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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Perspektivlosigkeit
ihrer Schüler nicht mehr ertragen, alleinerziehende Mütter, die nüchtern über
ihre Chancenlosigkeit reden, unter den heutigen Bedingungen würdevoll mit ihren
Kindern leben zu können.
    Sie
alle führen erfrischende Debatten, sind höchst pragmatisch in ihren
Vorstellungen und sehr klar in ihrer Analyse der Angstspirale aus Massenarbeitslosigkeit
und wachsender Armut, aus Demütigung durch Hartz-IV-Sanktionen, befristeten
Arbeitsverträgen, Zeitarbeit, unbezahlten Praktika. Die Vorstellung, durch ein
Grundeinkommen endlich das zu arbeiten, was sie wirklich wollen und können,
beflügelt. Die Debatten kreisen aber auch um die Auflösung tradierter
Lebensformen wie Ehe und Familie, die längst keine dauerhafte Sicherheit mehr
versprechen, und darum, wie schwer es noch ist, Alternativen dazu zu leben.
    Die
Menschen haben es satt, in sinnlose Fortbildungen gezerrt zu werden, nur um die
Arbeitslosenstatistiken zu beschönigen und mit ihrem Leben und ihrer Integrität
dafür herhalten zu müssen, den Mythos von der Vollbeschäftigung
aufrechtzuerhalten, obwohl es mehr als offensichtlich ist, dass es eine
Vollbeschäftigung nicht mehr geben wird und auch nicht geben kann. Immer mehr
Arbeiten sind bereits unwiderruflich automatisiert, immer mehr menschliche
Arbeit wird durch Maschinen, Roboter oder Computer ersetzt, und es ist klar,
dass die Arbeitsplätze in Dienstleistung und der Kulturwirtschaft diese in der
Summe niemals ersetzen können. Der amerikanische Soziologe und Ökonom Jeremy
Rifkin bilanziert daher nüchtern: »Die alte Logik, dass Fortschritte in der
Technologie und damit der Produktivität zwar alte Jobs vernichten, aber genauso
viele neue schaffen, stimmt nicht mehr.« Er bezieht sich auf eine Untersuchung
von Alliance Capital Management aus dem Jahr 2003, wonach in dem Jahr weltweit
31 Millionen Stellen in de Produktion gestrichen wurden, bei einem gleichzeitigen
Anstieg der Produktivität um mehr als vier Prozent. Das heißt: Mit immer
weniger Arbeitskräften wird immer mehr Profit erzielt. Wenn also manche
befürchten, dass uns »die Arbeit ausgeht«, dann stimmt das, auch wenn es nur
die Erwerbsarbeit meint. Aus Furcht, entlassen zu werden oder keine
existenzsichernde Arbeit zu finden, verlieren wir aus dem Blick, dass die
Menschen sich jahrhundertelang danach gesehnt haben, von der Fron der Arbeit
befreit zu werden. Wir profitieren aber nicht davon, dass wir immer weniger
arbeiten müssen, weil unser gegenwärtiges System das Einkommen aller nicht mit
dem Ergebnis der Produktion – das eben nach wie vor hervorragend
ist – verknüpft, sondern mit dem sozial versicherten Arbeitsplatz des
Einzelnen. Wenn immer weniger erwerbstätig sind, bekommen auch immer weniger
Einkommen. Also brauchen wir neue Wege der Existenzsicherung.
    Über
all das spricht die Politik nicht, was zu einem wachsenden Vertrauensverlust in
die Fähigkeiten der Regierungen führt. Der Frust über das regierungspolitische
Kleinklein, das bislang noch kein einziges der Probleme wirklich behoben hat,
zieht eine wachsende Begeisterung für die Grundeinkommensidee quer durch Europa
und rund um den Globus nach sich. Das Grundeinkommen ist dabei, zu einer
kräftigen internationalen gesellschaftlichen Bewegung zu werden. Götz Werner
nennt ihre Protagonisten mutige »Realträumer«.
    Denn
Grundeinkommen meint nicht nur eine Alternative zu den schwächer werdenden
Sozialleistungen, entwickelt nicht nur ein anderes Modell von Fürsorge, sondern
es geht auch um demokratische Grundprinzipien: um Solidarität, um Freiheit und
Gleichheit, also die Kernforderungen der Französischen Revolution, die sich
ideengeschichtlich bereits einige Jahrhunderte zuvor entwickelten. Das motiviert
PhilosophInnen, Staatstheoretiker, Steuerrechtler und ÖkonomInnen, die nicht
allein die Not der Ärmsten mildern, sondern einen gerechten Staat mit fairen
Chancen, inklusive Wohlstand und Bildung für alle wollen. Dazu gehört heute ein
gleichberechtigtes Neben- und Miteinander von Menschen, unabhängig von
Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Religion oder politischer Überzeugung,
körperlicher und geistiger Fähigkeiten, Sprache oder Alter.
    All
dies hat ganz langsam auch die Parteien aufhorchen lassen, zum Grundeinkommen
liegen inzwischen auch in den Fraktionen Gutachten auf oder unter den Tischen.
Mal wird eine Referentin eingeladen und dann lauwarm in Programmkommissionen
und internen Arbeitsgruppen diskutiert, oder das Grundeinkommen wird
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