1185 - Im Schloss der Skelette
Sinclair ein Kreuz besaß. Dessen Kraft war stärker, und der Abbé wünschte es sich herbei.
Er duckte sich. Eine Hand hatte er um das Holzkreuz vor seiner Brust gelegt. Es sah aus wie eine letzte Geste der Hilfe. Das Kreuz war geweiht worden, aber der Templer verspürte nicht die Wärme, die das Kreuz des Geisterjägers abgegeben hätte, das einfach einmalig in seiner Art war.
Sie gingen nicht mehr weiter. Zum Schluss waren sie näher zusammengerückt und, hatten den Kreis um Bloch eng gezogen.
Er kam nicht mehr weg, die Falle war zu. Sie brauchten nur ihre Knochenarme auszustrecken, um ihn zu erwischen. Schon jetzt stellte er sich vor, wie es sein würde, von ihren Klauen erwürgt zu werden.
Es kam nicht so weit.
Sie richteten auch nicht ihre Waffen auf ihn. Die vier Skelette blieben auf ihren Stellen stehen, ohne sich zu bewegen. Ganz im Gegensatz zu dem hellen und dichten Ektoplasma, das sich vor den Mäulern und Gesichtern abzeichnete. Der Abbé hätte es auch als ein schweres Stück Luft ansehen können, das mit etwas Besonderem gefüllt war. Es sorgte auch dafür, dass der Abbé nicht mehr in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Das andere störte ihn, und es nahm sogar Besitz von ihm. Er bekam keinen Schock, aber es war auch keine Täuschung, als er die Stimmen vernahm.
Bloch war überrascht. Zunächst wusste er nicht, wie die fremden Stimmen mit ihm Kontakt aufgenommen hatten. Hörte er ein Flüstern? Oder waren sie in sein Gehirn eingedrungen und meldeten sich von dort?
Bloch nahm alles hin. Auch das Unwahrscheinliche. Und hier glaubte er daran, dass die andere Seite den Kontakt zu ihm gesucht und jetzt auch gefunden hatte.
Aber wer war diese Seite?
Templer, die Zeiten überdauert hatten und erleben konnten, wie sich die Welt veränderte? Wenn ja, dann waren sie gut informiert und würden auch über ihn Bescheid wissen.
Das Fremde drang weiter in seinen Kopf ein. Es sorgte dafür, dass die eigenen Gedanken und das normale Empfinden des Templers zurückgedrängt wurde und er sich auf die ungewöhnlichen Stimmen konzentrieren musste, ob er nun wollte oder nicht.
Er hörte sie. Keine Sätze. Höchstens Satzfetzen, aber zumeist doch nur Wörter.
»So lange Zeit…«
»Nur gewartet…«
»Beobachten können…«
»Wissen, wer du bist…«
»Einer vom anderen Weg…«
»Er war falsch…«
»Unserer war richtig…«
Der Abbé erlebte die Stimmen als wirres Flüstern. Manchmal sprachen sie alle zugleich, und er hatte das Gefühl, dass sich in seinem Kopf ein akustisches Karussell drehte, dessen Antrieb allein auf den Stimmen beruhte.
Er schüttelte den Kopf. Er hob die Hände zum Kopf hin. Er hielt sich die Ohren zu, aber er schaffte es auch so nicht, die Stimmen zu vertreiben.
Sie blieben. Sie malträtierten ihn. Die Wörter waren wie Lanzenstiche, und er hörte den Hass aus ihnen heraus.
»Uns wurde es versprochen…«
»Wir leben…«
»Unsere Zeit vergeht nie…«
»Baphomet hat die Kraft…«
»Nein!« Blochs Antwort war ein Schrei. »Baphomet hat nicht gewonnen. Die Hölle kann und wird nicht Sieger bleiben. Sie ist schon einmal überwunden worden. Nur wir Menschen sind erlöst, nicht ihr verfluchten Teufel!«
Er wollte sich der Qual nicht aussetzen und schlug plötzlich um sich. Seine Hände krachten gegen die harten Knochen, aber er schaffte es nicht, den Ring zu sprengen.
Der Abbé rechnete damit, von den lebenden Skeletten gepackt und dann getötet zu werden, aber auch das passierte nicht, denn sie trieben ihr Spiel weiter.
Es war der lange Griff der Axt, mit der er angestoßen wurde. Der Abbé torkelte seitlich weg. Er ruderte mit den Armen, ohne Halt finden zu können. Seine Handflächen rutschten an dem glatten Gebein ab, und ein nächster Stoß in den Magen schleuderte ihn so weit zurück, dass er gegen die Seitenwand des Stollens prallte und sich an einem hervorstehenden Stein den Hinterkopf so hart stieß, dass er den Blick für die Realität verlor und erst wieder zu sich kam, als er zusammensackte und sich auf dem Boden hockend wiederfand.
Auf die Schmerzen im Kopf achtete der Abbé nicht. Etwas anderes war viel schlimmer. Diese verfluchten lebenden Skelette, die auf Baphomets Kraft vertrauten, hatten ihn gedemütigt. Ihn fertig gemacht. Sie hatten ihm gezeigt, wo die eigentliche Macht steckte. Nicht mehr auf seinem Weg, sondern auf dem Pfad, der in die Hölle führte.
Bloch saß zusammengekrümmt auf dem harten Stein. So wie in diesen schlimmen Momenten
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