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1018 - Die Spur der irren Luna

1018 - Die Spur der irren Luna

Titel: 1018 - Die Spur der irren Luna
Autoren: Jason Dark
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Haus gehörte. In London war die Kirschblüte bereits vorbei, hier allerdings stand ein Baum in prächtiger Blüte, so daß manche Zweige aussahen, als wären sie mit Schneeflocken bedeckt, die im Laufe der Zeit angefroren waren.
    Wir hielten an.
    Bewußt laut schlug ich meine Tür zu. So wollte ich den Pfarrer akustisch auf unsere Ankunft vorbereiten, aber wir hatten Pech, denn erzeigte sich nicht.
    So mußten wir schellen.
    Zuerst tat sich nichts. Dann wurde ein schmales Fenster neben der Tür aufgezogen. Das Gesicht des Pfarrers erschien in diesem offenen Rechteck, und der Mann schrak zusammen, als er uns sah. Er wirkte wie jemand, der von einem schlechten Gewissen gepeinigt wird, hielt sich aber mit einem Kommentar zurück und öffnete nur seine Augen so weit wie möglich.
    »Sie kennen uns noch?« fragte Suko.
    Cyrus Miller räusperte sich. »Ja, aber ich dachte… ich… ähm… dachte, daß sie gefahren wären.«
    »Das sind wir auch.«
    »Und? Ich kann Ihnen nichts über Pater Claudius sagen. Er ist tot. Das wissen Sie selbst, und er war auch nicht lange bei mir. Er hat mich nur für eine Weile unterstützt…«
    »Das ist uns natürlich bekannt, Hochwürden«, gab ich ihm lächelnd recht. »Aber es sind in letzter Zeit noch einige Fragen aufgetaucht, auf die wir Antworten suchen.«
    »Bei mir?« Er fragte es, als hätte ich unanständige Dinge von ihm verlangt.
    »Unter anderem«, antwortete Suko. »Würden Sie uns dann bitte ins Haus lassen? Hier redet es sich so schlecht, denke ich.«
    »Ja, ja, kommen Sie rein.«
    »Der hat jetzt Herzklopfen«, flüsterte mir Suko zu.
    Ich nickte. »Wenn nicht noch mehr.«
    Es dauerte eine Weile, bis uns der Pfarrer öffnete. Wahrscheinlich hatte er sich schon gewisse Antworten zurechtgelegt, denn er konnte sich vorstellen, welche Fragen wir ihm stellen würden.
    Schließlich öffnete er doch. Er nickte uns zu und zog die Tür so weit auf, daß wir die enge Diele betreten konnten, wo wir stehenblieben. Es gibt Häuser, in denen es immer dunkel ist. Dieses Haus gehörte dazu. Man hätte kaum eine Zeitung lesen können, und der Pfarrer winkte uns in sein Arbeitszimmer. Er blieb dicht bei uns. Den Raum kannten wir. Auf dem Tisch standen noch die Reste eines mittäglichen Essens. Daneben sahen wir ein aufgeschlagenes Buch, einen Block, bei dem die erste Seite halb beschrieben war, und einen Kugelschreiber, der quer über dem Blatt lag. Miller hatte unsere Blicke gemerkt. Er fühlte sich genötigt, eine Erklärung abzugeben.
    »Ich arbeite an meiner nächsten Predigt, deshalb diese kleine Unordnung. Bitte, nehmen Sie doch Platz. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    Wir lehnten beide ab. Miller lächelte etwas verlegen. »Es ist zwar noch früh, aber einen kleinen Schluck könnte ich schon vertragen. Es macht Ihnen doch nichts aus?«
    »Nein, nein,« sagte ich. »Was der Mensch braucht, das muß er sich holen.«
    »Ja, so denke ich.«
    Bei unserem ersten Besuch hatte er eine Fahne gehabt. Da war er von einer Beerdigung mit anschließendem Reuessen gekommen. Da gab es ja immer einiges zu trinken. Jetzt aber brauchte er den Schluck, weil er nervös war oder möglicherweise ein schlechtes Gewissen hatte.
    Wir gönnten ihm den doppelten Whisky. Auch der Drink schaffte es nicht, die graue Farbe aus dem schmalen Gesicht mit dem spitzen Kinn und den ebenfalls schmalen Augen zu vertreiben. Er sah noch schlechter aus als bei unserem ersten Besuch. Oder quälte ihn sein Gewissen? Als er das Glas abgestellt hatte und uns anschaute, nickte ich ihm zu. »Sie werden sich bestimmt gefragt haben, warum wir zurückgekehrt sind, nehme ich mal an.«
    »Ja, da haben Sie recht. Ich kann es mir kaum vorstellen.« Er schlürfte wieder an seinem Whisky, dessen Geruch wir wahrnahmen.
    »Es geht einfach um…«
    Er ließ mich nicht ausreden. »Ich kann Ihnen nichts über Bruder Claudius sagen.«
    »Das wissen wir. Nur hat sich etwas anderes in der Zwischenzeit ergeben, Mr. Miller.«
    »Was denn?«
    »Es geht diesmal um ein Kloster.«
    Cyrus Miller saß da, ohne sich zu bewegen. Er dachte nach und schüttelte irgendwann den Kopf.
    Vielleicht wußte er schon Bescheid, nur gab er es nicht zu. »Was ist das denn für ein Kloster?«
    »Gilwich Abbey, die alte Abtei mit dem angeschlossenen Kloster. Sie interessiert uns.«
    Miller schluckte. Dann atmete er keuchend aus, schüttelte den Kopf und hob die Schultern.
    »Kennen Sie es nicht?« fragte Suko.
    »Doch, doch«, gab er flüsternd zu und hustete
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