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105 - Der Ruf nach Freiheit

105 - Der Ruf nach Freiheit

Titel: 105 - Der Ruf nach Freiheit
Autoren: Stephanie Seidel
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Kolk hatte ein verlassenes Gebiet am Stadtrand überflogen. Offen stehende Hütten waren zu erkennen, mit Schneeverwehungen bis in die Eingänge hinein.
    Nicht eine Fußspur zog sich durch die weiße Winterdecke; das kleine Häuflein Ketten vor der zweiten Hüttenwand links wirkte festgefroren. Auf dem Platz lag eine Jacke. Das Schicksal ihres Besitzers ließ sich an nichts ableiten. Es war fast, als wollte das düstere Archipel seine Geheimnisse schützen.
    »Wo, zum Teufel, steckt ihr?«, murmelte Matthew Drax.
    Der Mann aus der Vergangenheit war mit seiner Gefährtin Aruula vor zehn Tagen von London aus aufgebrochen, um zwei verschollene Freunde zu suchen: Rulfan und Professor Dave McKenzie. Queen Vietoria hatte Matt einen EWAT zur Verfügung gestellt, samt Pilot, Aufklärer und Spionage-Kolks.
    Was nicht selbstverständlich war, denn zurzeit herrschte in den Communities hektische Aktivität: Die Daa'muren-Bedrohung war kein Geheimnis mehr, und Britana rüstete zu einem Krieg, von dem noch niemand wusste, wann er beginnen und welche Ausmaße er annehmen würde.
    Eigentlich wurden jetzt jeder Mann und jedes Fahrzeug gebraucht. Aber die Queen mochte Matt - sogar mehr, als klug war für eine Frau in ihrer Position. Offiziell hatte sie die Freigabe des EWATs jedoch an Rulfan festgemacht und damit politisches Fingerspitzengefühl gezeigt: Rulfan war der einzige Sohn von Sir Leonard Gabriel, dem Prime von Salisbury. Ein Rettungsversuch der Community London konnte sich nur positiv auf die Beziehungen zwischen den beiden Bunkergemeinschaften auswirken.
    »Verdammt, sie müssen hier sein!« Matt wandte sich von den Monitoren ab. Ohne dass es ihm bewusst wurde, nahm er seine Wanderung durch die Kommandozentrale wieder auf.
    Andrew Farmer räusperte sich. »Commander, ich schwöre Ihnen: Digger vier und Pekkman haben gute Arbeit geleistet. Aber sie können nichts aufzeichnen, was nicht da ist.«
    Matt grinste unwillkürlich, als das Wort Pekkman fiel. Es gab immer wieder Opfer unter den schwarz geflügelten Spionen mit der Kamera im Brustgefieder, deshalb sollten ihre Betreuer keine Namen vergeben und sich lediglich an der unpersönlichen Nummerierung orientieren, die der eingepflanzte Mikrochip auswies. So vermied man, dass eine Beziehung zu den Tieren auf gebaut wurde. Sie schienen ohnehin alle gleich zu sein. Bis auf einen.
    Pekkman.
    Der Kolk war eine Laune der Natur, inwendig wie äußerlich.
    Er hatte eine weiße Schwungfeder auf beiden Flügeln und die Angewohnheit, seinen Schnabel als Klopfer einzusetzen, um sich bei den Hütern seines Futters in Erinnerung zu bringen.
    Selbst jetzt, nach dem anstrengenden Flug, tackerte Pekkman ein Stakkato auf den Käfigboden, das bis in die Kommandozentrale zu hören war.
    Andrew Farmer bemerkte den Blick des Commanders zum Laderaum hin, wo die Kolks untergebracht waren. Ohne Aufforderung wandte er den Kopf. Ein Pfiff, ein nörgeliges Krächzen, dann war Ruhe.
    Der zwanzigjährige Techno war ein hoffnungsvolles Talent, was Training und Pflege der Kolks betraf - und ein Ignorant, wenn es um Direktiven der Londoner Vorgesetzten ging. Matt und er hatten sich auf Anhieb gut verstanden.
    Das fireundschaftliche Einvernehmen der ungleichen Männer war ein beruhigendes Element in der Atmosphäre an Bord des EWATS. Es reichte jedoch nicht, um die wachsende Besorgnis einzudämmen. Acht Inseln, neunundvierzig Siedlungen.
    Commander Matthew Drax und sein Team hatten sie alle abgeklappert, unter großer Gefahr und noch größerem Arbeitseinsatz. Aber vergebens. Rulfan und Dave waren wie vom Erdboden verschluckt.
    »Leute, allmählich wird es eng!« Matt seufzte. »Das hier war der letzte bewohnte Flecken dieser Insel.«
    Schon während er sprach, beugte sich Andrew Farmer über die Tastatur. Das Standbild verschwand und eine interaktive Grafik baute sich auf. Sie gehörte zu dem Kartenmaterial, das aus der Zentralhelix der Community London überspielt worden war. Zeitversetzt kamen die Meera-Inseln auf den Schirm, acht davon aneinandergereiht wie die Rückenwirbel eines urzeitlichen Riesentieres.
    »Eine hätten wir noch«, sagte Farmer. Am Ende der Inselreihe lag ein neuntes Fragment, kleiner als die anderen und höher nach Groland hin gelegen. Es zoomte heran, als Farmer den Plasmaschirm berührte, und ein Datenfenster öffnete sich.
    »lsle of Doom«, las Andrew vor und überflog die mitgelieferten Informationen. Sie waren dürftig. »Ziemlich unangenehmes Plätzchen, würde ich sagen. Der
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