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1001 - Die Jäger von Chircool

Titel: 1001 - Die Jäger von Chircool
Autoren: Unbekannt
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die Tiere erreichten, sonderten sie eine giftige Flüssigkeit ab, die das Fleisch binnen weniger Stunden völlig zersetzte und es schon beim ersten Kontakt ungenießbar werden ließ.
    Unterdessen kümmerte Surfo Mallagan sich um Jörg. Der Junge hatte eine ganze Reihe von Biß- und Kratzwunden davongetragen. Er reagierte wie in Trance, als Mallagan ihn untersuchte und zwei Wunden, die nicht zu bluten begonnen hatten, mit dem Messer er-weiterte.
    „Wir können sie unmöglich alle vom Weg wegschaffen", bemerkte Scoutie, die hinter Mallagan stehenblieb und darauf wartete, daß man endlich zum Dorf zurückkehren konn-te. „Es sind einfach zu viele."
    „Wir müssen es scharfen", murmelte Mallagan und betrachtete die vielen toten Chircools. „Wenn wir sie hier liegen lassen, werden ihre Freunde erscheinen und wochenlang diesen Weg blockieren."
    Er nahm Jörg bei beiden Schultern und schüttelte ihn sanft. Der Junge zuckte nicht ein-mal mit den Augen.
    „Surfo!" sagte Scoutie leise. „Hast du gesehen, weshalb er sich die ganze Zeit über nicht von der Stelle rühren wollte?"
    Mallagan antwortete nicht. Er hob die Hand und schlug den Jungen ins Gesicht.
    „Das kannst du nicht tun!" sagte Scoutie entsetzt. „Lerana ist tot, und er..."
    „Er wird ihr schon in den nächsten Minuten folgen, wenn es mir nicht gelingt, ihn zu sich zu bringen", erwiderte der Jäger. „Und wir drei werden ihn begleiten! Steh hier nicht her-um. Nimm lieber die Chircools und bringe ein paar von ihnen zu den Stachelwurzeln. Ne-ben den Wurzeln habe ich Vanilleblätter gesehen. Deck die Chircools damit zu. Der Pflan-ze wird es nicht gleich den Appetit verderben, aber es wird hoffentlich den Geruch verde-cken. Brether, wo bist du?"
    „Hinter dir."
    „Nimm dir die restlichen Chircools. Binde sie zusammen. Wir müssen sie mitschleifen, bis wir zum Bach kommen."
    Jörg stand immer noch regungslos da. Mallagan schüttelte verzweifelt den Kopf. Sie konnten nicht den Jungen und die Beute ins Dorf tragen. Im Zweifelsfall war natürlich Jörg wichtiger als irgendein erlegtes Tier, aber Mallagan war lange genug Jäger im Dschungel von Chircool, um zu wissen, daß man einen Schock dieser Art entweder sehr schnell oder gar nicht überstand. Er fragte sich, was er tun konnte, um den Jungen jetzt noch aufzuwe-cken.
    Einer gefühlsmäßigen Eingebung gehorchend, bückte er sich und tat, als wolle er Lera-na aufheben. Im nächsten Augenblick saß Jörg ihm an der Kehle. Es war eine absurde Situation. Auf diesem blutgetränkten Boden, umgeben von toten Chircools, bemühte sich Jörg Breiskoll, jenem Jäger, den er wie keinen anderen verehrte, das Lebenslicht auszu-blasen, und Surfo Mallagan war gezwungen, sich gegenüber Jörg zu verteidigen, als gelte es sein Leben - und es galt sein Leben. Der „Kater", wie man ihn im Dorf nannte, kämpfte wie das, was er auch war: Eine unerklärliche Mischung von tierischem Instinkt und menschlichem Verstand.
    Brether Faddon und Scoutie hüteten sich, in den Kampf einzugreifen. Sie hätten es ver-mutlich getan, wenn es Jörg gelungen wäre, Mallagan tatsächlich zu besiegen. So aber warteten sie ab. Sie waren Jäger, und sie waren ein Team. Sie wußten, wie sie einander einzuschätzen hatten. Surfo hatte diesen Kampf provoziert, und er wußte sicher, warum er das getan hatte.
    Schließlich siegte Mallagans Erfahrung über Jörgs Instinkte. Es gelang ihm, den Jungen zu Boden zu werfen, und er kniete sich auf ihn und hielt dieses fauchende, spuckende Bündel Mensch nieder, obwohl ihm das Blut über das Gesicht lief und seine linke Hand die Spuren scharfer Zähne aufwies, was in beiden Fällen Jörgs Werk war.
    „Hör mir zu, du Dummkopf", sagte er leise. „Lerana ist tot, und du kannst sie nicht wieder lebendig machen. Das einzige, was wir überhaupt noch für sie tun können, ist, sie ins Dorf zu bringen und dafür zu sorgen, daß sie ein anständiges Begräbnis bekommt. Geht das in deinen Schädel hinein?"
    Jörg fauchte und wand sich und hätte es fast geschafft, seine Zähne in Mallagans Arm zu schlagen. Der Jäger zwang sich zu einem Lachen, das überlegen wirkte. Für einen Augenblick war Jörg irritiert.
    „Sie werden sie nicht begraben", sagte er. „Das habt ihr getan, mit ein paar Leuten, aber alle anderen wandern in die Schlucht."
    „Du kannst ja sogar reden", meinte Mallagan spöttisch. „Wie kommst du auf die Idee, daß wir es zulassen werden, daß man Lerana ein solches ,Raumbegräbnis’ zukommen läßt?
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