. Die Miniaturechse hatte die dünne Schicht rotgoldenen Leuchtens kaum durchquert, da begann sie zu schrumpfen. Eine graue Spur markierte ihre Flugbahn wie ein Kondensstreifen den Kurs eines Flugzeugs der Vorzeit. Das synthetische Geschöpf, von Anfang an nicht besonders groß, wurde immer kleiner, bis es - zwei Meter von dem Ort entfernt, an dem der Arkonide vor einer halben Sekunde noch gestanden hatte - vollends zu existieren aufhörte.
    Alles, was von ihm übrig blieb, war die graue Spur, die sich langsam auflöste.
    Atlan stemmte sich in die Höhe. Das verblüffende Geschehen hatte sich in einem Zeitraum von weniger als zwei Sekunden abgespielt. Die Bedeutung des Zwischenfalls wurde dem benommenen Verstand erst allmählich klar. Der Tunnel, den Twirl geschaffen hatte, verwandelte nicht nur die Pflanzen innerhalb seines Einflußbereichs in Realleben zurück, er bot außerdem einen perfekten Schutz gegen die Geschöpfe des Grauen Lords.
    Ein ausgewachsener Ratan von der Sorte, die den Paladinen als Fahrzeug diente, hätte sich wahrscheinlich nicht so rasch aufgelöst wie der sperlinggroße Späher. Aber der Späher war beobachtet worden. Seiner Funktion entsprechend, mußte er mit einem Mechanismus zur Übertragung von Videosignalen ausgestattet gewesen sein. Dort, wo die Signale empfangen wurden, wußte man jetzt, daß das Innere des Korridors für die synthetischen Geschöpfe der grauen Tiziden tödliches Gelände war. Lord Mhuthan würde sich danach einrichten. So viele Ratane und Paladine ihm auch zur Verfügung standen, es konnte ihm nicht daran liegen, sie sinnlos zu opfern.
    Twirl und Lethos-Terakdschan hatten das Geschehen beobachtet. Den jungen Abaker beeindruckte es offenbar nicht, daß seine Freunde nur um Haaresbreite einer tödlichen Gefahr entgangen waren. Er war begeistert.
    „Das war fein, meint ihr nicht?" strahlte er. „Das dumme Ding. Es hätte wissen müssen, daß es ihm an den Kragen geht, wenn es in
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