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1051 - Als Verfluchte grüßen...

1051 - Als Verfluchte grüßen...

Titel: 1051 - Als Verfluchte grüßen...
Autoren: Jason Dark
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zurückgehalten.
    Warum wollte sich ein Mensch selbst das Leben nehmen? Es gab viele Gründe, die für einen Außenstehenden meist nicht zu begreifen waren. Es lag noch nicht lange zurück, da war eine junge Frau in dem Haus, in dem ich wohnte, auf die Straße gesprungen, weil sie in die Klauen einer Sekte geraten war.
    Sie hatte ich nicht retten können. Ich war damals zu spät eingetroffen. Aber Ida Cobin hatte ich vor dem Tod bewahren können. Natürlich dachte ich über die Gründe ihres Selbstmordversuchs nach und schloß auch die Mitgliedschaft in einer Sekte nicht aus.
    Das heiße Wasser hatte mich wieder durchgewärmt und für eine Stabilisierung des Kreislaufs gesorgt. Ich fühlte mich einigermaßen fit und stellte die Dusche ab.
    Im Bademantel wollte ich bei den anderen nicht erscheinen, deshalb hatte ich mir schon meine frische Kleidung zurechtgelegt. Unterwäsche, ein hellblaues Wollhemd, dazu die Jeans. Auf einen Pullover verzichtete ich, in der Wohnung war es warm genug. Die Haare ließ ich feucht, die trockneten von allein.
    Im Wohnzimmer saßen Ida Cobin, Shao und Suko. Die Frauen auf der Couch, während Suko einen der beiden Sessel in Beschlag genommen hatte. In den zweiten setzte ich mich. Auf dem Tisch standen die Teetassen. Nur meine war leer, und ich füllte sie auf.
    »Möchten Sie auch was trinken, Mrs. Cobin?« wandte ich mich an die Frau, die noch immer schrecklich bleich aussah.
    Sie schaute in ihre leere Tasse und schüttelte den Kopf. »Keinen Tee mehr.«
    »Einen Whisky?«
    »Ja, bitte. Oder einen Gin.«
    Ich entschied mich für Whisky, denn einen Schluck davon konnte ich auch vertragen. Zwischen uns herrschte Stille. Nur das Gluckern der ausströmenden Flüssigkeit in die beiden Gläser war zu hören.
    Mit einem Seitenblick schaute ich Ida Cobin an.
    Sie war sicherlich noch keine 40 Jahre alt, aber das Leben hatte schon seine Spuren hinterlassen. In ihrer bleichen Haut hatten sich tiefe Sorgenfalten eingegraben. Die Lippen schimmerten bläulich und zitterten leicht. Das Haar war noch naß, und es klebte teilweise auf ihrem Kopf. Der Blick war nach innen gerichtet oder ging ins Leere, so genau konnte ich das nicht beurteilen.
    »Bitte«, sagte ich und schob ihr das Glas zu.
    »Danke sehr.« Sie nahm es in beide Hände und trank es langsam leer. Dabei hielt sie die Augen geschlossen. Wie jemand, der den Strom der Flüssigkeit in Richtung Magen genau verfolgen will.
    Erst als sie das leere Glas abstellte, blickte sie mich wieder an.
    »Geht es Ihnen besser?« fragte ich.
    »Ein wenig.«
    »Das ist gut.«
    Auf ihrem Mund erschien ein verloren wirkendes Lächeln. »Sie haben mir ja gesagt, wer Sie sind. Und jetzt werden Sie mich sicherlich verhören wollen.«
    »Nein«, sagte Suko sofort. »Wir wollen Sie nicht verhören, Mrs. Cobin, wir möchten nur mit Ihnen reden. Das ist der große Unterschied, glaube ich.«
    »Das soll ich Ihnen glauben?«
    »Warum nicht?«
    »Ich kenne andere Polizisten.«
    »Das haben Sie uns schon gesagt.« Suko wandte sich jetzt an mich.
    »Mrs. Cobin wohnt in einem der hohen Häuser, die wir auf der Fahrt gesehen haben.«
    »Ah so.«
    »Damit bin ich abqualifiziert, wie?«
    »Nein. Ganz und gar nicht.« Ich schüttelte den Kopf. »Jeder von uns hier wird Verständnis für Sie haben. Wir wissen, wie leicht es für Menschen ist, abzurutschen. Gerade in der heutigen Zeit, wo jeder nur auf seinen Vorteil bedacht ist und keinerlei Rücksicht kennt. Das müssen Sie uns schon glauben.«
    Sie spielte mit dem Glas. »Derartige Worte bin ich nicht mehr gewohnt. Nicht in meiner Lage.«
    »Die Sie durch einen Suizid beenden wollten?«
    »Ja, Mr. Sinclair. Und jetzt wollen Sie sicherlich die Gründe wissen.«
    »Das wäre meine nächste Frage gewesen.«
    Sie schielte auf die Flasche, und ich schenkte ihr noch einen Schluck ein. »Danke, Sie sind sehr nett. Sie sind alle sehr nett.« Sie schluckte und zog die Nase hoch. Den Whisky rührte sie nicht an, als sie begann, über sich selbst zu sprechen.
    Sie erzählte uns ein Schicksal, wie es vielen Menschen als Bürde auferlegt worden war. Heirat, Scheidung, der Rutsch in die Armut, weil der Mann nicht mehr aufzufinden war und die Frau mit dem Sohn allein gelassen hatte.
    »Sie haben einen Sohn?« fragte Shao.
    »Das kann man so sagen.«
    Wir gingen auf die verwunderliche Antwort nicht genau ein, denn auch Shao wollte ihre Gedanken loswerden. »Dann lohnt es sich doch erst recht, am Leben zu bleiben.«
    »Das sagen Sie!«
    »Und das
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