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1137 - Madame Tarock

1137 - Madame Tarock

Titel: 1137 - Madame Tarock
Autoren: Jason Dark
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mehr. Die zweite Kugel hatte ihm das Leben endgültig genommen. Abgefeuert worden war sie, ebenso wie die erste, von einer Person, die auch Harry als Tote gesehen hatte.
    Sie war jedoch nicht tot. Er hörte sie sogar, denn sie hatte ihren Platz verlassen und ging auf ihn zu.
    Sie ging nicht einmal schnell, sondern bewegte sich mit kleinen Schritten. Das konnte Harry hören, aber er hatte noch nicht den Kopf gedreht, um nach ihr zu schauen. Etwas hemmte ihn.
    Seine Rechnung ging nicht auf, denn die Wahrsagerin kam nicht zu ihm. Sie ging dorthin, wo der Killer lag. Als Harry das merkte, richtete er sich auf, obwohl durch die Bewegung die Übelkeit noch stärker in ihm hochschoss. Doch er war jemand, der sich auch zusammenreißen konnte, und schaffte es, den Kopf zu drehen.
    Die Frau mit dem Mantel drehte ihm den Rücken zu. Sie hatte sich über den Killer gebeugt, und Harry sah, wie sie nickte. Sie war mit ihrer Aktion also zufrieden. Das Gewehr hatte sie zu Boden gelegt, und sie war dabei, dem Toten die Waffe aus den Fingern zu zerren. Es war Harrys Pistole, die sie in der Hand hielt, sich dann drehte und den Kommissar anschaute. Zum erstenmal erlebte er ihren Blick aus der Nähe. Er schaute dabei in Augen, die sehr dunkel und verhangen waren. Es mochte auch an den dichten Brauen oder an den Haaren liegen, die lockig bis in die Stirn hineinfielen.
    Dennoch hatte dieser Blick etwas an sich, was sich Harry nicht erklären konnte. Er war so anders.
    So wissend, als könnte man ihr nichts vormachen.
    Harry Stahl fragte sich, was diese Person von ihm wollte. Er bezweifelte, dass sie ihn umbringen würde, aber eine Botschaft würde sie schon haben.
    Nichts störte sie mehr. Auf der dünne Nieselregen nicht, als sie mit langsamen Schritten auf Harry Stahl zuging, der sich taumelnd erhob und sich dann gegen den Wagen des Killers lehnte und sich abstützte.
    Der Kommissar war wirklich gespannt, was in den nächsten Minuten auf ihn zukam…
    ***
    In einem Spezialladen hatte ich eine gute Flasche Birnengeist besorgt. Ein Produkt aus dem Elsass, ein Tropfen, der wirklich wie Öl in die Kehle hineinlief und einfach genossen werden musste.
    Die Flasche war nicht für mich bestimmt, ich wollte sie einem Kranken als kleine Gabe mitbringen.
    Der Kranke war mein Freund, und er hieß Bill Conolly. Er lag nicht im Krankenhaus, ihn hatte nur eine verdammte Grippe erwischt und einfach so geschwächt, dass er das Bett hüten musste. Trotzdem hatte er mich angerufen und um einen Besuch gebeten, obwohl ich ihn auch aus eigener Initiative besucht hätte. Aber Bill wollte mir etwas sagen, das seiner Meinung nach sehr wichtig war und das ich einfach erfahren musste.
    Es war einer dieser Dezembertage, die man am besten vergisst. Nicht warm, nicht kalt, regnerisch.
    Ein grauer Himmel, der ständig weinte und dabei dicht über den Dächern der Häuser hing. Grau, sehr wolkig, aufgeplustert. Ein Tag, an dem es kaum hell wurde und die Verkehrsstaus gar nicht mehr aufhörten.
    Ich hatte das Büro am frühen Nachmittag verlassen. Versehen mit den besten Wünschen an Bill von Glenda und Suko. Dann konnte ich mir Zeit lassen und traf auch noch relativ früh bei den Conollys ein. Auch bei ihnen war zu merken, dass Weihnachten vor der Tür stand, denn im Vorgarten hingen Lichterketten in den Bäumen und verwandelten das Gelände in einen fast feierlichen Festplatz.
    Ich rollte mit dem Rover bis dicht vor die große Doppelgarage, stellte ihn dort ab und ging auf die Tür zum Haus der Conollys zu. Sheila hatte meine Ankunft schon bemerkt. Sie erwartete mich bereits in der offenen Tür.
    »Schön, dich zu sehen, John.«
    »Ich freue mich auch.«
    Wir umarmten uns. Sheila roch so frisch, als hätte sie erst vor wenigen Minuten geduscht. »Jetzt komm erst mal rein, draußen ist es ja mehr als ungemütlich.«
    »Ein Wetter zum Wegfliegen.«
    »Und ob.«
    Die Tür war geschlossen. Ich stellte mein Geschenk ab und zog die Lederjacke aus. »Sag mal, Sheila, wie geht es eigentlich unserem Patienten?«
    Sie verdrehte die Augen. »Frag mich nicht, John. Er ist unausstehlich.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Warum?«
    »Wäre ich auch. Du müsstest mich mal krank erleben. Da würdest du dich nach deinem Mann zurücksehnen.«
    »Hör auf.«
    »Wo kann ich den Halbtoten denn finden?«
    Wieder verdrehte Sheila die Augen. »Ich konnte es ihm nicht ausreden. Er liegt in seinem Arbeitszimmer auf der Couch. Er will alles um sich herum haben. Ich konnte es nicht ändern.
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