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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Bürgertums Lord Ralf Dahrendorf ein intensives Nachdenken über ein »garantiertes Mindesteinkommen«. Dabei war der Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Ausgangspunkt seiner Überlegungen: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Dahrendorf argumentierte: In einer reinen Agrargesellschaft, in der sich jeder nach dem Prinzip »ein Mann, eine Scholle« mit den Früchten seiner Arbeit selbst versorgen kann, sei kein finanzielles Einkommen vonnöten. In einer Volkwirtschaft, in der niemand mehr ohne die Leistungen anderer überleben kann und auf Handel angewiesen ist, sei ein finanzielles Einkommen jedoch lebensnotwendig. Ein Leben in Würde sei darin ohne Geld nicht möglich. Deswegen, folgert Dahrendorf, brauche das verfassungsmäßig garantierte »Leben in Würde« ein garantiertes Mindesteinkommen. Dieses sei »so notwendig wie die übrigen Bürgerrechte, also die Gleichheit vor dem Gesetz oder das allgemeine gleiche Wahlrecht«.
    Das Prinzip der negativen Einkommensteuer motivierte 1996 die Ulmer Bürgerstiftung, eine Studie zu beauftragen, die der Frage nachgehen sollte, wie sich ein Basiseinkommen auf die Sozialleistungen der Stadt auswirken würde. Sie wurde im Jahr 2000 publiziert und kam zu dem Schluss, dass sich die finanzielle Belastung für die Stadt erheblich reduzieren würde, selbst wenn die bisherigen Sozialhilfeempfänger mit dem Bürgergeld inklusive pauschaliertem Wohn- und Kindergeldgenauso viel Geld bekämen wie zuvor. Auf eine politische Schlussfolgerung aus diesen Berechnungen warten allerdings noch alle.
    Parteien und Grundeinkommen –
mehr Gegner als Freundinnen
    Bei der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften gilt der Fetisch Lohnarbeit ungebrochen; sie sind bis heute buchstäblich bebelfest in der Ablehnung des Grundeinkommens, mit dem Argument »Arbeit muss sich wieder lohnen« – eine Forderung, die sie mit der angesichts der Hartz-IV-Realität zynischen Begründung versehen, dass »man Menschen nicht von sozialer Teilhabe ausschließen dürfe«. Was sie schlicht gar nicht erst zu beantworten versuchen, ist die Frage danach, wo sie denn ist, die bezahlte Arbeit für alle?
    SPD und Linkspartei haben sich noch zu keinen offiziellen Parteibeschlüssen zum Grundeinkommen bewegen lassen. In der SPD hat sich eine Kommission »Grundwerte beim Parteivorstand der SPD« mit dem bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt und das Konzept für nicht vereinbar mit den Grundsätzen einer sozialdemokratischen Sozialpolitik erklärt. Noch weniger als bei der Linkspartei fallen hier Abweichungen von der Parteilinie ins Gewicht, wie etwa die bedeutende Stimme des Vorsitzenden der unbedeutenden SPD Rhein-Erft, der seine Partei öffentlich aufgefordert hat, das bedingungslose Grundeinkommen als neuen sozialpolitischen Denkansatz der SPD anzuerkennen.
    Die vereinzelten Stimmen aus der Linkspartei sind allerdings sehr deutlich zu vernehmen. Sie fordern beispielsweise ein Grundeinkommen für Arbeitslose in strukturschwachen Gebieten Ostdeutschlands. 2009 wurde zudem von einer parteiinternen Arbeitsgruppe ein Konzeptpapier für ein lebensphasenbezogenes Grundeinkommen entwickelt, das aber innerhalb der Partei noch sehr kontrovers diskutiert wird. Bekannteste Verfechterin der Grundeinkommensidee innerhalb der Linkspartei ist Katja Kipping, Sprecherin des überparteilichen Netzwerks Grundeinkommen – sie repräsentiert, dem Vernehmen nach, etwa 20% der Partei in dieser Frage.
    Die FDP verabschiedete auf dem Bundesparteitag 2005 das »liberale Bürgergeld«. Demnach soll bei Bedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit vom Staat ein pauschales Einkommen bezahlt werden, das eine Grundsicherung sowie Unterkunfts- und Heizkosten trägt. Wer sich jedoch weigert, Arbeit anzunehmen, der wird empfindlich bestraft, mit deutlicher Kürzung der Auszahlung. Mit den Sanktionsinstrumenten unterscheidet sich das FDP-Bürgergeld grundsätzlich von Geist und Wesen des bedingungslosen Grundeinkommens.
    Nach Auffassung von Adrienne Goehler sind die Grünen gespalten. Fast fifty-fifty. Die einen – tendenziell sind es die Jüngeren, die sich links verorten und die selbst mit den Daumenschrauben von Hartz IV in Berührung kamen, oder die, die den Leistungsdruck an den Hochschulen ohne Bafög und Grundeinkommen kennen – sind vor allem auf Länder- und Kreisebene und im Netz aktiv. Das Berliner Führungspersonal aber, deren
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