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1179 - Vorhof des Loolandre

Titel: 1179 - Vorhof des Loolandre
Autoren: Unbekannt
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Konkurrenten sollten glauben, daß er mit dem Ziel, das er erreicht hatte, zufrieden war. Je umfangreicher er seine neue Wohnung ausbaute, desto überzeugender mußte seine Behauptung sein, daß er gar nicht daran denke, um den Thron des Clanskopfes zu kämpfen.
    „Was führt dich zu mir, alte Hexe?" fragte er die Frau.
    „Palo-Tryk, der Liebling deines Konkurrenten Palk-Palm, ist auf dem Weg zur Kampf schule", berichtete sie. „Er haßt die Kurse, und er würde ihnen liebend gern ausweichen, wenn er nur könnte. Du kannst ihn noch abfangen, wenn du willst."
    Gryden-Holmes zögerte keine Sekunde, der Empfehlung der Alten zu folgen, und wenig später trat er wie zufällig auf einen Gang hinaus, als sich ihm der junge Palo-Tryk gerade durch eine Tür näherte. Der Clanskern gab sich überrascht. Er blieb stehen und streckte die Arme wie zur Begrüßung zu den Seiten aus, so daß Palo-Tryk auf keinen Fall an ihm vorbeigehen konnte.
    „Welch eine Überraschung", sagte er freundlich. „Eine solche Gelegenheit kann ich nicht ungenutzt lassen, dich zu einer Kavernenfrucht einzuladen."
    Palo-Tryk blieb stehen und blickte ihn unsicher an. Eine solche Einladung auszuschlagen, wäre eine grobe Unhöflichkeit gewesen. Zudem galten Kavernenfrüchte als Delikatessen von äußerstem Seltenheitswert. Die wenigsten Fyrer hatten jemals eine solche Frucht gegessen, aber die meisten träumten von ihrem Genuß.
    „Ich habe gehört, daß es in diesem Jahr kaum welche gibt", antwortete der junge Mann.
    Gryden-Holmes lachte.
    „Man muß nur Beziehungen haben", entgegnete er. „Das ist auch der Grund dafür, daß ich so viele Neider habe. Sollte ich aber verzichten, nur weil mir andere etwas nicht gönnen?"
    Palo-Tryk folgte dem Clanskern in einen schmalen Gang, an dessen Wanden kostbare Tücher zum Verkauf hingen, die mit kunstvollen Stickereien versehen waren. Zahlreiche Besucher von anderen Clans drängten sich hier, um solche Tücher zu erstehen. Die Fyrer galten im Kreis der anderen Clans als Künstler, und nirgendwo im Vorhof des Loolandre wurden Tücher oder Wandteppiche vergleichbarer Art angeboten. Sie aber waren der einzige Schmuck in vielen der zumeist nüchtern und kalt eingerichteten Machtnischen.
    Palo-Tryk sah sich erstaunt um. Niemals zuvor war er mit wirklich offenen Augen durch diesen Mondabschnitt gegangen. Jetzt begriff er, ohne daß Gryden-Holmes etwas zu sagen brauchte, daß der Handel manches ermöglichte, was anderswo ausgeschlossen war. Zugleich bewunderte er den Clanskern neben sich, der es offenbar verstand, die Vorteile optimal für sich zu nutzen. Er verfolgte, daß Gryden-Holmes von Fyrern wie von den Vertretern anderer Clans respektvoll gegrüßt wurde, und er erfaßte, daß dieser Clanskern bedeutender war, als er bisher angenommen hatte. An der Seite von Palk-Palm hatte er so etwas noch nie erlebt.
    Gryden-Holmes führte ihn plaudernd in einen matt erleuchteten Raum, in dem zahlreiche Fremde an Tischen saßen und Delikatessen verzehrten, von denen Palo-Tryk bisher nur geträumt hatte. Exotische Düfte verwirrten seine Sinne, und aus dem Dunkel tauchten verführerisch aussehende Fyrerinnen auf, um sie zu einem Tisch zu geleiten.
     
    4.
     
    Palo-Tryk erinnerte sich am nächsten Tag noch daran, daß ein Bote gekommen war und Gryden-Holmes zum Clanskopf gerufen, und daß der Clanskern sich mit dem Ausdruck größten Bedauerns verabschiedet hatte. Alles andere war ihm entfallen, als er unter dem rötlich schimmernden Licht einer bogenförmigen Lampe erwachte.
    Er versuchte aufzustehen, doch der Kopf tat ihm so weh, und zugleich wurde ihm so übel, daß er sich rasch wieder auf das Lager sinken ließ.
    Erschrocken blickte er auf sein Chronometer.
    Mehr als ein halber Tag ist vergangen! erkannte er und wollte erneut aufstehen. Doch nun erfaßte ihn ein eigenartiges Gefühl. Er meinte, auf einer angenehm weichen Unterlage zu ruhen und mit ihr in die Schwerelosigkeit hinauszugleiten, während sich das Licht über ihm veränderte und sich zu einer Kaskade flirrender Leuchtstreifen verwandelte.
    „Palo-Tryk", ertönte eine scharfe Stimme. „Hast du den Verstand verloren?"
    Er riß die Augen auf und atmete einige Male tief durch, um die Übelkeit zu vertreiben.
    Wie aus einem wallenden Nebel tauchte das Gesicht von Gryden-Holmes vor ihm auf.
    Die sechs Augen blickten ihn mißbilligend an.
    „Was habe ich getan?" stammelte der junge Mann.
    „Du hast dich mit den Weibern eingelassen und dir von ihnen die
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