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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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– der hier und da auch Barbados-Zucker, Vollrohrzucker oder »moist sugar« (feuchter Zucker) genannt wird.
    Muscovado ist also Zucker fast in seiner Urform und enthält noch Vitamine und Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium und Eisen. Er stammt aus Mauritius, Barbados oder den Philippinen sowie aus Indien, Pakistan, Brasilien und Kolumbien, ist dunkel- bis karamellbraun, wurde nicht raffiniert, schmeckt würzig mit Noten von Karamell, Nüssen und Süßholz sowie Melasse. Und er fasst sich an wie feuchter Sand. Seine Produktion war schon immer arbeits-und zeitintensiv, oft wurden kleine Mengen in Hinterhöfen hergestellt.
    Beliebt ist in Europa vor allem der Muscovado aus Mauritius. In den Philippinen heißt der Vollrohrzucker auch Mascobado. Dort können Muscovado-Bauern auf eine lange Tradition zurückblicken: Laut einem Bericht der »Agriculture Business Week« vom Juli 2008 entfielen im Jahr 1929 rund 96 Prozent des Zuckerexports der Philippinen auf Muscovado. Amerikanische Investoren setzten jedoch bald ganz auf raffinierten Zucker. Damals, also von 1902 bis zur Teilautonomie 1935, waren die Philippinen eine amerikanische Kolonie, die lokale Zuckerproduktion hatte Zugang zum wichtigen US-Markt. Die Bauern wandten sich vom Muscovado ab, viele pflanzten Reis statt Zuckerrohr. Zu sagen, dass die Muscovado-Herstellung in einer Flaute steckte, wäre eine Untertreibung. Es war eine existenzbedrohende Krise.
    Erst durch das Interesse der Verbraucher an gesunden, ökologischen Lebensmitteln ohne längere Aufenthalte in der Chemiefabrik wurde das Interesse am Muscovado-Zucker Ende der 1990er Jahre wiederbelebt. Nicht jedes Erzeugerland profitierte sofort vom Muscovado-Boom. Auf den Philippinen mussten, wieder laut »Agriculture Business Week«, zunächst die Mühlen modernisiert werden. Als modernste gilt eine Mühle der Alter Trade Manufacturing Corporation in Negros Occidental. Jetzt wurden auch strengere Qualitätskontrollen vorgenommen: Handelsklasse A ist goldbraun, B braun, C braun wie Holz. Die günstigste Qualität heißt Panocha. Definiert wird die Qualität durch Farbe, Feuchtigkeit, Schwebstoffe, etc. Ziel der philippinischen Bauern ist es, den Gehalt an Sucrose (also den Zuckergehalt) zu erhöhen und die Anteile an Feuchtigkeit, Potassium und Sulfat möglichst niedrig zu halten.
    Der Geschmack des Muscovado ist faszinierend. Nicht weniger spannend scheint mir die Tatsache, dass der Wille der Verbraucher zur Renaissance dieses »Urzuckers« entscheidend beigetragen hat: Verkauft wird, was wir kaufen wollen und kaufen werden. Manchmal ist der Gang zur Supermarktkasse deshalb fast schon eine politische Aussage.
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