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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster
Autoren: Jason Dark
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haben werden. Es sei denn, sie würden den Ort verlassen. Dazu wäre keiner bereit. Lieber verstecken sie sich in ihren Häusern und beten, daß der Kelch an ihnen vorbeigeht.«
    »Wissen sie denn Bescheid?«
    »Ich habe oft genug gewarnt. Fürchte allerdings, daß sie so reagieren werden wie der Pfarrer.«
    Was sollte man dazu noch sagen? Alles was Grace und ich erfahren hatten, das war so unwahrscheinlich gewesen, aber gerade das hatte ich immer wieder als Wahrheit präsentiert bekommen. So war das Unwahrscheinliche wahrscheinlich geworden.
    Grace Felder schwieg. Sie hatte in der Kälte ein rotes Gesicht bekommen. Die Kapuze bedeckte ihren Kopf nicht mehr. Aus starren Augen schaute sie auf den Teich, dessen Wasser sich noch immer nicht beruhigt hatte. Es gab auch weiterhin die Strudel, die Wellen, die klatschend am Ufer landeten und dort in das Eis hinein ausliefen.
    »John, da passiert etwas«, flüsterte sie mir zu.
    Auch Madge hatte die Worte mitbekommen. Gemeinsam drehten wir uns um. Grace konnte recht haben. Es passierte etwas, obwohl in Wirklichkeit nichts geschah, denn das Wasser blieb ruhig. Es gab keine Wellen mehr. Keine Strudel, auch nicht die Andeutung eines Trichters. Wer den Teich erst jetzt sah, der mußte ihn einfach für ganz normal halten.
    »Was hast du entdeckt?« wollte ich wissen.
    »Nichts. Das ist es ja, John. Es ist zu ruhig. Der… der … verdammte Teich holt Atem. Wie auch immer.«
    Oft künden sich bestimmte Ereignisse durch eine belastende Stille an, die urplötzlich unterbrochen wird.
    Wie auch hier.
    Ohne Vorwarnung ging es los.
    Wir, die Zuschauer, wichen zurück und hatten das Gefühl, daß dieser Teich förmlich explodieren würde…
    ***
    Zuerst rauschte nur das Wasser. Aber es wurde nicht in die Höhe geschleudert. Es drehte sich nur um die eigene Achse, als wollte es noch einmal Atem holen vor dem großen Ausbruch. Der gesamte Teich verwandelte sich in einen Kreisel, der sich von links nach rechts drehte. So schnell, daß an den Uferseiten sogar Schaum entstand. Das war nicht natürlich. Die anderen Kräfte hatten wieder einmal die Regie übernommen. Sie standen kurz vor dem Ausbruch. Ich hoffte, daß wir weit genug entfernt waren, um nicht in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
    Dann »explodierte« der Teich!
    Plötzlich jagte aus der Mitte die Fontäne in die Höhe. Das Wasser mußte von unten her einen Stoß bekommen haben. Die Fontäne war breit, sie war dunkel und schwarz eingefärbt, als hätte sie vom Grund des Teichs her all den Schlamm und Dreck mit in die Höhe gerissen. Übergroß, bis an die Kuppen der Trauerweiden heranreichend, umgeben von Dunst, Tropfen und auch Dreck.
    Ein immenser Pilz, der das Unterste nach oben gekehrt hatte und nun alles ins Freie schleuderte, was ihm nicht genehm war. Mir kam es so vor, als hätte diese fremde Urkraft alles aus dem Teich herausgerissen. Vom letzten Schlammbis zum allerletzten Wassertropfen. Und die Säule blieb auch weiterhin stehen, als wäre sie von der kalten Luft in Eis verwandelt worden.
    Wir konnten sehen, daß sie nicht ganz so dunkel war, wie es im ersten Moment den Anschein gehabt hatte. Sie sah an den Seiten aufgehellt aus, so daß wir in ihr Inneres schauen konnten und dort auch etwas sahen.
    Gestalten…
    Grace klammerte sich an meinem Arm fest. »John, ich bin doch nicht verrückt – oder?«
    »Nein, sicherlich nicht.«
    Neben uns stand Madge. Sie murmelte Worte vor sich hin. Ob es Gebete oder Zaubersprüche waren, konnten wir nicht herausfinden. Jedenfalls redete sie ununterbrochen.
    Was Grace Felder gesehen hatte, das war auch mir aufgefallen. In der Säule malten sich Gestalten ab. Die Nymphen waren zu sehen, aber sie waren nicht das Interessante. Zumindest in den Umrissen erkannten wir ein regelrechtes Monstrum. Ein Wesen mit mächtigen Flügeln, die aber mit denen der Engel nicht zu vergleichen waren.
    Dieser erste Eindruck verdeutlichte sich nicht, weil die Säule in genau diesem Augenblick wieder zusammensackte und mit einem wahren Donnergetöse zurück in den Teich fiel.
    Das Wasser schwappte nicht nur hoch, es brandete auch über das Ufer hinweg, aber aus der Mitte hervor, wo es weiterhin aufgewühlt war, stieg etwas hoch.
    Wir hielten den Atem an. Ich wußte, was da an die Oberfläche kam. Ich hatte es schon innerhalb der Wassersäule gesehen. Es waren zwei Wesen. Zum einen die Nymphe, zum anderen ER.
    Ja- ER!
    Ich kannte seinen Namen nicht. Für mich war er nicht mehr als ein namenloser Keltengott,
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